Ernst Haeckel in den "Welträtseln":
(Ausgabe Stuttgart 1899)
"Die
Nemesis der Geschichte wird früher oder später über den
römischen Papismus ein fruchtbares Strafgericht halten, und die Millionen
Menschen, die durch diese entartete Religion um ihr Lebensglück gebracht
wurden, werden dazu dienen, ihr im zwanzigsten Jahrhundert den Todesstoß
zu versetzen - wenigstens in den wahren "Kulturstaaten". Man hat neuerdings
berechnet, daß die Zahl der Menschen, welche durch die papistischen
Ketzerverfolgungen, die Inquisition, die christlichen Glaubenskriege usw.
um's Leben kamen, weit über zehn Millionen beträgt. Aber was
bedeutet diese Zahl gegen die zehnfach größere Zahl der Unglücklichen,
welche den Satzungen und der Priesterherrschaft der entarteten christlichen
Kirche moralisch zum Opfer fielen ?
-
gegen die Unzahl derjenigen, deren höheres
Geistesleben durch sie getödtet, deren naives Gewissen gequält,
deren Familienleben vernichtet wurde ? Hier gilt das wahre
Wort aus Goethes herrlichem Gedichte
"Die Braut von Korinth": "Opfer fallen hier, weder Lamm noch Stier, aber Menschenopfer unerhört !"
***
Bertrand Russell: Warum ich kein Christ bin
(London 1957) :
"Ich will zugeben, daß das Christentum weniger Schaden anrichtet als früher, das ist aber deshalb, weil weniger inbrünstig daran geglaubt wird".
***
Albert
Schweitzer über die Christus-Interpretation des protestantischen Theologen
Bruno Bauer(1809-1882) (Geschichte
der Leben-Jesu-Forschung, S.256 f.):
"Auch
als die römische Welt aufgehört hatte und eine neue Welt anbrach,
starb jener Christus nicht. Sein Zauber wurde nur grausiger; und als die
neue Kraft in die alte Welt hineinflutete, kam die Zeit, da er sein größtes
Zerstörungswerk vollenden sollte. Er wurde der Vampir der geistigen
Abstraktion, der Vernichter der Welt. Saft und Kraft, Blut und Leben bis
auf den letzten Blutstropfen saugte er der Menschheit aus. Natur und Kunst,
Familie, Volk und Staat wurden aufgelöst; und auf den Trümmern
der untergegangenen Welt blieb das ausgemergelte Ich sich selbst als die
einzige Macht übrig. .Der grausige Zauber der Selbstentfremdung des
Ich ist gebrochen in dem Augenblick, wo der religiösen Menschheit
nachgewiesen wird, daß jener Jesus-Christus seine
Wirklichkeit nur ihr verdankt
und
ihre
Schöpfung ist. ...
Die
Welt ist jetzt frei und reif für jene höhere Religion, wo das
Ich die Natur nicht durch Selbstentfremdung überwindet, sondern dadurch,
daß es sie durchdringt und adelt. Dem Theologen aber wirft man die
Lumpen seiner Wissenschaft, wenn man sie zerrissen hat, als Geschenk und
zur Beschäftigung zu, damit ihm in der neuen immer näher kommenden
Welt die Zeit nicht lang werde."
***
Rudolph M. Loewenstein : Psychoanalyse des Antisemitismus, Frankfurt a. Main 1971):
"Obschon
die siegreichen Völker den Besiegten ihre Götter aufdrängten,
duldeten sie oft neben den eigenen die Götter der unterjochten Völker
und reihten sie sogar manchmal in ihren eigenen Pantheon ein.
Mit
den monotheistischen Religionen verhält es sich anders. Ob sie sich
Judentum, Katholizismus, Protestantismus, griechisch-russische Orthodoxie
oder Islam nennen, wenn die Möglichkeit gegeben war, duldeten sie
keinerlei rivalisierende Religion neben sich. Es scheint, als sei die Idee
eines Einzigen und Allgemeinen Gottes unlösbar an den Begriff eines
eifersüchtigen und intoleranten Gottes gebunden."
Das Christentum hat im Laufe seiner Geschichte einem Ausschließlichkeitsgedanken
gehuldigt, der seinen Vertretern das Recht gab, alle Menschen anderen Glaubens
zu "rechtgläubigen" Christen zu machen - oder eben zu vernichten.
Dafür hatte es, gemäß seinem Fetisch "Heilige Schrift"
zwei gleichartige Motivationen und Möglichkeiten der Rechtfertigung:
1. Die Alttestamentarische: Der radikale Glaube an den eigenen Stammesgott,
der das eigene Volk auserwählt hat und das Recht zur Vernichtung anderer
Stämme und Völker einräumt.
2. Die Neutestamentliche: Der Glaube an zwei verschiedene Arten von Menschen:
Die durch den Glauben Erlösten und die wegen Unglauben oder Sünde
Verdammten. Daraus die Folgerung der "Nächstenliebe", sie, wenn notwendig,
auch gewaltsam "zum Heil" zu bringen (Rettung der Seelen). Wesentlich ist
hier die Tatsache, daß es nicht mehr nur wie im alten Testament um
Vernichtung sondern um Transformation der Uneinsichtigen im Sinne einer
tiefgreifenden Umgestaltung ihres Wesens geht. Erst wenn dies aussichtslos
erscheint, dürfen auch diese der Auslöschung übergeben werden.
Es handelt sich bei dieser Skizzierung "biblischer Humanität" nicht
um geschichtliche Reminiszenzen. Die geistig-literarischen Grundlagen dieser
Religion schmücken immer noch auf zahllosen Kirchen des Abendlandes
wie der ganzen Erde den Altar: Die Bibel ist nach wie vor der Bestseller
aller christlichen Kirchen - und sie wird es auch bleiben, so lange diese
nicht zugeben können, daß sie die Menschheit zweitausend Jahre
lang belogen und betrogen haben.
Solange die Kirchen sich nicht von den nachfolgenden Bibelstellen distanzieren
oder sie aus der Bibel entfernen, müssen wir unseren Vorwurf aufrechterhalten:
Daß in diesen Institutionen auch nach wie vor potentielle Massenmörder
und inquisitorische Unmenschen erzogen werden.
Machen wir uns nun anhand einiger Zitate damit vertraut, was das "Wort
Gottes" über die Behandlung von Andersgläubigen sagt. Unsere
Zitate entstammen einer neueren, revidierten Übersetzung der Luther-Bibel
aus den Siebziger Jahren und entsprechen in der Anordnung dem fortlaufenden
Text.
2.Mose 23,24 : "...du sollst ihre Steinmale umreißen und zerbrechen."
3.Mose 20,6 :"Wenn sich jemand zu den Geisterbeschwörern und Zeichendeutern wendet, daß er mit ihnen Abgötterei treibt, so will ich mein Antlitz gegen ihn kehren und will ihn aus seinem Volk ausrotten."
3.Mose 26,30 : "...Und ich will eure Opferhöhen vertilgen und eure Sonnensäulen ausrotten und will eure Leichname auf die Leichname eurer Götzen werfen und werde an euch Ekel haben."
5.Mose 4,19 : "Hebe auch nicht deine Augen auf gen Himmel, daß du die Sonne sehest und den Mond und die Sterne, das ganze Heer des Himmels, und fallest ab und betest sie an und dienest ihnen. Denn der Herr, dein Gott, hat sie zugewiesen allen anderen Völkern unter dem ganzen Himmel."
5.Mose 7,5 : " Sondern so sollt Ihr mit ihnen tun: Ihre Altäre sollt ihr einreißen, ihre Steinmale zerbrechen, ihre heiligen Pfähle abhauen und ihre Götzenbilder mit feuer verbrennen..."
5.Mose 12,2-3 : "Zerstört alle heiligen Stätten, wo die Heiden, die ihr vertreiben werdet, ihren Göttern gedient haben, es sei auf hohen Bergen, auf Hügeln oder unter grünen Bäumen, und reißt um ihre Altäre und zerbrecht ihre Steinmale und verbrennt mit Feuer ihre heiligen Pfähle, zerschlagt die Bilder ihrer Götzen und vertilgt ihre Namen von jener Stätte."
5.Mose
17, 2-5 : "Wenn bei dir in einer deiner Städte, die dir der Herr,
dein Gott, geben wird, Mann oder Frau, der da tut, was dem Herrn, deinem
Gott mißfällt, daß er seinen Bund übertritt und hingeht
und dient andern Göttern und betet sie an, es sei Sonne oder Mond
oder das ganze Heer des Himmels, was ich nicht geboten habe, und es wird
dir angezeigt, und du hörst es, so sollst du gründlich danach
forschen. Und wenn du findest, daß es gewiß wahr ist, daß
solch ein Greuel in Israel geschehen ist, so sollst du den Mann oder die
Frau, die eine solche Übeltat begangen haben, hinausführen zu
deinem Tor und sollst sie zu Tode steinigen."
Allein dies ist ein Text, der sich zur Etablierung jeder Art von Inquisition
und Kreuzzugswahn bedenkenlos heranziehen läßt. Die Anweisungen
"Gottes" sind eindeutig. Kein Wunder, daß einzelne Texte dieser Art
im "Hexenhammer" von 1487 zitiert werden, wo es darum geht, die Hexenverfolgung
mit ihren Millionenopfern theologisch "korrekt" zu begründen.
Das alte Testament ist in seinen Zielsetzungen gegenüber Menschen
anderen Glaubens sehr konkret: Zerstörung der Kultstätten, systematische
Überwachung, physische Vernichtung der Gläubigen wie auch der
Priester. Natürlich ist es klar, daß
es zwischen den damaligen schon fast legendenhaften Geschehnissen in Palästina
und und der späteren Missionsgeschichte gar keinen direkten Zusammenhang
gab. Aber das ändert nichts an der Tatsache, daß die geschilderte
Vorgehensweise der jüdischen Patriarchen Modellcharakter für
die Bekämpfung der europäischen Heiden und der Heiden in aller
Welt bekam.
Es ist höchst kurios, wie selbst in apokryphen Überlieferungen
die damaligen kulturellen Auseinandersetzungen des Volkes Israel mit einer
feindlichen Umwelt noch weiter in die Vergangenheit zurückprojiziert
werden. So gibt es im Koran eine Stelle über den jüdischen Erzvater
Abraham, der die "Götzen" seines eigenen Vaters und dessen Sippe in
Stücke schlägt, um ihm dadurch die Machtlosigkeit seiner Götter
vor Augen zu führen. Nur den größten von allen Götzen
ließ er bestehen, um diesem vor seinen Verwandten anschließend
die Zerstörung der anderen Götter in die Schuhe zu schieben (Der
Koran, nach der Übertragung von Ludwig Ullmann , München 1988,
Sure 21). Kann man die Entstehung der monotheistischen Gottesvorstellung
noch humoristischer darstellen ?
Natürlich läßt sich nicht von der Hand weisen, daß
die altjüdische Kultur nicht die einzige gewesen ist, die solche Formen
einer kulturellen Abschottung gegen das Fremde aufzuweisen hat. In der
Tat finden wir Auserwähltheitsdünkel und die Vorstellung, selbst
im Mittelpunkt der Welt zu stehen, auch bei den Massai oder bei den alten
Chinesen. Aber der entscheidende Unterschied besteht darin, daß dieser
Gedanke im Judentum viel stärker ideologisiert und dogmatisiert wird.
Und
des weiteren sollten wir bedenken, daß es einige Gelehrte und Künstler
jüdischer Abstammung waren, die zu den schärfsten und begründetsten
Kritkern dieser Art von Religiosität zählten: Heinrich Heine,
Karl Marx, Sigmund Freud und Wilhelm Reich.
Allerdings
bedarf es an dieser Stelle eines Hinweises, mit dem wir auftretenden Mißverständnissen
vorbeugen wollen: Die hier skizzierte Ideologie beruhte auf der Machtgier
priesterlicher Kreise, die damit selbst im Widerspruch zu großen
Teilen des jüdischen Volkes standen, wie die historische Analyse der
Besiedlung Palästinas beweist. Es bestand damals einige Jahrhunderte
lang die Gefahr, daß die Juden der Faszination des kanaanitischen
Heidentums erliegen würden. Die autoritäre Haltung der theokratischen
Kreise richtet sich hier also auch gegen die "Abweichler" innerhalb des
eigenen Volkes.
Sie
hat auch geschichtlich gesehen eine Langzeitwirkung gezeigt: Wurde doch
die priesterliche Intoleranz zur wichtigsten Triebfeder des christlichen
Antisemitismus. Als erst einmal das Christentum zur herrschenden Religion
geworden war, behandelte es seine jüdischen Ursprünge ebenso
aussondernd und autoritär, wie es früher die tempelpriesterlichen
Kreise gegenüber den innerjüdischen Dissidenten taten. Die christliche
Kirche imitierte hier also etwas, war sie doch selbst ursprünglich
nur eine Sekte innerhalb des Judentums gewesen.
