Berliner
Salon für Forschung & Geschichte - Sitzung am 09. März 2009
"Was verrät uns die konventionelle Forschung zur textlichen Grundlage
der biblischen Schriften ?"
Folgende Fragestellungen würde
ich als primäre Erkenntnisprobleme benennen:
-Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit,
daß die heute als kanonisch geltenden biblischen Schriften authentische
historische Informationen über die Ereignisse bieten, die in ihnen
beschrieben sind ?
-Welchen Raum eröffnen
die Ungewißheiten und Differenzen der konventionellen historiographischen
Bibelwissenschaft für alternative Erklärungsmodelle zu den "biblischen
Ereignissen", wie sie die geschichts- und chronologiekritischen Theorien
aufzeigen ?
Um diese Fragen zu beantworten,
setzen wir uns hier nicht mit inhaltlichen Fragen der biblischen Texte auseinander,
sondern versuchen zunächst einmal, die ganz äußere, materielle
Form der Überlieferung aufzuklären.
Zur Phänomenologie
des gegenwärtigen biblischen Schrifttums - eine "Einstimmung"
Die "Lutherbibel": Im
deutschen Sprachraum am meisten zitierte Bibelausgabe; "Um die Mitte des
vorigen Jahrhunderts waren etwa sieben verschiedene Textgestalten der lutherschen
Bibelübersetzung in Gebrauch. Ein einheitlicher Text tat dringend not.
Ihn herzustellen trat die Revisionskommission 1865 zusammen. Da sie nicht
eine wissenschaftliche, sondern eine praktische Revision bezweckte, so legte
sie nicht den ursprünglichen Luthertext, sondern denjenigen zugrunde,
welcher der verbreitetste war ... den der Cannsteinischen Bibelgesellschaft
von 1857" (Pott, S. 5)
Schon innerhalb der ersten
Generationen des Christentums finden sich Beispiele dafür, dass neutestamentliche
Texte nicht klar zu verstehen waren. So bescheinigt der 2. Petrusbrief den
Briefen des Paulus und anderen Schriften, dass in ihnen "einige Dinge schwer
zu verstehen sind" (2. Petr 3,16). (Wikipedia, "Biblische Exegese")
"Wunderbar, daß
in den Teilen, welche zu den gesichertsten der ganzen Überlieferung
gehören sollten, wie bei dem Vaterunser so auch bei dem Abendmahl,
der Text ganz beträchtlich schwankt" (Pott, S. 95)
Menschen wurden als Ketzer
getötet, die die Bibel übersetzten (so z.B. der Engländer
William Tyndale, der von 1494 - 1536 lebte, s. Langbein, Geheimnisvolles
Wissen, S.9)
Die historische
Ausgangslage - wie sie die "Bibelwissenschaft" am Ende des 20. Jdts. referiert
Sowohl in glaubensbezogenen
theologischen Texten als auch in kritischen Ansätzen zur biblischen
Textgeschichte tauchen immer wieder Formulierungen auf, die grob irreführend
sind. So ist mit Vorliebe die Rede von "Urtext" oder "Original" - als wenn
es eine unbestritten datierbare, einheitliche Vorlage gäbe, bei der
dann das Problem eigentlich nur ein singuläres Übersetzungsproblem
darstellt.
Das ist eine Präsentation
von Glaubenswahrheit, wie man sie für die Gläubigen, für
die Adressaten des Predigtgottesdienstes oder für den Religionsunterricht
reserviert hat. Mit Schrecken wird jedoch jeder kritisch Forschende und
Bibelwissenschaftsinteressierte feststellen müssen, von welch labyrinthischer
Verschlungenheit und Chaotik die Geschichte dieser Dokumente aus 2000 Jahren
Christentum tatsächlich gekennzeichnet ist.
Fangen wir mit der Grundstruktur
an, der Aufteilung in "Altes und Neues Testament". Das Alte Testament als
Sammlung heiliger Schriften des Judentums müßte nach seinen
ältesten historischen Berichten ja auf eine fast 4000jährige Überlieferung
zurückschauen. 2000 v. Chr. soll Abraham als Stammvater der Israeliten
gelebt haben und aus dem Zweistromland nach Palästina gekommen sein.
Um 1300 v. Chr. lebte dann Moses, der die Israeliten aus Ägypten nach
Palästina führte. Aber selbst die kirchenamtliche historische
Bibelanalyse geht inzwischen davon aus, daß die fünf Bücher
Moses (auch Pentateuch oder Torah genannt) nicht vor dem 6. Jahrhundert
v. Chr. verfaßt worden sein können. Damit ergibt sich allein
zu den ältesten berichteten Ereignissen eine Differenz von 700 bis
1400 Jahren !
Nun wird man natürlich
die Frage stellen, welche Beweise es für die Existenz dieses ältesten
Teils der jüdischen Bibel um 600 v. Chr. wirklich gibt. Gar keinen,
wel es sich um eine Schlußfolgerung aus innertextlichen Schilderungen
(Buch Esra) in Verbindung mit dem historischen Rahmengeschehen handelt.
Wann tritt denn deser jüdische Teil der Bibel überhaupt das erste
Mal physisch nachweisbar in Erscheinung ? Dies ist der Fall innerhalb eines
Kontextes bereits als cristlich bezeichneter Textquellen, nämlich des
Codex Sinaiticus und des Codex Vaticanus. Dies sind griechischsprachige
Texte in griechischer Schrift, die aus dem 4. Jhdt. stammen sollen, wir
werden uns mit ihnen noch weiter unten befassen.
Als erster Teil dieser
beiden Codizes ist überliefert die sogenannte Septuaginta, eine Übersetzung
der hebräischen Texte des Alten Testaments ins Griechische. Nach der
sog. Aristeasbrieflegende sollen um ca. 250 v. Chr. 72 jüdische Gelehrte
innerhalb von 72 Tagen die hebräische Bibel ins Griechische übersetzt
haben. Ein konkreter physischer Beleg dafür taucht eben erst 500 bis
600 Jahre später auf - in Form jenes erwähnten Korpus christlicher
heiliger Schriften. Um diese Zeit aber, also im 4. Jhdt., soll diese Bibelübersetzung
von den Juden schon gar nicht mehr benutzt worden sein !
Der nächste "Textzeuge"
in Form der sogenannten "masoretischen Bibel" tritt schließlich auf
im 9. Jahrhundert nach Chr. Natürlich postuliert die theologische Doktrin
sowohl in Judentum als auch Christentum, daß es die ganze Zeit über,
also spätestens vom 6. Jhdt. vor Chr. bis in 9. Jhdt n. Chr. eine hebräischsprachige
Textgrundlage des Pentateuch, der Königsbücher und der Propheten
gegeben habe. Aber die Belege dafür sind mehr als schwach, wir kommen
darauf später noch zurück.
Nun ist natürlich
die Frage, worin der Anlaß der Schöpfung der masoretischen Bibel
bestand. Es heißt, der vorhandene Text hätte lediglich aus Konsonaten
bestanden, bei denen mangels eindeutiger Regeln für einzuschiebende Vokale
erhebliche Unklarheiten in der verbindlichen Lesbarkeit des Textes bestanden.
Ein weiteres Problem hätte darin bestanden, daß das Hebräische
keine lebende Sprache mit Alltagsgebrauch mehr war, daß ihr Stellenwert
etwa ein ähnlicher war, wie das Kirchenlatein im 12. Jhdt. Es ist bekannt,
daß die semitischen Sprachen allgemein mit Konsonantenschriften verschriftlicht
werden. Aber die Existenz eines hebräischen Konsonatentextes als
Vorlage der masoretischen Bibel ist nicht belegt. Dazu kommt, daß die
Masoreten (= "Überlieferer") zu den Karäern gehört haben sollen,
die als Sondergruppe innerhalb des Judentums die rabbinische Tradition rundweg
ablehnten und lediglich den Pentateuch (die fünf Bücher Moses)
gelten ließen.
Die Masoreten sollen in
Palästina von 780 bis 930 n. Chr. gelebt und gearbeitet haben.
Wenn nun die Textgrundlage
der "hebräischen Bibel" im Sinne eines ursprachlichen Textes angesprochen
wird, so sind damit in der Regel Zusammenfassungen und Abgleichungen jener
Codizes gemeint, mit denen diese masoretische Bibel dokumentiert wird. Das
ist letztendlich die Wurzel dessen, was seit 1937 in der "Biblia Hebraica
Stuttgartensia" von Kittel ediert wurde. Das realitätsbezogene Resümee
für die Beurteilung der jüdischen heiligen Schriften: Vor
895 n. Chr. (Codex Cairensis) ist nichts nachweisbar !