Sollte
also jemand aus den hier dargelegten Vorgängen Anleihen für einen
neuen Antisemitismus machen wollen, indem er die monotheistische Intoleranz
zu einem unveränderlichen Wesenszug des jüdischen Volkes deklarierte,
so können wir ihn nur zur geschichtlichen Selbstkritik auffordern:
In Bezug auf Brutalität in der Verfolgung Andersgläubiger auch
in quantitativer Hinsicht (Man denke an die Millionenopfer der Hexenverfolgung)
standen die Europäer den alten Theokraten nicht nur in nichts nach.
Sie übertrafen diese dabei auch gewaltig und beließen das Schreckensregiment
nicht nur in einem Winkel dieser Erde, sondern dehnten es im Zuge der Kolonisierung
auch auf den gesamten Planeten aus.
Um
nun auf das alte Volk Israel zurückzukommen:
Aus
einer mehr instinktiven Abwehrgebärde infolge einer geo- und kulturpolitischen
Bedrohung wird eine Weltanschauung gemacht und diese wird in dem Augenblick
zur Zwangsvorstellung, wo die äußeren Bedingungen ihrer Entstehung
längst beseitigt sind. In besonderer Weise gilt dies für das
Christentum, das die paranoiden Elemente des Judentums übernimmt
und konserviert, obwohl es bei einem vernünftigen Verhalten der ersten
Christen zu einem Agreement mit den politischen Instanzen des Imperium
Romanum hätte kommen können. So steigerte man sich weinerlich
in die Rolle des Getretenen hinein, erschuf sich massenhaft Märtyrer,
von denen man später bestens profitieren konnte.
Der Fanatismus des Neuen Testaments bewegt sich gemäß des stärkeren
Einflusses hellenistischer Philosophie auf einer etwas "feinstofflicheren"
Ebene. Da der Urgemeinde ja zunächst die Mittel gesellschaftlicher
und staatlicher Macht fehlen, bedient man sich einer Strategie der gefühlsmäßigen
Verängstigung der Menschen. Sie werden in verschiedene heilsgeschichtliche
Klassen eingeteilt, gemäß der rigorosen Vorstellung des alten
iranischen Dualismus, den die ersten Christen gnostisch-moralistisch neuinterpretieren:
Wir hätten zu lernen, zwischen Kindern des Lichtes und den Kindern
der Finsternis zu unterscheiden.
So heißt es z.B. in Matthäus 23,33 : "Ihr Schlangen, ihr Otterngezüchte
! Wie wollt ihr der höllischen Verdammnis entrinnen ?" Wir begegnen
in diesem Text schon der Gleichsetzung des Bösen mit dem Tierischen,
was nicht nur tief symbolisch für die ganze Einstellung des Christentums
gegenüber der Natur ist, sondern sich in dem Sinnbild des "Großen
Tieres" der Johannesapokalypse noch stärker verdichtet. "...einer
wird angenommen, der andere wird verworfen werden" sinniert der Autor von
Mattäus 24, 40, worin sich die Aussonderung der "Wertlosen" im Sinne
des Jüngsten Gerichts drohend andeutet.
Eindeutiger Natur ist auch der sogenannte Missionsbefehl, der eigentlich
pauschal einen großen Teil der Menschheit der Vernichtung preisgibt:
"Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht
glaubet, der wird v e r d a m m t werden" (Markus 16, Vers 16).
Und in Matthäus 25, 41 ruft der sonst so sanftmütig dargestellte
Jesus seinen geistigen Kontrahenten zu: "Gehet hin von mir, ihr Verfluchten,
in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln." Vers
46: "...und sie werden in die ewige Pein gehen, aber die Gerechten in das
ewige Leben."
Im Laufe der vergangenen nun fast 2000 Jahre sind viele Gegner des Christentums
ins Feuer geschickt worden, abgesehen von den vielen Millionen Glaubensbrüdern,
denen dieser Weg ebenfalls nicht erspart blieb.
Die vielfältigen Äußerungen des Apostels Paulus wollen
wir unseren Lesern ersparen, weil dieser Mann und sein exzessiver Haß
ein Thema für sich sind.
Paulus zeichnete sich besonders durch seine geistige Stellung zwischen
verschiedenen Welten aus, die ihn dazu nötigte, ständige innere
Kämpfe nach außen zu projizieren.
Als Jude mit römischem Bürgerrecht und umfassender (heidnisch)-hellenistischer
Bildung mußte er sich selbst als Verräter an der eigenen Stammesreligion
vorkommen.
In jener unmöglich-absurden Vermischung jüdisch-sektiererischer
und jüdisch-traditioneller Religion mit griechischer Philosophie betrachtete
er zuerst die Christen als Verräter am ursprünglichen Judentum.
Schließlich, nachdem er zum Christentum übergelaufen war, wurden
sowohl die jüdischen Traditionalisten als auch die hellenistisch Beeinflußten
innerhalb des Christentums seine Feinde.
Durch den Konflikt zwischen dem Eigenen und Fremden im kulturellen Chaos
des Imperium Romanum innerlich entzweit, wird Paulus zum "Handelsreisenden"
in Sachen Religion.
Statt sich damit abzufinden, daß Menschen überall eigenständige,
legitime religiöse Überlieferungen haben, entwickelt er die Idee,
allen Menschen die wahre Religion vermitteln zu müssen. Insofern sind
seine Missionsreisen der Prototyp aller späteren Kreuzzüge und
"Überzeugungstaten" der Bekehrer. Paulus transformiert den alttestamentarischen
Gedanken der Abwertung und Abwehr andersgläubiger Völker zu einer
weltweiten Bewegung. Er macht aus dem stammesegoistischen Ressentiment
eines kleinen Wüstenvolkes eine Aufgabe von globaler Bedeutung.
So wird aus einer Ansammlung regionaler, vorderorientalischer Vorurteile
und Haßgefühle, so wie sie aus den Zitaten des Alten Testaments
hervorgehen, eine weltweite geistige Krankheit.
Nur am Rande sei erwähnt, daß er im 1. Brief an die Korinther,
10,14-22 heidnische Gottesdienste und Opfer als Teufelsverehrung und Dämonenkult
darstellt und die Christen eindringlich davor warnt. Und dies, obwohl schon
seine eigene Weltanschauung ohne den Einfluß der heidnischen antiken
Philosophie überhaupt nicht denkbar gewesen wäre. Wie übrigens
alle Theologen während ihrer Grundausbildung erfahren, was sie nicht
daran hindert, die Zuhörer ihrer Sonntagspredigten über diesen
Punkt zu belügen.
Wir sollten aber der Gerechtigkeit halber erwähnen, daß ohne
den Großmachtwahn der Römer eine derartige Ausbreitung intoleranten
Gedankengutes kaum möglich gewesen wäre. Das Imperium Romanum
verlieh dem jüdischen Fanatismus des Paulus die zivilisatorischen
Möglichkeiten zu seiner Verbreitung. Hätte es diesen umfassenden
Machtanspruch der Römer im kulturellen Sinne nicht gegeben, der Ungeist
der "Bibel" wäre nicht mehr geblieben, als eine Fußnote der
vorderasiatischen Religionsgeschichte. Es
ist nicht ganz unwesentlich, anhand der Gestalt des Paulus auf die ununterbrochene
Folgerichtigkeit der biblischen Überlieferung hinzuweisen. Viele Theologen
bemühen sich um die Darlegung der Tatsache, daß Paulus die Botschaft
jenes "Jesus von Nazareth" drastisch verändert und durch eine recht
eigenwillige Version ersetzt habe. Nun mag es durchaus sein, daß
aus dem realen, historischen Jesus der frühen Christen bei Paulus
ein philosophisch-symbolisches Gottwesen im Sinne der hellenistischen Mysterienkulte
wurde. Doch ändert dies nichts an der Kontinuität der religiösen
Unduldsamkeit, mit der er seinen Zuhörern gegenüber tritt. Darin
sind sich der Zimmermannssohn aus Nazareth und der römische Jude aus
Tarsus einig.
Zuguterletzt sei noch die " liebevoll-humanitäre" Zukunftsvision der
ersten Christen aus der Johannes-Apokalypse zitiert (Kptl. 22, 14-15):
"Selig sind, die ihre Kleider waschen, auf das sie teilhaben dürfen
an dem Baum des Lebens und zu den Toren eingehen in die Stadt. Draußen
sind die Hunde und die Zauberer und die Unzüchtigen und die Totschläger
und die Götzendiener..".
Der von den Theologen stets behauptete Unterschied zwischen altem und neuem
Testament in Bezug auf Menschlichkeit und Toleranz ist angesichts der zitierten
Quellen nicht erkennbar.
Der "liebe Heiland" und die christliche Nächstenliebe erweisen sich
als schillernde Vernebelungsstrategie der Theologen.
Es fehlte in der Geschichte der christlichen Theologie nicht an Versuchen,
diese Gedankengänge auf zeitgemäße Art und Weise fortzuführen.
So betrachtet Augustinus Gewaltanwendung bei der Missionierung als grundsätzliches
Gebot, von der Zerstörung heidnischer Kultstätten bis zur Todesstrafe
für absolut "Unbelehrbare", allerdings nach Auffassung von Hans-Dietrich
Kahl nur bei Rückfälligen, die vorher bereits einmal die Taufe
empfangen hatten. Gewissermaßen geht es hier um ein Mittel zur Erzwingung
zur Einhaltung des einmal abgeleisteten Taufgelöbnisses. Die von dem
heute noch hoch gelobten Kirchenvater gestattete Gewaltanwendung beinhaltet
Haft- und Prügelstrafen sowie kriegerische Exekutionen gegen ganze
Menschengruppen. Letzteren Gesichtspunkt betrachtet Kahl als wichtigen
frühkirchlich-ideologischen Ausgangspunkt für die Kreuzzüge.
Weitere Grundgedanken zur missionarischen Verbreitung des Christentums
verdankt die Kirche Gregor dem Großen (590-604), der als wirksame
Mittel gegen das Heidentum betrachtete: "...mehr oder weniger gelinder
Druck, etwa mit Einräumung oder Entziehung von Vermögensvorteilen
unter Umständen weitreichender Art wie stark überhöhtem
Steuerdruck." (Kahl, S.42).
Nach der gleichen Darstellung konzipierte Gregor auch die Idee des indirekten
Missionskrieges, die die kriegerische Unterwerfung und daraufhin die friedliche
Glaubenspredigt als aufeinanderfolgende Schritte vorsah. Diesbezügliche
Mitteilungen Gregors an den Exarchen von Afrika wurden in die späteren
Dekretaliensammlungen des Mittelalters aufgenommen und so zu einer kirchlich
anerkannten Rechtsnorm aufgewertet. Jene Ausführungen werden von Hans-Dietrich
Kahl als programmatischer Ausgangspunkt des gesamten europäischen
Kolonialismus einschließlich der Greuel der Konquistadoren in "Neuindien"
sowie sämtlicher Kriege gegen die Slawen aufgefaßt !
Erst sollte ein fremdes Volk, das als Träger einer heidnischen Kultur
als prinzipiell rechtlos angesehen wurde, im militärisch-politischen
Sinne unterworfen werden. Dann erst war es reif für die Vermittlung
des Glaubens. Dennoch soll Gregor dem Prinzip des "direkten Zwangs" also
etwa einer Überredung zur Taufe mit unmittelbarer Todesdrohung ablehnend
gegenüber gestanden haben. Viel sympathischer war besagtem klerikalem
Gangster lt. Kahl die "indirekte Nötigung", die in geschickter Anwendung
sonstiger Repressalien bestand.
Jedenfalls wurde überdeutlich, daß die Praktiken der Christianisierung
nicht etwa nur zeitlich gebundene "Ausrutscher" agressiver Fürsten
und Missionare waren, die den Geist der Nächstenliebe vergessen hatten.
Die in diesem Buch beschriebenen Methoden sind vielmehr erwiesenermaßen
Ausdruck einer liebevoll gehegten und gepflegten Weltanschauung, in der
Nichtchristen grundsätzlich keinen Anspruch auf freie Entfaltung und
Anerkennung ihrer menschlichen Würde besaßen.
Zunächst müssen wir die Antike betrachten, die erste große
Auseinandersetzung fand statt zwischen dem antiken griechisch-römischen
Heidentum und der erstarkenden christlichen Kirche.
Hierzu ist festzustellen, daß Paulus bereits im Jahre 54 n. Ztw.
in Ephesos eine große Bücherverbrennung inszenierte, wobei es
sich um Bücher handelte, die von "sonderbaren Dingen" handelten. Im
Jahre 390 n.Ztw. verbrannten Christen die große Serapeion-Bibliothek
in Alexandria (Ägypten), in der sich etwa 200 000 Schriftrollen mit
religiösen, literarischen und wissenschaftlichen Überlieferungen
befanden.
Schon unter Konstantin dem Großen, der im Jahre 313 das Mailänder
Edikt zum "Schutz der Christen" erließ, machte sich bereits butale
Intoleranz bemerkbar: Darin verbot er z.B. das Heranziehen etruskischer
Zeichendeuter zur Erforschung der Zukunft, obwohl er selbst diesen Praktiken
popsitiv gegenüber stand und sie auch benutzte.