Schauen wir uns nun den
Bestand der christlichen heiligen Schriften an:
Sie berichten größtenteils
von Ereignissen, die sich zwischen 33 und 40 n.Chr. in Palästina abgespielt
haben sollen. Jesus und seine Jünger und Apostel sprachen aramäisch,
einen hebräischen Dialekt. Aber alle 27 Schriften des heutigen Neuen
Testaments sind in griechischer Sprache verfaßt - und keines davon
kann als Originaltext gelten. Die ältesten Textzeugen sind wiederum
der bereits erwähnte Codex Sinaiticus und der Codex Vaticanus, die nach
einer Analyse der Schriftart und ihrer typologischen Einordnung ins 4. Jhdt.
datiert werden. Damit ergibt sich eine chronologische Differenz zwischen
den berichteten Ereignissen und den ältesten Textzeugen von rund 300
Jahren. Von vereinzelten Fragmenten neutestamentlicher Texte gibt es Papyrusfunde,
die bis ins Jahr 150 datiert werden. Sie wurden aber überwiegend erst
seit Beginn des 20. Jhdt. gefunden, z.T. unter dubiosen Umständen. Wie
das Beispiel des Papyrus 7Q5
zeigt, ist ihre Berufung zu "Textzeugen" mitunter höchst spekulativ
- es könnte sich auch um das Fragment irgend eines anderen antiken Textes
handeln.
Die Frage der authentischen
Textüberlieferung ist untrennbar mit der Frage der Kanonisierung verbunden
- also mit der Problemstellung, welcher Text als Bestandteil der neutestamentlichen
Textsammlung zu gelten habe und welcher nicht.
Die dritte Synode von
Karthago, eine lokale Synode, die nur für den Bereich Nordafrika sprach,
erkannte 397 den Kanon an (39 Schriften aus dem Alten, 27 aus den Neuen
Testament) und verbot, andere Schriften im Gottesdienst zu verlesen. Dies
ist bereits eine rein machtpolitische Entscheidung aus einer Epoche, in
der das Christentum als Staatsreligion des römischen Reiches fungiert.
Eine Entscheidung, die also nicht sachlich begründet gewesen sein muß
- hinsichtlich historischer Authentizität oder Überlieferungstreue,
geschweige denn relligöser oder spiritueller Intentionen. Was hat nun
das Christentum des 4. Jhdts. durch diesen Selektionsprozeß an Textmaterial
verloren ?
Es gibt theologiegeschichtlich
eine Unterscheidung zwischen "orthodoxen christlichen Apokryphen" und "gnostischen
häretischen Schriften".
Nicht aufgenommen wurden
ins Neue Testament folgende, zum großen Teil aber immer noch erhaltene
Texte, die auch als "Orthodoxe christliche Apokryphen" tituliert werden
und weiterer Lektüre zugänglich blieben:
-der 1. und 2. Clemensbrief,
100 - 170 n.Chr.
-die Didache, um 120 n.Chr.
-der Barnabasbrief, um
100
-der Hirte des Hermas,
2. Jhdt.
-das Hebräerevangelium,
-die Offenbarung des Petrus.
2. Jhdt.
Diese sind überwiegend
greifbar im Internet in der "Bibliothek der Kirchenväter":
<http://www.unifr.ch/bkv/awerk.htm>
Vollständig ausgesondert
wurden aber die "gnostischen häretischen Schriften", die z.T. nur aus
Texten von Kirchenvätern bekannt waren und im 20. Jhdt. im ägyptischen
Wüstensand wiederaufgefunden wurden:
-Evangelium des Thomas:
2. Jh., Sammlung von Jesus-Sprüchen
-Evangelium des Jakobus:
Ende des 2.Jhs., viele Marienlegenden
-Evangelium der Ägypter:
um 150,
-Evangelium des Judas:
Ende des 2. Jhs., gnostischer Ursprung
-Apokryphon des Johannes
-Erste Apokalypse des
Jakobus
-Brief des Petrus an Philippus
-Evangelium der Wahrheit
(Evangelium Veritatis)
-Evangelium der Maria
-Evangelium des Philippus
-Brief an Rheginus
-Sophia Jesu Christi
-Zeugnis der Wahrheit
(Testimonium Veritatis)
-Unbekanntes Berliner
Evangelium (Das Evangelium des Erlösers)
Diese gnostischen Texte
sind überwiegend publiziert enthalten in:
Nag Hammadi Deutsch
(s. Bibliographie)
Es liegt auf der Hand,
daß alle Spekulationen über gegenseitige Abhängigkeiten zwischen
den heute bekannten vier Evangelien, wie sie in vielschichtiger Weise von
Theologen in den letzten 200 Jahren angestelltn wurden, vollständig unsinnig
sind, wenn man dabei nicht auch die ausgesonderten Txexte entsprechend berücksichtigt
- ob nun häretisch oder bloß apokryph.
In der Phase nach der
Kanonisierung treten nun verschiedene Textüberlieferungen auf, teils
in syrischer Sprache ("Peschitta", 5. Jhdt.), teils auch in griechischer
Sprache wie die erstgenannten beiden Codizes (Codex Alexandrinus, Codex Bezae,
Codex Ephraemi, alle aus dem 5. Jhdt.). Die lateinische Vulgata soll bereits
im 4. Jhdt von Hieronymus (385 - 395) als Gesamtausgabe von Altem und Neuem
Testament teils aus dem Hebräischen (Altes Testament) übersetzt
worden sein (Obwohl es heißt, Hieronymus sei des Hebräischen nicht
mächtig gewesen). Als diesbezügliche Textzeugen sind aber nur
Codizes aus dem 6. Jhdt. bekannt so der Codex Amiatinus und der Codex Fuldnesis.
Als Vorläufer entsprechender lateinischer Texte des 4. und 5. Jdts.
gelten: Cod.Varcellensis,, Cod. Palatinus, Cod.Bobbiensis und Codex Claromontanus.
Als Besonderheit der Vulgata
ist schon allein ihre Rezeptionsgeschichte anzusehen, gilt sie doch im westlichen,
lateinischen Christentum als einzig gültige Bibel, was auf dem Konzil
von Trient 1546 nachdrücklich verlautbart wird. Obwohl ihre Spuren
sich auch in Luthers Bibelübersetzung wiederfinden, wird sie erst 1592
von Clemens VIII. in einer gedruckten Fassung vorgelegt. Das Kuriosum besteht
besteht natürlich darin, daß in ihr nach der Übertragung
einer aramäisch gesprochenen Botschaft in griechischsprachige Textüberlieferung
und von hier wiederum in eine andere Sprache eine zweimalige "Brechung"
vorgeblicher urtextlicher Sequenzen vorliegt.
Die genannten griechischen
Textversionen Codex Sinaiticus, Codex Vaticanus und Codex Aexandrinus sollen
im ägyptischen Raum auf dem Hintergrund griechisch-byzantinischer Kultur
entstanden sein. Ihre Weiterentwicklung ist der "Textus receptus", ein im
Raum der byzantinischen Reichskirche bis zu ihrem Untergang im 15. Jhdt.
im Gottesdienst benutzter Text, der von Erasmus von Rotterdam (1465 -1536)
im Jahre 1516 als "Novum testamentum" veröffentlicht wird. Er hatte
als Vorlage 4 verschiedene Versionen von italienischen Händlern erworben.
Bei den schon mehrfach
erwähnten ältesten sogenannten Textzeugen für das Neue Testament
ergibt sich nun die Frage: Ist ihre aus sprach- und stilgeschichtlichen
Erwägungen herrührende Datierung überhaupt zutreffend ?
Der Codex Vaticanus sei
seit 1475 in der päpstlichen Bibliothek nachweisbar, woher kam er und
wo wurde er tausend jahre lang aufbewahrt ?
Der Codex Sinaiticus wurde
1844 bzw. 1849 unter myteriösen Umständen im Katharinenkloster
auf der Sinaihalbinsel "entdeckt".