Theodosius d. Gr. (379-395) sandte besondere Präfekten in die Provinzen,
mit dem Auftrag, heidnische Heiligtümer und Kulte mit staatlichen
Mitteln zu brechen. Auf diese Weise wurden heidnische Kulte wie der Mithras-Kult
in den Randgebieten des Imperium Romanum zerstört, bevor man daran
ging, die einheimischen Kulte jener Regionen zu beseitigen. So wurde das
Mithraeum in Dieburg bei Darmstadt zerstört, ebenso wie jenes in Saarburg
bei Trier. In letzterer Kultstätte fanden Archäologen das gefesselte
Skelett des dortigen Mithraspriesters, der wahrscheinlich von Christen
ermordet wurde.
Durch zwei Verordnungen, 385 und 392, stellte er die Wahrsagepraktiken
der Haruspizien unter Strafe: Der Tod auf dem Scheiterhaufen drohte jedem,
der einen Haruspex konsultierte. Sein Sohn
und Nachfolger Honorius ließ die Bücher der Nymphe Vegoia samt
den im Jupitertempel auf dem Kapitol aufbewahrten Sibyllinischen Büchern
öffentlich verbrennen - unersetzliche Schätze uralter etruskischer
Mysterienkultur (s. Literatur 19a ).
Selbst ein protestantischer Kirchenhistoriker muß zugeben: "Unter
Theodosius (Imperium Romanum) war das Heidentum fast völlig entrechtet,
durch äußeren Zwang, in blutigen Kämpfen wurde das Christentum
staatlicherseits zum Siege gebracht. Dem staatlichen Verhalten entsprach
das Vorgehen des christlichen Pöbels -Tempelstürme!- , der durch
den Klerus und von Mönchen geführt wurde." (Die Religion in Geschichte
und Gegenwart,Bd.1, S.1552, Tübingen 1927).
Der französische Julian-Biograph Benoist- Mechin dokumentiert den
christlichen Vernichtungswillen folgendermaßen: "Säulen, Architrave
und Kapitelle der Tempel wurden entfernt und für den Bau von Klöstern
und Kirchen benutzt. Im Jahre 376 wurde das Mithras-Heiligtum in Rom zerstört,
380 ließ Theodosius das Heiligtum von Eleusis vernichten; 391 wurden
alle heidnischen Tempel geschlossen, die Gläubigen verfolgt. Heidnische
Heiligtümer in Edessa und Apameia wurden im Jahre 387 von Christen
zerstört. Natürlich gab es auch Heiden, die sich dem zunehmenden
christlichen einfluß entgegenstemmten, wie z.B. Porphyrios (233-304),
Celsus, der im Jahre 178 das erste antichristliche Werk schrieb und schließlich
der berühmte Kaiser Julian, der eine tiefgreifende Reform des Heidentums
und einen Staat auf echt heidnischer Grundlage erstrebte".
Um sich ein Bild von der moralischen Integrität der politischen Steigbügelhalter
der Christianisierung zu machen, sei kurz eine blutige "Anekdote" aus dem
Leben des Theodosius berichtet. Theodosius, Kaiser von Byzanz läßt
im Jahre 390 in der Arena des Zirkus von Thessalonich 7000 Menschen niedermetzeln
- Bürger jener Stadt. Welches schreckliche Verbrechen hatten sie wohl
begangen ? Der Grund war, daß in Thessalonich e i n kaiserlicher
Beamter ermordet worden war ! Am Weihnachtstage des Jahres 390 zwang Ambrosius,
Bischof von Mailand den Kaiser, für diese administrative Schandtat
vor allem Volk ein öffentliches Schuldbekenntnis abzulegen. 391 ist
es dann dieser Kaiser, der den römischen und hellenischen Heiden alle
öffentlichen Tieropfer verbietet, ein zentraler Ritus des alten Heidentums.
Die Begründung:"...denn es sei nicht statthaft, für menschliche
Schuld ein unschuldiges Tier zu schlachten" (zit. b. Holger Schleip: Zurück
zur Naturreligion ? , Freiburg i. Br. 1986, S.71) Solche moralischen Wracks
konnte die Kirche in der Tat hervorragend für ihre Zwecke einspannen.
Die beste Kenntnis der menschlichen Seele dient hier nur zu dem Zweck,
ihre Versklavung zu vollenden, nie zur Heilung oder Vervollkommnung.
Vigilius, Bischof von Trient (um 378) versuchte ein Götterbild hinabzustürzen,
das sich auf einem schroffen Felsen befand. Es gelang ihm nicht mehr, da
er vorher von erbosten Bauern erschlagen wurde.
Nicht sehr viel pietätvoller gingen die Bekehrer auch mit den Heiligtümern
der Griechen um: Die Athenestatue aus dem Parthenon auf der Akropolis in
Athen wurde im 5. Jhdt. entführt und der Asklepiostempel zerstört.
Eine ganze Reihe anderer Tempel ließ man zwar in ihrer Bausubstanz
unversehrt, entweihte sie dann allerdings dadurch, daß man sie Gestalten
der christlichen Ikonographie widmete. Der Tempel der Athene auf der Akropolis
wurde der Jungfrau Maria zugeordnet, ebenso auch der Tempel der Persephone.
Das Theseion, der Tempel des Theseus wurde eine Kirche des heiligen Georg.
In Eleusis, im Tempel des Triptolemos, in Lebadia, im Heiligtum des Trophonius
und im Tempel der Rhea zu Konstantinopel: Überall bemächtigten
sich die Christen der alten Kultstätten, um sie als Kirchen zu mißbrauchen.
Noch schäbiger behandelte Theodosius einige Tempel auf der Akropolis,
indem er sie einer profanen Nutzung unterwarf. So geschah es mit den Tempeln
des Helios, der Artemis und der Aphrodite. Ein Jupiter- und ein Poseidontempel
wurden niedergerissen, um anschließend aus dem Baumaterial Kirchen
für christliche Märtyrer zu errichten.
Selbst in späterer Zeit, als die religiöse Riten der antiken
Welt längst erloschen waren, macht der christliche Haß keinen
Halt vor den künstlerischen Kultobjekten: Der griechische Asket Ossios
Christodoulos (gest. März 1093) fand auf der Insel Patmos einen Tempel
der Göttin Artemis, die einst Schutzgöttin der Insel war. Er
"zerstörte erst ein kunstreiches Götzenbild, das sie dort im
Namen der Artemis hatten" und baute dann an dieser Stelle sein Kloster
(Papadopoulos, S. 6)
Auch in Italien ist die Zahl der heidnischen Tempel, denen eine neue christliche
Identität verpaßt wurde, geradezu Legion. Wenn die Menschen
wirklich wie von selbst Christen wurden, wie manche Theologen gern behaupten,
warum schufen sie sich dann nicht auch ihre eigenen Heiligtümer ?
Folgende alte Kultstätten fielen im Einzugsgebiet des römischen
Heidentums der Christianisierungswut auf diese Weise zum Opfer: Das Templum
Sacrae Urbis und das Templum Romuli (durch Bischof Felix IV., 526-536),
das Pantheon - heute S. Maria Rotonda (609 durch Bonifazius IV.), der Antoninstempel,
der Tempel der Ceres und Proserpina und der alte Minervatempel (Alle in
Rom).
Im übrigen Italien teilten dieses Schicksal ein Apollotempel in Fundi(Latium),
ein Bacchustempel in Mailand (Ambrosiusbasilika), ein Concordiatempel (Sizilien),
ein Zeusheiligtum (Girgenti/Sizilien) und ein Athenetempel auf Ortygia.
Doch es dauerte noch geraume Zeit, bis das antike Heidentum wirklich verschwunden
war. Noch im Jahre 528 fand Benedikt von Nursia eine Kultgemeinschaft des
Gottes Apollon auf der Höhe des Castrum Casinum in Latium. Dort gab
es einen heiligen Hain, ein Kultbild nd einen Altar, auf dem noch Opfer
dargebracht wurden. Benedikt zertörte die Statue mitsamt dem Tempel
und brannte den Hain nieder. An dieser Stelle wurde das erste Kloster der
Benediktiner, Monte Cassino, begründet.
Auch im gesamten orientalischen Einzugsbereich der hellenistischen Kultur,
in Kleinasien, Syrien und Ägypten wurde das Zerstörungswerk intensiv
betrieben. Man muß ein Buch wie "Der unbesiegte Gott" von Franz Altheim
(Hamburg 1957) gelesen haben, um schmerzlich nachzuempfinden, wie grandios
und vielfältig das Heidnische auch in diesen Regionen der alten Welt
präsent war - der starren Gesetzesreligion des Judentums zum Trotz.
Wie sich hier Impulse altorientalischer Sonnenkulte mit hellenischen Mysterien
in künstlerischer Intuition zu einem komplexen Gebilde entwickelte,
dem das spätere orientalische Christentum oder gar der Islam nur eine
unfaßbare geistige Öde entgegensetzen konnten.
In der Stadt Sufes (Nordafrika) stürzten die Christen eine besonders
verehrte Herkulesstatue um, worauf es zu blutigen Unruhen kam, in deren
Verlauf mehr als sechzig Christen getötet wurden. Der Berichterstatter
Augustin verschweigt nicht, daß Christen aber auch die eigentlich
Schuldigen an dem Gemetzel waren (Neuwinger, S.132). Im Jahre 391 wurde
das Serapeion, der Tempel des griechisch-ägyptischen Gottes Serapis,
unter Anführung des Patriarchen Theophilus von den Christen gestürmt
und vernichtet. Die griechische Mathematikerin und neuplatonische Philosopin
Hypatia wurde im Jahre 415 von asketischen Mönchen vom nitrischen
Gebirge nackt ausgezogen und mit Glasscherben zerfetzt (Deschner, S.392)
In Kleinasien wurden der Tempel des Dionysos in Teos (Karien) sowie das
Heiligtum der Athene Polias in Priene zerstört. In Phönizien
wurde der Tempel von Aphaka am Libanon von Konstantin vernichtet, weil
der dort praktizierte Aphrodite-Kult den Trägern einer neuen verkrampften
Morallehre Bauchschmerzen bereitete.
In Gaza, einst eine Metropole der Philister, widmete sich der Asket Porphyrius
dem Werk der Zwangsbekehrung. Als Porphyrius im Jahre 395 Bischof wurde,
erwirkte er von Kaiser Arkadius ein Dekret gegen den Götzendienst,
das eigentlich nur durch eine Intrige seiner fränkischen Gemahlin
Eudoxia zustande kam. Porphyrius vernichtete zunächst eine Marmorstatue
der Aphrodite. Das Marneion, ein Heiligtum des semitischen Gottes Marna
wurde niedergebrannt und an dessen Stelle eine Kirche gebaut. Mit den Marmorstücken
des Allerheiligsten des Tempels ließ Porphyrius den Weg zur Kirche
pflastern, "damit jene nicht nur von Männern mit Füßen
getreten würden, sondern auch von Frauen und Schweinen und anderen
Tieren" (zit. b. Neuwinger, S.134). Ferner wurden Haussuchungen durchgeführt,
bei denen man es auf Götterbilder abgesehen hatte. Was gefunden wurde,
zertrümmerte man, warf es ins Feuer oder in den Schmutz.
In Adra bei Damaskus wurde ein Tempel des Gottes Theandrites von den Christen
zertrümmert und durch eine Kirche ersetzt.
Marcellus, Bischof von Apamea, hatte in seinem Ort bereits alle heidnischen
Tempel niedergerissen. Als er auch in den benachbarten Ort Aulon mit einigen
Soldaten aufbrach, um einen dort gelegenen Tempel zu zerstören, wurde
er mit dem Widerstand der einheimischen Bauern konfrontiert. Diese belagerten
und verteidigten ihr Heidentum. Als sie Marcellus dezent im Hintergrund
stehend erspähten, schleppten sie ihn fort und verbrannten ihn bei
lebendigem Leibe.
Wenn man bedenkt, daß der Bevölkerungsanteil der Christen im
Imperium Romanum zur Zeit Konstantins (Mitte 4.Jhdt.) auf weniger als 10
% geschätzt wird, so wird man ihre Handlungsweise verstehen können:
Ohne Terror und machtpolitische Intrigen hätte das Christentum nie
die Macht erringen können.
Ein wesentlicher Grund dieser Machtergreifung liegt aber auch in der Schwäche
und Dekadenz der antiken Kultur, die durch die Auflösung der alten
sozialen Ordnung, der Verkommenheit der herrschenden Schichten und der
Durchdringung mit unverstandener orientalischer Kultur dem Verfall preisgegeben
war.
Allerdings müssen wir auch das Ausmaß an Toleranz bewundern,
das in der antiken Welt möglich war. Diese Toleranz war einesteils
eben die Grundlage für eine ungeheuer fruchtbare Vielfalt in Kultus,
Gottesvorstellung und Philosophie - und zugleich auch der Hauptgrund dafür,
daß man nicht die tödliche Gefahr des christlichen Dogmatismus
erkannte. Einer entschlossenen Ideologie, die sich um jeden Preis an die
Spitze des geistigen Lebens setzen wollte, hatte man nichts entgegenzuhalten,
keine unüberwindbare geistige Front, da die Exponenten des Heidentums
in zahllose intelektuelle Scharmützel verstrickt waren. So bemerkte
einst der Philosoph Themistius zu Kaiser Valens: "Die Hellenen haben einhundert
Weisen, die Gottheit aufzufassen und zu ehren, die sich über diese
Verschiedenheit der Huldigungen freut" (zit. bei Theodor Reik: Der eigene
und der fremde Gott, Frankfurt a. M. 1972, S.173).
Schon längere Zeit, bereits in den Schriften Ciceros (106-43 v.Ztw.)
war die bloße Existenz der Götter Gegenstand endloser philosophischer
Debatten, die sich in fruchtlosen Abstraktionen und Gedankenspielen verloren.
Es fehlte bereits Jahrhunderte vor der definitiven Christianisierung an
lebendigem Glauben und innerer Gewißheit im römischen Heidentum.
Deshalb verlagerte sich das abendländische Machtzentrum auch bald
in den Bereich jener nordeuropäischen Völker und Stämme,
die noch nicht durch die zivilisatorische Aufweichung Roms beeinträchtigt
waren.
Ein besonderes Kapitel der Bekehrungsgeschichte sind die kontinentalen
Kelten, da sie ja bereits früher, durch die Auseinandersetzung mit
den Römern, viel von ihrer eigenen Identität eingebüßt
hatten. Bekannt für die Zerstörung des noch verbliebenen keltischen
Heidentums der Gallier wurde Martin von Tours (4. Jhdt.), der zahlreicheHeiligtümer
zerstörte. Er litt derart unter seinem
dadurch
hervorgerufenen schlechten Gewissen, daß er selbst noch hin und wieder
von heidnischen Göttinnen und Göttern heimgesucht wurde. In Ambroise
zerstörte er einen gewaltigen alten Tempel und stürzte eine Säule
mit einem Götterbild zu Boden.
Remigius von Reims wütete im 5. bis 6. Jhdt. gegen die "Altäre
der Idole", unter denen er vor allem Heiligtümer der altgallischen
Dreiheitsgötter verstand.
Orientus, ein Bischof im südlichen Aquitanien riß einen
Tempel nieder, der sich auf der Spitze eines heiligen Berges befand.
Cäsarius,
der in der Gegend um Arles wirkte, forderte in seinen Predigten immer wieder
zur Vernichtung der Altäre und Heiligtümer auf.
All die hier geschilderten Untaten sind einesteils die Geschichte einer
Kultur, die durchaus ursprüngliche, erdreligiöse Bezüge
hatte, das Leben und die Natur durch eine Vielzahl von Riten zu heiligen
bemüht war. Doch je mehr die Gier nach äußerer Macht und
die damit verbundene Raffgier nach noch mehr Besitz internationalen
Handel und Militarismus förderten, desto stärker löste sich
die alte Ordnung auf.
Die römische Kultur war schließlich an einem zivilisatorischen
Stadium angelangt, an dem die soziale Schichtung der Bevölkerung soviel
Leid und der luxuriöse Überfluß soviel Überdruß
hervorgerufen hatten, daß die scheinbare Lösung aller Probleme
nur noch durch eine Erlösungsreligion gewährleistet werden konnte.
In diesen geistig-seelischen Leerraum stießen viele verschiedene
Mysterienkulte vorwiegend orientalischer Herkunft - Doch nur das Christentum
konnte den Sieg davon tragen. Dank seiner rigorosen Ansprüche auf
Macht und Entfaltung, die wir im vorigenKapitelskizziert hatten.
IV. Der Schatten des Imperiums: Die auserwählten Völker der neuen Christenheit
Nachdem man im Mittelmeerraum alle geistig unabhängigen Kräfte
zum Schweigen gebracht hatte, wandte sich die Bekehrungsmaschinerie dem
Bereich nördlich der Alpen zu. Die germanischen Stämme, die im
Rahmen der Völkerwanderung nach Südeuropa geraten waren, hatte
man schon frühzeitig zum Christentum gebracht.
Ganz offen wird aus theologischer Perspektive zugestanden, daß eigentlich
bei den "Bekehrten" gar kein inneres seelisches Bedürfnis nach der
neuen Religion vorhanden war: "Die im 3. Jhdt. drohende Gefahr, daß
die vordringenden Germanen mit dem Reich zugleich das Christentum vernichten
und so dem (germanischen) Heidentum (an Stelle des griech.-römischen)
von neuem den Sieg verschaffen möchten, wurde dadurch verhindert,
daß man die Germanen christianisierte." (Die Religion in Geschichte
u. Gegenwart, Bd. 1, S. 1553, Tübingen 1927).
Wenngleich sich ihr unabhängiger Geist in Form des arianischen Christentums
noch eine etwas eigenständige Sichtweise der Dinge bewahrt hatte,
gab es doch keinen Raum mehr für eine Religiosität aus eigener
Wurzel.
Der britische Religionshistoriker E.A. Thompson ist der Auffassung, daß
z.B. die gotische Stammesaristokratie sich aus rein wirtschaftlichen Gründen
genötigt sah, den neuen Glauben anzunehmen. Ihre Anpassung an die
Lebensweise der spätrömischen Grundherren beinhaltete auch ein
Zugeständnis zu deren religiöser Grundeinstellung.
Aus ähnlichen Beweggründen ließen sich später auch
im Norden und in Britannien viele heidnische Männer "mit dem Kreuz
zeichnen", was die Kirche auch als prima signatio bezeichnete. Es handelte
sich um eine Vorstufe zur Taufe, noch nicht um einen definitiven Bekehrungsakt.
Doch wurde dieser Ritus generell von Nordmännern durchgeführt,
die Kaufleute waren oder sich in ein Dienstverhältnis bei Christen
begaben. Die Entscheidung sagte insofern nichts über irgendwelche
Überzeugungen aus.
Sicher war eine solch pragmatische Einstellung nicht nur durch eine neue
Lebenssituation im wirtschaftlichen Sinne bedingt, sie war für einen
germanischen Polytheisten grundsätzlich auch vom religiösen Standpunkt
aus möglich. Warum ? Nun, wenn ich als Polytheist davon ausgehe, daß
die Vielfalt des Lebendigen sich in einer ebensolchen vielseitigen Existenz
geistiger Wesen wiederspiegelt, so bin ich grundsätzlich offen für
das Kennenlernen neuer Gottheiten und ihrer Kulte. Hatte doch in der altgermanischen
Naturmystik mitunter ein Berg, ein Fluß oder ein bestimmter Wald
seinen eigenen Schutzgeist. Man überlege sich die Konsequenz dieser
Sichtweise, wenn ein germanischer Stamm bei seiner Wanderung in den Mittelmeerraum
ganz neue Landschaften, eine neue Flora und Fauna kennenlernte. Für
viele "bekehrte" Goten, Wandalen und Sueben muß Christus ein neuer
und vielleicht ebenbürtiger Gott neben seinen alten Göttern gewesen
sein. Daß mit der Annahme der neuen Religion auch ein völlig
neues Verständnis von Menschentum, Weltentwicklung und Schicksal zusammenhing,
wird den meisten Germanen im Eifer des Gefechts entgangen sein. Zumal gerade
dann, wenn sie zunächst von Jesus Christus nicht sehr viel mehr erwarteten,
als sie von den alten Götter auch erwartet und bekommen hatten. Beispielsweise
Glück im Krieg oder gute Nachkommenschaft.
Es war ihnen wahrscheinlich oft nicht ersichtlich, daß es sich bei
der Taufe um einen grundsätzlich unumkehrbaren Akt von umstürzender
Totalität handelte. Und nicht, wie er vielleicht selbst glauben mochte,
um eine Angelegenheit, die bequem neben der noch vorhandenen heidnischen
Gesinnung koexistieren konnte.
Über die Missionierung Nordeuropas kursieren nun die eigenartigsten
Behauptungen, wobei es vor allem zwei Dinge sind, die immer wieder auftauchen:
Einmal die These, daß es nur eine bestimmte Gruppe innerhalb der
römischen Kirche gewesen sei, die die Mission mit besonderer Brutalität
und Härte vorangetrieben hätte. Die Mission der iro-schottischen
Mönchskirche hingegen soll sich durch eine vergleichsweise milde,
kompromißbereite Haltung gegenüber dem Heidentum ausgezeichnet
haben. Diese vielfach von Anthroposophen verbreitete These mutet abenteuerlich
an, wenn man sich der zölibatären Lebensformen der iro-schottischen
Mönche erinnert oder solcher Gewaltaktionen wie der Verbrennung von
10.000 Runenmanuskripten aus Birkenrinde im 7. Jhdt., die die Überlieferung
der keltischen Kultur enthielten (Charroux, S.63).
Gerade die Tatsache, daß es sich bei der iro- schottischen Kirche
um eine Mönchskirche handelte, sollte uns doch hellhörig machen.
Die lange Unabhängigkeit dieser Kirche von Rom wird von theologischen
Historikern als geschichtlicher Rückstand orientalischen Asketentums
bewertet, wie wir es auch zu Beginn der Etablierung des Christentums im
Imperium Romanum finden. Irrtümlicherweise sehen manche Esoteriker
hier gleich immer eine verdeckte Beziehung der Iro-Schotten zu den altkeltischen
Druiden. Verräterisch sind ferner auch die bei ihnen besonders intensiv
gepflegte Beichtpraxis und die ausgedehnten Bußübungen (Wörterbuch
der Kirchengeschichte, München 1984, S. 278). Die auf dem europäischen
Festland insbesondere im Frankenreich benutzten Bußbücher, die
regelrechte Sündenkataloge darstellten, gehen auf iroschottische Initiativen
zurück. Zur Praxis dieser Bußen gehörten unter anderem
extremes Fasten, unaufhörliche Nachtwachen, zahllose Kniebeugen und
kalte Bäder.
Ein besonderes Kuriosum ist das schon seit Beginn der Christianisierung
Irlands vorhandene "Syneisaktentum", bei dem männliche und weibliche
Asketen zur angeblichen Stärkung ihres asketischen Willens zusammenlebten.
Ausdruck "altkeltischen druidischen Tantras" oder Beispiel übelster
Verleumdung sexueller Intinkte durch mönchische Fanatiker ? Die Einrichtung
selbst wird bereits in der "Ersten Ordnung der Heiligen" aus dem Jahre
431 erwähnt. Robert E. McNally jedenfalls kennzeichnet die irischen
Mönche als weltverachtend, voll von übersteigertem Moralismus
und begabt mit ausgeprägtem Sündenbewußtsein.
Des weiteren zeichnete sich die irische Geistlichkeit dadurch aus, daß
sie ihren Angehörigen eine besondere Form von Tonsur auferlegte, bei
der wahrscheinlich nur der vordere Teil des Kopfes von einer Verbindungslinie
zwischen beiden Ohren an geschoren wurde. Auch die Berechnung des Osterdatums
erfolgte nach einer anderen Methode als in der römischen Kirche. Reicht
das aber schon aus, bereits eine unmittelbare Nähe zu den Druiden
ins Auge zu fassen ? Auch die legendenhafte Angabe, daß es bereits
um 431/32, als Patrick seine Missionierung Irlands begann, schon ein Mönchstum
auf der grünen Insel gegeben haben soll, ist kein sicherer Anhaltspunkt.
In Wahrheit waren es gerade die iroschottischen Mönche, die
bei ihrer Festlandmission nicht vor der Zerstörung heiliger Stätten
zurückschreckten. Es muß uns schon aufmerksam machen, wenn wir
hören, daß gerade sie von den Frankenherrschern Pippin (715-768)
und Karl (768-814) ins Land geholt wurden ! Unter anderem gehörten
so berüchtigte "Heilige" zu ihnen wie Kolumban, Kilian, Wigbert, Willibrord
und Winfried(Bonifatius).
So wäre z.B. der Ire Kolumban (gest. 615) mit seinen Gehilfen fast
erschlagen worden, als er im Gebiet von Zürich ein alemannisches Heiligtum
anzündete.
Eine andere, dreist vorgetragene Behauptung der kirchenamtlichen Historiker
läuft darauf hinaus, daß die Christianisierung Nordeuropas mehr
oder weniger auf freiwilliger Basis erfolgt sei, weil die Heiden ohnehin
nicht mehr an die alten Götter glaubten und sich das Heidentum überlebt
hätte. Rudolf Steiner, ein Meister neoplatonischer Fabulierkunst kleidet
diesen Gedankengang in die Schilderung folgender "überirdischer" Notwendigkeiten:
"Die spätere römische Geschichte wurde auch geleitet von einer
Art von Zeitgeist, der aus dem Erzengel des Römertums aufgestiegen
war und sich in seiner Wirksamkeit mit dem christlichen Zeitgeist zu gemeinsamem
Wirken verband. Diese beiden waren die Erzieher jenes Erzengels, welcher
die germanischen Völker führte, der zu deren führenden Erzengeln
gehörte, der sich dann zum Zeitgeiste der fünften nachatlantischen
Kulturperiode emporhob" (Steiner, S.132).