Die Auffindung des Codex
Sinaiticus liest sich abenteuerlich: Der Bibelforscher Konstantin v. Tischendorf
(1815-1874) hatte mehrere Reisen u.a. in den Nahen Osten unternommen auf
der Suche nach alten Bibel-Manuskripten. Im Jahre 1844 besuchte er das Katharinenkloster
auf der Sinaihalbinsel. Während seiner Durchforschung der Bibliothek,
über deren Bestand ihm die Mönche nicht viel mitzuteilen vermochten,
erblickte er plötzlich einen Korb mit über 100 Blättern,
die für das Ofenfeuer bestimmt waren. Sogleich erkannte Tischendorf,
daß hier eine alte Handschrift vorlag. Man schenkte ihm 40 Exemplare
davon, die restlichen Blätter bat er, sorgfältig aufzubewahren.
Von seiner Reise zurückgekehrt,
publizierte er diese 1846 - ohne Angabe des Fundortes.1853 war er erneut
im Katharinenkloster zu Gast, entdeckte aber von besagter Sammlung nur ein
Fragment - vom Verbleib der restlichen Blätter wußte niemand etwas.
Im Jahre 1859 hatte Tischendorf eine dritte Reise in jenes Kloster unternmommen,
die er beinahe unverrichteter Dinge abbrach.
Aber am letzten Tag hatte
ihn der Ökonom zu Mandelbrot und Dattelwein eingeladen, um ihm eine
in rotes Tuch eingeschlagene Bibelhandschrift zu zeigen: Und das waren gerade
die vermißten Blätter und noch 346 mehr !
Nachdem Tischendorf dem
Prior des Klosters nach Kairo nachgereist war, ließ dieser sie per
Eilbote abholen und Tischendorf zur Verfügung stellen, der sie dort
abschrieb.
Der russische Zar bezahlte
durch Vermittlung Tischendorfs für den Codex mehr als 9000 Rubel an
die Mönche und finanzierte eine aufwendige Faksimileausgabe zum tausendjährigen
Jubiläum des russischen Reiches (s. Pott, S. 43).
Allerdings gibt es ernstzunehmende
Hinweise, daß der Codex Sinaiticus eine Fälschung des griechischen
Mönches Konstantin Simonides darstellt, wie Topper ausführlich
beschreibt (Topper 2001, S. 234).
Betrachtet man diese "Textzeugen"
als nicht vertrauenswürdig, bleiben nur noch hauptsächlich Texte
aus dem 5. und 6. Jhdt., davor hauptsächlich Papyrus-Fragmente, bei
denen z.T. die Zuordnung zu biblischen Texten hypothetisch ist. Auch die
ältesten Vulgata-Texte sind erst aus dem 6. Jhdt. nachweisbar.
Betrachtet man entsprechende
Zitate aus Schriften der Kirchenväter des 2. u. 3. Jhdts. als Belege,
so stellt sich auch hier wieder die Frage nach dem Alter der Textzeugen
dieser Werke, die größtenteils auch nur in schon mittelalterlichen
Abschriften erhalten sind.
Schauen wir uns
un noch einige elementare praktische Probleme unserer "Textzeugen" an:
Die ältesten griechischen
Texte (Majuskel) sind ohne Interpunktion und Worttrennung verfaßt
(Pott, S.74 oben)
"Die Einteilung des Bibeltextes
in etwa gleichlange Kapitel und in durchgezählte Sätze ("Verse")
begegnet uns in der gewohnten Weise zuerst in lateinischen und hebräischen
Bibeldrucken des 16. Jhdt.. ... Die Kapiteleinteilung ist in den Bibeln
des 16. Jh. durchaus üblich, während sich die Durchzählung
der Verse erst allmählich durchsetzt. So enthält etwa die letzte,
von Luther noch selbst besorgte Ausgabe seiner Bibel aus dem Jahre 1545
nur die Kapitel-, nicht aber die Verseinteilung. Dagegen enthalten die in
Heidelberg gedruckte Lutherbibel von 1568 und die Vulgata-Ausgabe von Papst
Sixtus V. aus dem Jahre 1590 die Kapitel- und Verszählung."
Quelle: http://www.st-josef-waldram.de/Bibelinfo.htm#Text%208%20vom%2023.10.2004
Der größte Teil
der 5000 biblischen Handschriften wurde in den letzten 200 Jahren gefunden.
"Keine von Ihnen ist das Original einer neutestamentlichen Schrift" (s.