Solchen absonderlichen Thesen wollen wir ganz einfach die Fakten gegenüber
stellen:
Das Fundament für die Identität von Frankenherrschaft und christlichem
Missionsfanatismus legte bereits Chlodowech (Chlodwig), der von 482- 511
lebte. Seine Bekehrungsgeschichte, in einem Buch Gregor v. Tours überliefert,
zeugt nicht gerade von fröhlichem Erkennen einer neuen Religion. Sie
offenbaren vielmehr den dumpfen Haß seiner christlichen Umgebung
auf das Heidnische. So versuchte zunächst seine Frau mit endlosem
Gekeife, ihn von den "Götzen" abzubringen. Doch erst in einer Schlacht
gegen die Alemannen, in der ihm die von ihm angerufenen Götter nicht
halfen, wandte er sich Christus zu. Ein Stoßgebet zum neuen Gott
brachte angeblich die Alemannen dazu, sich trotz anfänglicher totaler
Übermacht gegenüber Chlodwigs Heer diesem zu unterwerfen. Eine
seltsame, unglaubwürdige Geschichte. Noch eigenartiger ist die Schilderung
der Begebenheiten nach der Schlacht, die eine offensichtliche Umfälschung
der Tatsachen darstellen: Als die Königin heimlich den Bischof von
Reims, Remigius, zu einem Gespräch mit Chlodwig herangeholt hatte,
beteuerte der König, er würde, sich ja gern bekehren, doch "das
Volk... duldet nicht, daß ich seine Götter verlasse".
Als Chlodwig daraufhin eine Volksversammlung einberuft, sind die Menschen
überraschenderweise bereit, "die sterblichen Götter" dem "unsterblichen
Gott" zuliebe zu verlassen. Haben wir hier ausgefeilte Intrigen klerikaler
Drahtzieher vor uns oder nur ganz einfach eine fromme Geschichtslüge
? Jedenfalls wurde anschließend (immer nach Gregorius' Bericht) eine
prachtvolle Taufzeremonie veranstaltet, bei der Remigius seine Stimme zu
dem pietätlosen Weihespruch erhob: "Beuge still deinen Nacken, Sicamber,
verehre, was du verbranntest, verbrenne, was du verehrtest." Diese Tragödie
spielte sich angeblich im Jahre 498 ab.
Noch ein anderes Faktum könnte eine gewisse Bedeutung für Chlodwigs
Bekehrung gehabt haben, und das ist die starke Verbreitung des St. Martinskultes
im westfränkischen Reich. Er wurde ursprunglich um 336 in Pannonien
geboren und starb gegen 401. Martin war Zeit seines Lebens Soldat gewesen
und wurde später Volksarzt, Heidenbekehrer und dann auch Bischof von
Tours. Martin war die erste Heiligengestalt, der die römische Kirche
überhaupt erstmals Verehrung entgegenbrachte. Hoch zu Roß sitzend
erscheint er als Statue oder Bildnis in seinen Kapellen. Wahrscheinlich
war seine soldatische Herkunft der Anlaß für den späteren
Brauch der merowingischen Könige, seinen Mantel in der Schlacht vorantragen
zu lassen. Karl der Große soll die Chorkappe des "Heiligen" immer
mit sich geführt haben.
Es wird von der Stellung Martins im Volksbrauchtum des 11. November her
geschlossen, daß Martin eine gewisse Beziehung zu dem germanischen
Gott Wodan gehabt haben müsse. Führte also der Trick der Kirche,
heidnische Glaubensinhalte oberflächlich zu integrieren, bei Chlodwig
zu einer Täuschung über dessen wahre Natur ?
Jedenfalls soll er in der Grabbasilika des Heiligen in Tours im Jahre 498
seltsame Erlebnisse gehabt haben, die mit nicht näher ausgeführten
Wundern verknüpft waren. Nicitius, damaliger Bischof von Trier behauptete
, daß der Martinskult ausschlaggebend für Chlodwigs Übertritt
gewesen sei.
König Childebert I. (511-558) erließ für das Teilreich
von Paris ein generelles Verbot heidnischen Kultes.
Für die Zeit um 525 wird uns berichtet, daß in der Gegend von
Köln ein Missionar eintraf, der dort ein heidnisches Heiligtum in
Brand setzte.
Auch der langobardische Missionar Wulfilaich, der im 6. Jhdt. im Gebiet
der Ardennen wirkte, zerstörte dort mindestens eine Kultstätte.
Bereits im Jahre 554 wurde im Reich des Frankenkönigs Childerich ein
Gesetz erlassen, das die Verfolgung der Anhänger des alten Glaubens
und die Vernichtung ihrer Kultstätten und "Götzenbilder" zum
Inhalt hatte.
Welcher Ungeist sich hier nördlich der Alpen formierte, wird schlaglichtartig
in zwei Vorfällen deutlich: Auf dem Konzil von Macon (585) diskutierte
man z.B. über die Frage, ob Frauen menschlich beseelte Wesen seien,
wobei man sich immerhin noch zu einer bejahenden Antwort durchrang. Doch
wird es klar sein, welche Folgen eine derartige "Thematik" für die
germanische Religion haben mußte, in der schon laut Tacitus die Frau
eine besondere priesterliche Funktion besaß.
Auch vor ganz primitiven Sticheleien gegen volkstümliche Bräuche
schreckten die Bekehrer nicht zurück: So verbot Cäsarius v. Arles
(469- 542) das kultische Baden anläßlich der Johannisnacht (Jung,
S. 227).
Um die Mitte des 6. Jahrhunderts bemühte sich der christliche Missionar
Wulflach um die Christianisierung der Landbevölkerung im Trierischen.
Dabei stieß er auf einen ausgedehnten Bilderdienst, der sich besonders
um eine von Gregor von Tours so bezeichnete Göttin namens Diana rankte.
Erst nach längeren Bemühungen gelang es dem Fanatiker, einige
Menschen aus der Bevölkerung auf seine Seite zu ziehen: Erst mit ihrer
Hilfe gelang es ihm, die Statue der Göttin und eine ganze Reihe ähnlicher
Bildnisse zu zerstören.
Als Radegund, die Gemahlin Chlotars I.( herrschte 558 - 561) auf einer
Fahrt von Thüringen nach Frankreich an einem fränkischen Heidentempel
vorbeikam, gebot sie ihrem Gefolge, diesen anzuzünden. Die Franken
wehrten sich zwar, aber Radegund setzte ihren Willen durch, da sie eine
glaubenseifrige Christin war (Vita Sanctae Radegundis, zit. b. Golther,
S. 595).
Der "heilige" Barbatus von Benevent (602-683) ließ einen von den
Langobarden kultisch verehrten Baum fällen. Anschließend sorgte
er dafür, daß Stamm und Wurzel so vergraben wurden, daß
man seine ursprüngliche Stelle nicht mehr finden konnte.
Im Jahre 612 stellten Columban und Gallus bei einer Missionsreise nach
Bregenz am Bodensee fest, daß die dortige Bevölkerung eine christliche
Kirche zweckentfremdet hatte. In der Wand einer Aureliakapelle waren drei
vergoldete Erzbilder angebracht, die das Volk anbetete. Gallus zerschlug
die Götterbilder und warf sie in den See (Golther, S.604).
So besaß der Missionar Amandus (gest. 679), der um das Jahr 625 herum
seine Missionstätigkeit in den fränkischen Grenzgebieten am Rhein
begann, eine staatliche Konzession für Zwangstaufen. In seiner Lebensbeschreibung
wird angegeben, daß sie ihm von dem fränkischen König Dagobert
I. (629- 639) erteilt worden sei. In Gent legte er sich (vermutlich mit
irgendwelchen Taschenspielertricks) das Image eines Wundertäters zu
und konnte damit einige Einheimische "überzeugen": Mit ihrer Hilfe
verwüstete er zahlreiche Tempel und Götterbilder. Dieser Amandus
versuchte seine missionarische "Erfolgsbilanz" auch dadurch aufzubessern,
daß er massenhaft Sklaven ankaufte, um sie anschließend zu
taufen. Diese waren ja dann sein Eigentum und konnten sich nicht wehren.
Karl Martell (714-741) unterstützte die kirchliche Missionstätigkeit
mit einem generellen Verbot heidnischer Bräuche, das von seinem Sohn
Karlmann bestätigt wurde.
Der Wanderbischof Pirminius (714 - 753), der neben dem Kloster Reichenau
am Bodensee noch zahlreiche andere Klöster gründete, fällte
bei dem Ort Ober-Alteich eine heilige Eiche.
Childerich III. gab im Jahre 743 ein Edikt bekannt, in dem generell alle
Formen heidnischer und magischer Praktiken verdammt wurden.
Im gleichen Jahr fand in Liftinae unter dem Vorsitz von Bonifatius eine
Synode statt, in der ein umfangreiches Verzeichnis von religiösen
und magischen Gebräuchen aufgestellt wurde, der sogenannte "Indiculus
superstitionum et paganiarum". Damit war ein Leitfaden geschaffen worden,
mit dem man definitiv feststellte, was an volkstümlichen Bräuchen
unerwünscht oder verboten sein sollte. Auf Befehl Karlmanns, des Herzogs
der Ostfranken sollte jeder Zuwiderhandelnde eine Summe von 15 Solidi an
Strafe zahlen.
Leider sind uns von den insgesamt dreißig Kapiteln nur noch die Überschriften
erhalten geblieben, so daß wir nur mutmaßen können, welche
Praktiken und Riten wirklich gemeint sind. Aber vielseitig ist dieser Katalog,
in dem vom Totenkult, unsauberen Festen im Februar, Götterhütten,
Waldheiligtümern, Zaubersprüchen, Opferbrunnen, Notfeuern und
Mondzauber die Rede ist.
Es ist allerdings anzunehmen, daß viele der angesprochenen Bräuche
wie auch z.B. die in den berühmten Bußbüchern erwähnten
in Wahrheit nur Projektionen des bereits untergegangenen griechisch-römischen
Heidentums auf die germanische Religion gewesen sind. Dieter Harmening
hat in einer Untersuchung (Superstitio, Berlin 1979) darauf hingewiesen,
daß viele Redewendungen aus derlei Sündenkatalogen jahrhundertelang
immer wieder mit der gleichen Formelhaftigkeit aufgeführt werden.
Es sind demzufolge in vielen (nicht in allen
Fällen) A n n a h m e n darüber, womit sich die Bekehrten
beschäftigten, nicht ein objektives, aus der unmittelbaren Anschauung
geborenes Wissen. Solche Angaben als Quellenmaterial für die
Religion der Unterdrückten zu verwenden, ist deshalb nicht unbedingt
zu empfehlen. Es wäre ungefähr genauso, als wenn man eine Bild-Zeitung
aus dem Jahre 1955 als Quelle zur Entwicklungsgeschichte des russischen
Marxismus heranziehen würde.
Dennoch ermöglicht uns die Rigorosität, mit der man zumindest
versuchte, das heidnische Denken zu katalogisieren, wie ernst es den christlichen
Monarchen mit der Zerstörung des Alten war.
Um das Jahr 700 herum, nach dem Sieg Pippins über die Friesen, führte
der Missionar Willibrord systematische Zwangstaufen durch. Im Jahre 694
besuchte er auf einer Missionsreise den Ort Walcheren, und zerstörte
ein dort befindliches Heiligtum. Die Hüter des Tempels setzten sich
dagegen bewaffnet zur Wehr, allerdings ohne Erfolg (Golther, S.466). Sicher
kann man daraus den Schluß ziehen, daß die Bekehrer über
administrative Schergen verfügten, die ihnen bei der "Überzeugungsarbeit"
behilflich waren.
Die Annahme der Taufe war oft die Vorraussetzung für das weitere
Anrecht auf Leben und Besitz. Als großer Höhepunkt der erfolgreichen
Missionsarbeit galt dann natürlich das Fällen der heiligen Donarseiche
bei Geismar (gegen 722), die in einem Stammesheiligtum lag. Diese Schändung
eines heidnischen Heiligtums nahm man als Beweis für die Hilf- und
Leblosigkeit der alten Götter, doch hätte der Missionar Wynfried-Bonifatius
sie nicht durchführen können, ohne eine entsprechende militärische
Gefolgschaft.
Bonifaz läßt an der gefällten Wotanseiche eine Kapelle bauen (Gemälde von Alfred Rethel, Kunstmuseum Düsseldorf)
Noch bis zum 30-jährigen Krieg wurde diese Untat von den Bewohnern
Geismars alljährlich gefeiert. Sie mußten sich zu diesem Zweck
nach Fritzlar begeben, wo auf dem sogenannten Fritzhof zum Andenken an
die Tat des Bonifatius ein Baum gefällt wurde.
Bonifatius wurde 671 in Wessex geboren und brachte fast sein ganzes Leben
damit zu, den verschiedenen germanischen Stämmen seine fremde Religion
aufzuzwingen.
Im Jahre 718 begab er sich nach Rom, wo er von Gregor II. den Auftrag erhielt,
Thüringen zu missionieren. Von 719-722 war er drei Jahre lang in Friesland.
722 führte ihn sein Missionseifer nach Hessen wo er mit der Gründung
des Klosters Amanaburg (Amöneburg) die fränkische Mission unterstützte.
Im gleichen Jahr weihte ihn der Papst in Rom auch zum Missionsbischof.
Im Jahre 724 missioniert Bonifatius wieder in Thüringen, wo er in
verstärktem Maße für die Durchsetzung der römischen
Kirchenpraxis arbeitet. Gregor III. ernennt ihn dann 732 zum Missionserzbischof,
wonach er sich hauptsächlich der Mission Bayerns widmet. Ab
753 stand für Bonifatius die friesische Mission im Vordergrund,
was sein unrühmliches Schicksal besiegelte. 754 zerschlägt
Bonifatius die Götterbilder in den Tempeln östlich der Zuidersee.
Im gleichen Jahr wurde er dann auch von erbitterten Heiden
seiner Untaten wegen umgebracht.
Eine solche Biographie wie die des Bonifatius widerlegt eindeutig die These,
daß der Terror der Christianisierung eigentlich der kriegerischen
Brutalität fränkischer Fürsten zuzuschreiben ist. Eher ist
es so gewesen, daß sich die Kirche dieser Mentalität gezielt
bedient hat, um ihre Ziele besser zu erreichen. Papst Zacharias (741-752)
beispielsweise ermahnte die Franken nicht zu Sanftmut und echter Überzeugungsarbeit.
Vielmehr forderte er den fränkischen Adel auf, den Kirchengesetzen
und Weisungen des Bonifatius Folge zu leisten, damit sie sich dadurch "den
Lohn des Sieges über alle Heidenvölker erwerben würden".
Trotz all dieser Zwangsmaßnahmen war das Heidentum einfach unausrottbar.
Nach der "Erstchristianisierung" waren deshalb alle möglichen Maßnahmen
notwendig, um zu verhindern, daß die Bevölkerung in heidnische
Praktiken zurückfiel. Pirminius war infolge dessen ausschließlich
damit beschäftigt, heidnische Gebräuche bei den bereits "bekehrten"
Alemannen zu bekämpfen. Zu diesem Zweck hatte er ein eigenes Missionshandbuch
namens "Scarapsus" herausgegeben, in dem diese verwerflichen Dinge aufgelistet
wurden.
In Hessen und Thüringen soll es in der Wende vom 7. zum 8. Jhdt. noch
starke heidnische Restpotentiale gegeben haben. Die Thüringer wurden
im Jahre 724 von Gregor II. dazu ermahnt, eine Abkehr vom Götzendienst
zu vollziehen und sich taufen zu lassen. Bonifatius stößt bei
seinen dortigen Missionsbemühungen auf einen "massiven heidnisch-
christlichen Synkretismus" (Heinz Löwe), auf häretische und irreguläre
Geistliche, die noch im Jahre 732 dem Gott Donar opferten und Opferfleisch
aßen.
Doch w i e tief verwurzelt die "götzendienerischen Gebräuche
bei Hessen und Thüringern noch waren, zeigt ein Schreiben von Papst
Gregor III.(731-741), das er 737/38 an Adel und Volk jener Stämme
richtete: "Ihr aber, Teuerste, die ihr im Namen Christi getauft seid und
Christus angezogen habt, laßt ab und haltet euch fern von jeglichem
Götzendienst, nicht nur euch selbst, Teuerste, zum Besseren leitend,
sondern auch eure Untergebenen. Wahrsagen und Losdeuten, Totenopfer, das
Ausspähen nach Vorzeichen in Hainen und bei Quellen, Amulette, Beschwören,
Zauber und Hexen und alle gotteslästerlichen Gebräuche, die bei
euch im Schwang sind, verachtet und verabscheut ganz und gar..."
In einem gleichfalls um diese Zeit verfaßten Brief an die Bischöfe
Baierns und Alamanniens wendet er sich ausdrücklich gegen Brauch und
Lehre des Heidentums sowie mit besonderem Nachdruck gegen die Totenopfer.
Wenn man bedenkt, daß nach A. Birlinger bei den Allemannen noch um
1200 einzelne Gemeinden zum Heidentum zurückgekehrt waren, kann man
sich die Schärfe der geistigen Auseinandersetzung vorstellen (zit.
b. Jung, S. 488).
Bonifatius stand in allen Detailfragen in intensivem Schriftwechsel mit
Papst Zacharias. So teilt ihm der Papst in einer Anweisung auf Anfrage
ausdrücklich mit, daß sich die bekehrten Christen vom Genuß
der Dohlen, Krähen, Störche, Biber, Hasen und wilden Pferde enthalten
sollten. Offenbar deshalb, weil mit diesen Tieren rituelle Opferbräuche
verbunden waren. Schon Gregor III (731-741) hatte ihm mitgeteilt, daß
er auf keinen Fall mehr das Essen von Pferdefleisch zulassen solle, denn
es sei "unrein und verabscheuenswert".
Der von Bonifatius zum Bischof von Würzburg ernannte Burchard (gest.
754) hielt regelrechte Hetzpredigten gegen die überlieferte Religion,
wie z.B. die folgende: "Wir mußten hören, daß einige von
euch bei Bäumen ihre Gelübde einlösen, zu Quellen beten
und teuflische Wahrzeichen beobachten... Dann gibt es - und das ist noch
schlechter - Unselige und Elende, die sich nicht allein sträuben,
der Heiden Heiligtümer zu vernichten, sondern sogar die schon zerstörten
ohne jegliche Scham wieder aufzubauen wagen !... Verbrennet die verdammten
Heidenbäume bis zur Wurzel, zerbrecht die Altäre des Teufels
!" (Aus Homilie 23, W. Boudriot,zit. i. R. Oldenbourgs geschichtliches
Quellenwerk, S.111). Der Missionar Willehad
(gest. 789) führte in der Provinz Drenthe einen Feldzug gegen alte
Heiligtümer, von denen er auch mehrere vernichten konnte.
Liudger (gest. 809), von katholischen Schreibtischtätern gern als
"Apostel der Friesen" tituliert, machte das Heiligtum auf der Insel Fosite
(Helgoland) dem Erdboden gleich.
Auf dieser Insel befanden sich eine heilige Quelle sowie heilige, dem Gott
Fosite geweihte Tiere (vermutlich Rinder). Ohne Bedenken taufte er in dieser
Quelle drei Menschen und ließ von dem Vieh nach seinem persönlichen
Nahrungsbedarf eins nach dem andern schlachten (Herrmann, S. 505).
Im Jahre 776 sandte ihn Bischof Alberich in die friesischen Gebiete östlich
der Laubach. Sein Auftrag: Zerstörung sämtlicher Tempel. Die
bei dieser Gelegenheit erbeuteten Schätze gingen zu zwei Dritteln
an König Karl, zu einem Drittel an das Bistum Utrecht (Golther, S.608).
Mit Kaiser Karl schließlich wurden die Franken, nach der Lex Salica
"das auserwählte Volk der katholischen Christenheit" die Speerspitze
des Kampfes gegen das mitteleuropäische Heidentum.
Manche Historiker heben besonders hervor, daß Karl die Macht der
Kirche auf das Geistliche beschränkt hätte und auf diese Weise
eine Art "Staatskirche" geschaffen hätte, bei der er selbst immer
ein Wort mitzureden hatte. Doch ändert dieser Sachverhalt auch nicht
das Geringste an der wirtschaftlichen Macht, die er dem Klerus verschaffte:
Erst Karl erkannte die Abgabe des "Zehnten" gesetzlich an und setzte sie
auch durch. Das war ein eminent wichtiger Schritt für die kirchliche
Machtentfaltung, hatte sie doch bereits sehnsüchtig seit zwei Jahrhunderten
auf dieses Privileg gewartet. Denn bereits im Jahre 585 auf der 2. Synode
von Macon war eine derartige Forderung erhoben worden ! (Heussi, S.166).
Karls Person dokumentiert eine Vorgehensweise, die die Kirche tausendfach
bis zum heutigen Tage immer wieder angewandt hat: Indem man die Persönlichkeiten
der Herrschenden und ihrer Familien umformte und durch Hofgeistliche unter
Kontrolle hielt, brachte man diese dazu, die Interessen des eigenen Volkes
zu verraten sowie befreundete Stämme und Völker zu vernichten.
Nur in diesem Sinne kann der fränkische Imperialismus gegen Friesen,
Sachsen und Osteuropäer verstanden werden, nicht aber als Keimzelle
einer späteren deutschen Kultur. Karl wird für uns stets Sinnbild
eines Gewaltherrschers bleiben, dessen Machtgier sich mit dem Glauben an
das gute Werk der Zwangsbekehrung unlöslich verband. Das im Jahre
785 erlassene Reichsgesetz "Capitulatio de partibus Saxoniae" trägt
für alle Zeiten deutlich den Stempel katholischen Hasses, der sich
staatlicher Zwangsmaßnahmen bedient.
Nach diesem Gesetz war es unter anderem vorgesehen, daß all jene,
die noch heimlich die alten Riten verrichteten, von ihren Mitmenschen denunziert
und ausgeliefert werden. Wer sich dieser Bestimmung nicht beugte, wurde
von seinem Hof vertrieben (deportiert) und in fremden Gegenden angesiedelt.
Einige auszugsweise Zitate aus diesem "Gesetzbuch" sollen seinen Charakter
verdeutlichen:
Kptl.1: "Zunächst wurde bei den schwereren Satzungen von allen dies beschlossen, daß die Kirchen Christi, wie sie in Sachsen errichtet und Gott geweiht wurden, nicht geringerer Ehre haben sollen, sondern größere und hervorragendere als die Heiligtümer der Götzen hatten."
Kptl.3: "Wenn jemand in eine Kirche eindringt und ihr gewaltsam oder dieblich etwas wegnimmt oder diese Kirche durch Feuer einäschert, sterbe der des Todes."
Kptl.4: "Wenn jemand die heilige 40-tägige Fastenzeit zwecks Herabsetzung des Christentums verschmäht und Fleisch ißt, sterbe er des Todes; aber dennoch werde vom Pfarrer darauf geachtet, ob nicht vielleicht auf Grund von Not dies bei einem dahin gekommen ist, daß er Fleisch aß."
Kptl.5:
"Wenn jemand einen Bischof oder Priester oder Diakon tötet, werde
er in gleicher Weise mit dem Tode bestraft."
Diese
Bestimmung ist außergewöhnlich, auch wenn es auf den ersten
Blick nicht so scheint. Denn es gab damals durchaus die Möglichkeit,
die Tötung eines Menschen durch eine Geldbuße wiedergutzumachen.
Hier wird also dem Leben eines Klerikers ein höherer Wert eingeräumt,
als dem eines Normalmenschen.
Kptl.7: "Wenn jemand den Körper eines verstorbenen Mannes nach dem Brauch der Heiden durch Feuer verzehren läßt und seine Gebeine zu Asche macht, werde er mit dem Tode bestraft."
Kptl.8: "Wenn jemand im Volke der Sachsen fürderhin unter ihnen versteckt und ungetauft sich verbergen will und es verschmäht, zur Taufe zu kommen, und Heide bleiben will, sterbe er des Todes."
Kptl.10: "Wenn jemand mit den Heiden eine Verschwörung gegen die Christen eingeht oder mit ihnen in Gegnerschaft zu den Christen verharren will, sterbe er des Todes; und wer auch immer ebendies hinterlistig gegen den König oder das Volk der Christen verabredet, sterbe des Todes."
Kptl.16: "Und dies ist durch Christi Gnade beschlossen, daß Kirchen und Pfarrern der zehnte Teil gegeben werde, wann auch immer irgendeine Abgabe an den Fiskus gelangt, sei es als Friedensgeld, sei es als irgendeine Bannbuße oder als sonstige Leistung, die dem König gebührt."
Kptl.17: "In gleicher Weise schreiben wir nach Gottes Gebot vor, daß alle den zehnten Teil des Vermögens und ihres Erwerbes den Kirchen und Pfarrern schenken und so Adelige und Freie und in gleicher Weise auch Halbfreie ihren Teil Gott zurückgeben sollen, wie ihn Gott jedem Christen gegeben hat."
Kptl.21: "Wenn jemand bei den Quellen oder Bäumen oder Hainen seine Andacht verrichtet oder etwas nach der Sitte der Heiden darbringt und zur Ehre der Dämonen ißt, (büße er), wenn er Adeliger ist, 60 Schillinge, wenn Freier, 30, wenn Halbfreier 15; wenn sie aber nichts haben, womit sie auf der Stelle bezahlen können, sollen sie zum Dienst der Kirche geschenkt werden, bis diese Schillinge bezahlt sind."
Kptl.23: "Wir setzen fest, daß man Weissager und Zauberer den Kirchen und Pfarrern überliefern soll."
(Übersetzt v. Karl August Eckhardt, zitiert bei Prof.Dr. O. Reche, Kaiser Karls Gesetz, Leipzig 1935).
Dieses Gesetz demonstriert also die frohe Botschaft des göttlichen
Erlösers in Form von legalisiertem Mord, Enteignung und Sklaverei.
Es ist ein einmaliger Schandfleck der "abendländischen" Rechtsgeschichte.
Es ist im Übrigen bezeugt, daß Karls bevorzugter Lesestoff das
Werk des Kirchenvater Augustin "Der Gottesstaat" war.
Aufschlußreich ist auch das Zwiegespräch zwischen Priester und
Täufling, das sogenannte altsächsische Taufgelöbnis, das
Ferdinand von Fürstenberg in der vatikanischen Bibliothek entdeckt
hatte und 1699 zum ersten mal veröffentlichte:
"Entsagst
du dem Teufel ?
Ich
entsage dem Teufel.
Und
aller Teufelsgilde ?
Und
ich entsage aller Teufelsgilde.