Wikipedia, "Novum Testamentum Graece").
Um den Überblick
über die hier beschriebene Chronologie der Textgeschichte und die Parallelität
der allgemeinen historischen Chronologie zu behalten, hier ein Diagramm
im pdf-Format:
Diagramm Historische Chronologie
In der folgenden Tabelle
erhalten Sie nochmals eine Auflistung einiger erwähnter Texte mit
Links zu entsprechenden
Artikeln in der Internet-Enzyklopädie "Wikipedia".
Demnächst lesen Sie an dieser Stelle:
-Neue Einwände gegen die textkritische Aufklärung
-Welche geschichts- und chronologiekritischen Schlüsse könnte
man aus dem konventionalhistorischen Befund ziehen ?
Kategorien zur Einstufung
von Bibelhandschriften:
* Sprache
* Schriftart
* Offizielle Datierung
* Aufbewahrungsort mit
Jahreszahl des Präsenznachweises
(oder der Präsenzvermutung)
* Welche Schriften heutiger
Bibelübersetzungen
sind enthalten, welche
nicht ?
* Seit wann in der "Öffentlichkeit"
erwähnt oder "gefunden" ?
Literaturgeschichtliche
Kernfragen, die auch für die Bibeltexte gelten
* Wann tritt
ein Text das erste mal physisch nachweisbar in Erscheinung ?
* Welche editionsgeschichtlichen
Schicksale erleidet ein Text innerhalb einer nachweisbaren Chronologie ?
* Wie oft wurde er z.
B. innerhalb dieses Verlaufs von einer Sprache in eine andere übersetzt
?
* Wo wurde und wird diese
textgeschichtliche Manifestation aufbewahrt ?
* Welcher kulturgeschichtliche
Ursprung in Chronologie und Geographie wird ihm zugewiesen ?
* Welche Geschehnisse
behandelt der Text und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, daß er
reale Informationen über dieses Geschehen transportiert ?
* Welcher chronologische
und geographische Ursprung wird dem darin beschriebenen Geschehen zugeschrieben
?
* Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit,
daß das im Text angedeutete Geschehen authentisch überliefert
ist ?
Bibliographie:
- Nag
Hammadi Deutsch
Studienausgabe. Eingeleitet
und übersetzt von Mitgliedern des Berliner Arbeitskreises für
Koptisch-Gnostische Schriften
Hrsg. v.
Schenke, Hans-Martin / Bethge, Hans-Gebhard / Kaiser, Ursula Ulrike
Unter Mitarb.
v. Schwarz, Katharina
Februar
2007. 24 x 17 cm. XXV, 578 Seiten. Broschur. Euro [D] 39,95 / für USA,
Kanada, Mexiko US$ 55,95. *
ISBN 978-3-11-018192-0
Reihe: de Gruyter Texte
oder in
der zweibändigen Originalausgabe:
Bd 1
2001. 24
x 17 cm. XXI, 397 Seiten. Leinen. Euro [D] 103,- / für USA, Kanada,
Mexiko US$ 144,-. *
ISBN 978-3-11-017234-8
Bd 2
2003. 24
x 17 cm. XXV, S. 399-918. Leinen. Euro [D] 98,- / für USA, Kanada,
Mexiko US$ 137,-. *
ISBN 978-3-11-017656-8
-Die Gnosis
- Bd. II - Koptische und mandäische Quellen - Eingeleitet, übersetzt
und erläutert von Martin Krause und Kurt Rudolph, Herausgegeben von
Werner Foerster, Zürich 1995
Michael
Baigent / Richard Leigh: Verschlußsache Jesu - Die Qumranrollen und
die Wahrheit über das frühe Christentum, München 1991
-Walter-Jörg
Langbein: Geheimnisvolles Wissen, ISBN 3-8118-1425-7
-Walter-Jörg
Langbein: Lexikon der biblischen Irrtümer, München 2004
-Elaine
Pagels & Karen L. King: Das Evangelium des Verräters (Text d. Judas-Evangeliums),
München 2008
-August
Pott: Der Text des Neuen Testamentes nach seiner geschichtlichen Entwickelung,
Leipzig 1906
-Uwe Topper:
Die große Aktion, Tübingen 1998
-Uwe Topper:
Fälschungen der Geschichte, München 2001