Und
allen Teufelswerken ?
Und
ich entsage allen Teufelswerken und Worten dem Thunaer und Woden
und Saxnote und allen den Unholden, die ihre Genossen sind."
Gleich zu Beginn des Sachsenkrieges im Jahre 772 vernichtete Karl eines der wichtigsten sächsischen Kultgegenstände: Die Irminsul, die eine symbolische Verkörperung des Weltbaumes bzw. der Weltsäule dartellte. Sie stand ursprünglich bei Altenbeken nordöstlich von Paderborn im obersten Heiligtum der Sachsen.
Sturz der Irmensäule durch Karl den Großen 772 (Gemälde von Alfred Rethel)
In Magdeburg gab es eine Statue der Göttin Freya, das wahrscheinlich
römischen Ursprungs war und möglicherweise ursprünglich
die Venus verkörperte. Es wurde gleichfalls von Karl zerstört,
wie eine alte Chronik zu berichten weiß (Vulpius, S.150)
Ein Höhepunkt des fränkisch-katholischen Terrors war dann die
Ermordung von 4500 Sachsen in Verden an der Aller im Jahre 782.
Massenmorde gehörten in dieser Sippe offenbar zur Familientradition:
Hatte doch schon Karls Onkel Karlmann im Jahre 746 bei Cannstadt einige
tausend Alemannen umzingeln und ermorden lassen, die sich, seinem Versprechen
auf freies Geleit vertrauend, unbewaffnet eingefunden hatten.
Im Jahre 785 ließen sich Widukind und Abbio angeblich in Attigny
taufen. Aber schon 792 erhoben sich die Bauern in den nördlichen Gauen
aufs neue, da sie nicht mehr bereit waren, weiterhin den Zehnten zu zahlen.
Karl reagierte daraufhin mit blutigem Terror und Massendeportationen von
tausenden von Sachsen in fränkische Gebiete.
Es ist kein Wunder, daß sich die Kirche bei der Energie, die sie
in das Missionsgeschehen investierte, irgendwann einmal auch Gedanken über
die Religion der Gegner machen mußte.
Bereits Augustinus hatte sich in seinem "Gottesstaat" in umfänglicher
Weise mit der antiken Mythologie und Religionsphilosophie beschäftigt,
wobei er allerdings am Ende zu dem Schluß kommt: "...alle Götter
der Völker sind Dämonen, aber der Herr hat den Himmel gemacht".
Die späteren Bekehrer verzichteten ganz auf philosophische Disputationen,
ihnen reichten physische Gewalt, Gesetze und Verbote.
Mit einer danach ausgerichteten "Rechtsprechung" wurde nun auch in immer
stärkerem Maße juristisch festgeschrieben und bekräftigt,
was zuvor durch physische Gewaltmaßnahmen erreicht worden
war.
Das einzige, was die Verzeichnisse heidnischen Aberglaubens aber wirklich
verraten, ist die Intensität des Kampfes gegen die alte Religion,
die Inbrunst des Hasses und der Bevormundung gegenüber dem Volk.
Trotz der monotonen Diktion der Bußbücher und der zahlreichen
Gesetze gegen heidnisch-magische Praktiken, in denen schon fast mechanisch
immer wieder die alte Religion verdammt wird, sollte man niemals vergessen:
Jedes einzelne Dokument dieser Art ist ein Anschlag auf die religiöse
Menschenwürde, eine schlagende Widerlegung der betulichen Sprüche
von einer sich damals entfaltenden "christlich-abendländischen" Kultur.
Wie hätte sich die germanische Kultur der späten Epoche der Völkerwanderung
erst entfalten können, wenn nicht christliche Dogmatiker ständig
das Schöpferische in den Menschen blockiert und deformiert hätten
!
Sowohl im sechsten, siebenten als auch im achten Jahrhundert hatte es laufend
Konzilsbeschlüsse gegeben, die strenge Verdammungsurteile gegen jegliche
Art von Magie beinhalteten. Die Kirchenversammlung
von Nancy (789) bestätigte die Vorgehensweise Kaiser Karls, indem
sie die Zerstörung von Kultstätten zum Gebot erhob: "Auch die
Steine, die das durch Dämonenblendwerk getäuschte Volk an den
Trümmerstätten in den Wäldern verehrt...sollen von Grund
aus ausgegraben und an einen solchen Ort geworfen werden, wo sie von ihren
Verehrern niemals wieder aufgefunden werden können." (zit. bei Erich
Jung, S. 132).
So sprach das Konzil von Tours im Jahre 813 eine heftige Warnung vor der
Benutzung von Zaubersprüchen zur Heilung Kranker oder Sterbender aus:
Sie würden keine Hilfe bieten, sondern lediglich Illusionen
oder Tricks des Teufels darstellen. Interessanterweise wird hier noch zugestanden,
daß Magie prinzipiell auch zum Nutzen der Menschen angewandt wurde
und nicht allein zu ihrem Schaden - ein Gesichtspunkt, der bei der späteren
Welle der Hexenprozesse schon gar kein Gehör mehr fand.
Das Konzil von Paris 829 bekräftigte den kirchlichen Vernichtungswillen:
Es bezeichnet in einer Entschließung der versammelten Kleriker unter
anderem Magie, Astrologie, Zaubersprüche und Traumdeutung als "Vermächtnis
des Heidentums" und fordern die strengste Bestrafung jener, die sich mit
diesen Praktiken befassen - gleich ob es sich um Männer oder Frauen
handele.
In die Praxis wurde das z.B. im Jahre 847 umgesetzt, als bei den Sachsen
eine Seherin namens Thiota auftrat, die mit der Verkündung des bevorstehenden
Weltuntergangs großen Widerhall im Volk fand. Sie wurde von einer
Bischofsversammlung wegen ihrer unchristlichen Lehren zum Staupenschlagen
verurteilt (Jung, S.463). So können wir immer wieder feststellen,
daß nicht nur die Bekehrungswut sondern auch der heidnische Widerstand
massiv waren - entgegen allen kirchlichen Behauptungen einer freiwilligen
Annahme des Christentums.
Karl der Kahle sagte im Jahre 873 den in letzter Zeit in seinem Reich zahlreich
aufgetretenen Zauberern und Hexen den Kampf an und bedrohte sie mit der
Todesstrafe.
Einzelne Beispiele aus jenen Machwerken bezeugen dennoch immer wieder,
wie vergeblich und fern aller wirklichen Bedürfnisse des Volkes die
Christianisierungsbemühungen wirklich waren. Burkhard von Worms (gest.
1024) fühlte sich noch bemüßigt, seine "Schäfchen"
anzuweisen, "man soll ausreißen und verbrennen die den Unholden geweihten
Bäume, die das Volk anbetet und in solcher Verehrung hält, daß
es keinen Ast abzureißen wagt."
Ein Bischof Unwan von Bremen war dafür bekannt, daß er bei den
abgelegenen Bewohnern seines Bistums heilige Wälder, in denen noch
den Göttern geopfert wurde, zerstören ließ, um von dem
dabei erbeuteten Holz neue Kirchen zu bauen. (Golther, S.593)
Es ruft schon eine etwas seltsame Stimmung hervor, wenn wir bedenken, daß
die Männer, deren Untaten wir in diesem Kapitel geschildert haben,
die Grundlagen des "Heiligen römischen Reiches" gelegt haben.
Da stellt sich schon die Frage, ob so etwas unseres Stolzes wert ist oder
ob es nicht besser gewesen wäre, wenn sich das Europa des Mittelalters
als eine Konfiguration von freien Stämmen entwickelt hätte.
Künstlerischen und literarischen Reichtum gab es auch in den vorchristlichen
Kulturen. Es gibt sehr zu denken, wenn ein christlicher Autor, Erwin Rudert,
hämisch bemerkte, "daß um des Reiches willen" der heidnische
Widerstand gebrochen werden m u ß t e. Und er weist auch darauf
hin, daß erst unter den christlich gewordenen Germanen der
"Gedanke des Reiches" überhaupt erst entstand (E. Rudert in: Brennende
Gegenwartsfragen, Hrsg. Helmut Kern, Neuendettelsau 1934, S.61 f). In der
Tat sollte also die katholische Kirche, bevor sie sich über angeblichen
deutschen Chauvinismus mokiert, darüber meditieren, inwiefern sie
selbst historisch an seiner Entstehung mitgearbeitet hat.
Es waren aber nicht nur der sächsische und friesische Stamm, der dem
System der Zwangschristianisierung und Vernichtung der altheidnischen Religion
ausgesetzt war.
So wurden die Slowenen bereits im 8. Jhdt. von Salzburg aus missioniert
, ebenso auch etwa zur gleichen Zeit die Main- und Regnitzwenden, die Karantanen(Kärnten)
und Tschechen.
Im Jahre 863 begeben sich Cyrillus und Methodius zu den Mähren, denen
sie ein künstliches, selbst ersonnenes Alphabet sowie Bibel und Liturgie
aufdrängten.
Die im Gebiet Pannoniens (z.T.Territorium des heutigen Jugoslawien) lebenden
Stämme, die vermutlich von Ostgoten abstammten, wurden erst gegen
798 durch Bischof Arn von Salzburg christianisiert. Da wird von einem Fürst
namens Ingo berichtet, der sich weniger physischer Gewalt als vielmehr
raffinierter sozialpsychologischer Mittel bediente, um das Christentum
bei seinem Volk einzuführen. Beispielsweise lud er Herren mit ihren
Sklaven zu sich ein, wobei er die bereits getauften Sklaven zur Tafel bat,
an der sie vornehm mit goldenem Geschirr bewirtet wurden. Deren Herren
jedoch wurde das Essen vor der Tür in tönernen Gefäßen
auf die Erde gestellt. Als sich die Sklavenhalter über die herablassende
Behandlung beschwerten, antwortete ihnen Ingo: "Nicht seid ihr würdig
mit ungewaschenem Leibe mit den aus dem heiligen Quell Wiedergeborenen
an der gleichen Tafel zu sitzen. Euch ziemt es gleich Hunden vor dem Hause
euere Speisen zu verzehren..." Natürlich machte ein solches "Apartheidsystem"
keine Schule, aber es war doch wohl kennzeichnend für die christliche
Einstellung gegenüber Menschen eines anderen Glaubens.
Auch den Stämmen im östlichen Einzugsgebiet Mitteleuropas (Wenden,
Obotriten, Liutizen) erging es nicht anders:
Wie wir noch aus der Missionierungsgeschichte erfahren, hingen die Wenden
offenbar sehr an ihrer einheimischen Religion mit einer ähnlichen
Zähigkeit wie die Sachsen oder die Isländer. Sie wurden erst
wesentlich später als andere osteuropäische Stämme und auch
die meisten Germanenstämme christianisiert, nachdem Heinrich I. und
Otto d. Große ihr Siedlungsgebiet dem Deutschen Reich unterworfen
hatten. Erst 948 wurden die Bistümer Havelberg und Brandenburg, sowie
968 das Erzbistum Magdeburg eingerichtet, ohne daß man damit hinsichtlich
der Zwangschristianisierung schon sehr viel erreicht hätte. Im sogenannten
Wendenaufstand der Liutizen 983 zeigt sich die unversöhnliche Abneigung
der wendischen Heiden gegenüber dem fremden, aufgezwungenen Glauben.
Die Obodriten zählten ebenso zu den erbitterten Gegnern des Christentums,
sie wandten sich im Jahre 1018 gegen die Mission, 1066 sogar mit vernichtender
Wirkung, wie katholische Geschichtsschreiber trübselig vermerken (Die
mittelalterliche Kirche , S.271). Der gleiche Autor führt als maßgeblichen
Grund für den langanhaltenden religiösen Widerstand der Liutizen
an, daß sie keine eigentlichen Stammesfürsten und eine pluralistische
Bundesverfassung besaßen !
Im Jahre 1108 war von Adelgot von Beltheim, Erzbischof von Magdeburg, der
Aufruf zu einem ersten Kreuzzug gegen die Wenden erlassen worden. Er endete
zwar mit einem Mißerfolg, dennoch dürfte es interessant sein,
sich einmal zu veranschaulichen, an welche "christlichen" Instinkte der
geistliche Herr dabei apellierte:
"Stehe auf, du Braut Christi, und komme ! Jene Heiden sind ganz schlecht,
aber ihr Land ist überreich an Fleisch, Honig, Getreide, Geflügel
und, wenn es erst bebaut wird, voll angefüllt mit aller Art von Früchten,
so daß keines mit ihm verglichen werden kann. So sagen jene, denen
es bekannt ist. Auf denn, ihr Sachsen, Franken, Lothringer, Flandrer, auf,
ihr hochberühmten Weltbezwinger, hier könnt ihr beides: eurer
Seele Heil erwirken und das fruchtbarste Land in Besitz nehmen zur dauernden
Wohnstatt, so es euch beliebt".
Über die Folgen derartiger Hetztiraden lesen wir beiläufig in
örtlichen Volkssagen, daß es so heftige Schlachten zwischen
Wenden und Deutschen gegeben soll, daß noch in der Gegenwart die
Erde vom Blut der Opfer rot gefärbt sein soll. Um Mitternacht würden
die Wenden vom Schlachtfeld auferstehen um um das Schicksal ihres Volkes
weinen ( Drewitz, S. 278).
Die Dörfer im Landkreis Lüchow-Dannenberg, im sog. Wendland,
haben noch heute Kirchen mit festungsartigem Charakter, die sich außerhalb
der Orte befinden: Ausdruck der militanten Anwesenheit einer unerwünschten
Missionierung.
Die Sorben blieben ebenfalls noch bis ins 13. Jhdt. heidnisch (Kompendium
d. Kirchengesch., 55).
Nach Helmut v. Glasenapp wurden die Saale-, Elbe- und Ostseeslaven erst
im 11. und 12. Jahrhundert bekehrt, d.h. noch wesentlich später als
Polen und Russen.
Es wird sogar behauptet, daß noch im 14. Jahrhundert im Bereich der
Saalequelle lebende Heiden getauft wurden ! (Nach H. Gradl, Gesch. d. Egerlandes,
1893, erwähnt bei Erich Jung, S. 194)
Besonders verdient machten sich um diese Aufgabe die Orden der Zisterzienser
und Prämonstratenser. Letztere wurden 1126 durch Norbert von Xanten,
Erzbischof von Magdeburg zur Slawenmission aufgerufen.
Dieses Bekehrungswerk wurde auf die gleiche fanatisch-intolerante Weise
betrieben, wie auch in andern Teilen Europas:
König Waldemar von Dänemark inszenierte zusammen mit Erzbischof
Askel und Bischof Absalon von Roskilde im Jahre 1147 einen neuen Wendenkreuzzug,
den die Verantwortlichen unter das unmißverständliche Motto
"Ausrottung oder Bekehrung !" stellten.
Auf diesem Raubzug wurden von den "geistlichen Herrn" u.a. Brandschatzungen
größten Ausmaßes verübt und 60 Schiffe mit Gütern
erbeutet. Nach Angaben der Knytlingasaga wurden allein in Rügen 300
000 Menschen getötet, bei Garz 1100 und in Jomsburg/Steinborg 6000
Menschen !
Der Bischof Geroldus zerstörte z.B. den heiligen Hain des Gottes Prowe
in Stargard durch Brandstiftung. Heinrich der Löwe zerstörte
zahlreiche Tempel wie z.B. in Rhetra, einer Hauptstätte des obotritischen
Heidentums (1150). Arkona, das zentrale Heiligtum der Ranen auf der Insel
Rügen wurde von Waldemar I.(König v. Dänemark)1168, wie
auch von Bischof Absalon dem Erdboden gleichgemacht und geplündert,
wobei der Tempelschatz zum Kirchenbau verwendet wurde. Außerdem ließ
er die Statue des dort verehrten Gottes Svantevit stürzen und verbrennen.
Bei Leipzig gab es eine heilige Linde des wendischen Gottes Flins, die
von Bonifatius zerstört wurd (Vulpius, S. 143). Und ferner berichtet
Vulpius an gleicher Stelle: "In der Lausitz liessen sein Bild der Kaiser
Lothar und der Erzbischof Adelgot zu Magdeburg vernichten, zerbrechen und
zerstören."
Niemand wird es deshalb dem mythischen wendischen Held Plusso übelnehmen,
daß er aus Wut über jenen christlichen Hochmut den missionierenden
Bischof Johannes von Mecklenburg eigenhändig enthauptete (zu Rhetra).
Die Unterwerfung der Obodriten durch Heinrich d. Löwen erfolgte erst
im Jahre 1160.
Auf besonders raffinierte und schäbige Weise vollzog sich die Bekehrung
der Pommern. Diese waren durch die Großmachtsbestrebungen des polnischen
Fürsten Boleslaw schon um ihre Eigenständigkeit gekommen, doch
sollte der bisherige Pommernherzog seine Stellung um den Preis der Übernahme
des Christentums behalten. Da Boleslaw selbst nicht dazu in der Lage war,
bat er den wegen seines guten Geschäftssinnes im Immobilienbereich
bekannten Otto v. Bamberg, den Pommern das Christentum zu bringen. Während
zweier Missionsreisen, 1124 und 1128 bemühte sich Otto um diese Aufgabe
mit Erfolg. Zuerst taufte er den Herzog der Pommern, Wratislaw, der daraufhin
erst einmal alle seine Nebenfrauen entließ und auch sonst die Einhaltung
"christlicher Sitten" versprach. Als sich der Bischof jedoch nach Wollin
begab, kam es zu erheblichem Widerstand der einheimischen Bevölkerung:
Es kam zu einem wüsten Handgemenge, Otto v. Bamberg wurde geschlagen
und von einem Bootssteg aus ins Wasser geworfen. Verhandlungen waren dann
nur noch durch den Austausch von Kundschaftern möglich. Von diesen
erfuhr Otto, daß sie eventuell das Christentum annehmen würden,
wenn es die Bewohner von Stettin auch täten.
Kaum dort eingetroffen merkte der Bischof, daß er auch hier auf Granit
biß: Trotz wochenlanger Verhandlungen blieben die Stettiner hart
und weigerten sich standhaft, ihre einheimische Religion aufzugeben. Also
"überzeugte" Otto die Stettiner mit einem anderen "Argument". Er teilte
ihnen kurzerhand mit, daß er eine Botschaft an den polnischen Herzog
Boleslaw senden müsse, um sich nach möglichen weiteren Schritten
zu erkundigen. Entweder also eine Unterwerfung unter den fremden Glauben
oder ein kriegerischer Überfall durch die Polen: Das waren die Alternativen,
die der missionierende Kirchenfürst dem kleinen unabhängigen
Stamm an der Ostseeküste anzubieten hatte.
Die Pommern versuchten nun ihrerseits, die Initiative in der Hand zu behalten
und wandten sich mit einer eigenen Botschaft an den polnischen Herzog:
Sie wären bereit, das Christentum anzunehmen, wenn ihnen ein großer
Teil der jährlichen Tributzahlungen erspart bliebe. Diese Regelung
konnte Boleslaw akzeptieren und so beugte man sich zähneknirschend.
Vier heidnische Tempel gab es in Stettin, die Otto mit seinem Gefolge dem
Erdboden gleichmachte. Bei dem bedeutendsten Heiligtum, dem Tempel Triglavs,
griff er angeblich selber zur Axt, um das Vernichtungswerk auszuführen.
Die Statue des dreiköpfigen Gottes Triglav, wurde gestürzt.Die
drei abgehackten versilberten Köpfe wurden Papst Calixt II. als Zeichen
erfolgreicher Mission übersandt.
Das Schwarze Roß Triglavs, daß von den Priestern für ihre
Orakel benutzt worden war, ließ Otto außer Landes führen
und verkaufen. In der Nähe des einstigen Triglavtempels wurde dann
schließlich eine Kirche des heiligen Adalbert gebaut.
Das Pamphlet von Ottos Biograph, eines Prüfeninger Mönches, strotzt
nur so vor haßerfüllten Anspielungen: Vom "Schmutz des Götzendienstes"
und "dem dummen Heidenvolke" ist die Rede, und daß das Holz der Götterbilder
besser zum "Feuermachen und Kohlkochen" diente als zur vorherigen Verehrung
(zit. Dr. Anton Mayer,R. Oldenbourgs geschichtl. Quellenwerk, Berlin u.
München o.J.).
Was Otto mit physischer Gewalt und diplomatischem Raffinement begonnen
hatte, setzte er mit Umerziehung zu neuen gesellschaftlichen Maßstäben
fort. So wurde besonderer Wert darauf gelegt, daß die Pommern anstelle
der bisherigen Polygamie die konsequente Monogamie praktizierten
und wandte sich auch mit Vehemenz gegen die Ehe zwischen Blutsverwandten.
Auch in Wollin vollzog sich das gleiche Trauerspiel, wurden Kirchen gebaut
und Massentaufen durchgeführt.
Doch, wie der Katholik Dr. Georg Beck mit bitterer Miene mitzuteilen weiß,
"die finstere Macht der heidnischen Götzen und Dämonen war noch
nicht völlig gebrochen. Sie nistete in manchen trotzigen Seelen wie
die heimlich geborgenen Götzenbilder in hohlen Baumstümpfen und
anderen Verstecken." (Dr. Georg Beck, der heilige Otto v. Bamberg, Bamberg
1962). Schon zweieinhalb Jahre später hatten sich die Pommern wieder
ihrer alten Religion zugewandt, stellten ihre im Geheimen bewahrten Götterbilder
auf die christlichen Altäre und begannen sich auf eine kriegerische
Auseinandersetzung um die Erhaltung ihres Glaubens vorzubereiten. Ihr eigener
Herzog Wratislaw ließ sein Volk im Stich und schrieb angsterfüllte
Bittbriefe an Otto, doch seine fehlgeschlagene Mission zu retten. Und so
trat dieser zu einem neuen "Kreuzzug" an, diesmal mit ausdrücklicher
Unterstützung des deutschen Kaisers, der gerade den Stamm der Liutizen
bekriegte.
Auf der Insel Usedom hielt Otto dann eine eindringliche Hetzpredigt vor
dem versammelten pommerschen Adel, worauf dieser auch klein beigab. Doch
das Volk hätte Otto und seine Sendboten am liebsten ermordet, was
bei den beiden Missionaren Udalrich und Albuin um ein Haar geschehen wäre.
In dem Ort Gützkow leisteten das Volk gemeinsam mit der Priesterschaft
Widerstand gegen die Zerstörung ihres Heiligtums.
Unter anderem gab es hier einen Nußbaum von wunderbarer Schönheit,
den Otto abholzen ließ, was beinahe zu seiner Ermordung führte.
Dr. Beck vermerkt genüßlich, daß auch dieser Kampf gegen
die neue "Religion" so endete, wie überall in Europa: Die Tempel wurden
mit Äxten und Hacken zerschmettert, den Götterbildern Hände
und Füße abgehackt und diese in Scheiterhaufen verbrannt. All
das änderte nichts an der Tatsache, daß Otto noch mehrmals auf
seiner Missionsreise von erbosten Heiden angegriffen wurde. Nun,
über die Stärke der mit ihm ziehenden bewaffneten Streitmacht
schweigen sich die Chronisten aus. Noch ein halbes Jahrhundert nach Ottos
Tod brachte der pommersche Herzog Boguslaw I. die Demütigung seines
eigenen Volkes damit sinnfällig zum Ausdruck, daß er für
jeden Bauern eine Tributlieferung von Wachs an das Kloster Michelsberg
in Bamberg festsetzte - für die Kerzen am Grabe Ottos. Jedenfalls
beteiligte er sich zur vollen Zufriedenheit des Papsttums an einer Aufgabe,
die Kaiser Heinrich in der Frankfurter Stiftungsurkunde des Bistums
Bamberg bereits im Jahre 1007 festgelegt hatte:"das Heidentum unter den
slawischen Völkern zu vernichten" (zit. b. Beck, S.33).
Man kann sich nur an den Kopf fassen, wenn man aus dieser geschichtlichen
Perspektive eine regelrechte Lobeshymne begutachtet, die Bischof Karl Lehmann,
Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, im Oktober 1989 auf Otto
von Bamberg ausbrachte: Er sei ein Brückenbauer zwischen Deutschen
und Polen gewesen, hätte sich für ein gedeihliches Miteinander
von Kirche und Staat eingesetzt und die Caritas gefördert (s. Tagesspiegel/Berlin
v. 8. 10. 89).
Wir haben wohl das Allerschlimmste von dieser Kirche zu befürchten,
wenn sie noch nicht einmal heute den Mut aufbringt, ihre zahhlosen geschichtlichen
Verbrechen realistisch zu sehen, sondern diese sogar noch schönfärbt.
Es wäre bei all diesen Untaten erstaunlich, wenn es nicht doch den
einen oder anderen Missionar gegeben hätte, dem sein schlechtes Gewissen
Magenschmerzen bereitete. In der Tat gibt es eine Volkssage aus Magdeburg,
die belegt, daß sich manche Kirchenfürsten der Unanständigkeit
ihres Handelns durchaus bewußt waren. In der Nähe Magdeburgs
unweit des Dorfes Salpke lag ein großer und dichter Eichenwald, der
sogenannte Kreuzhorst. Einst soll sich Erzbischof Norbert (um 1126) in
diesem Wald verirrt haben, wobei er auf einer Lichtung plötzlich auf
eine besonders kolossale Eiche stieß. Erschöpft von seiner Wanderung
schlief er ein und erwachte durch einen mächtigen Sturmwind. Vor ihm
erschien ein greisenhafter Mann, der sich als heidnischer Gott zu erkennen
gab und ihm Vorwürfe wegen der Verfolgung der noch heidnisch gebliebenen
Landesbewohner machte. Gleichzeitig erteilte er ihm verschiedene Ratschläge
und Warnungen. Nachdem er verschwunden war, fand Norbert unter der Eiche
einen langen weißen Stab, der wie eine Kerze leuchtete und es ihm
ermöglichte, wieder den Weg aus dem Wald heraus zu finden. Bevor er
sich aber auf den Weg machte, segnete er den Baum, worauf es angeblich
noch lange Zeit danach niemand möglich gewesen sein soll, ihn mit
einer Axt oder Säge anzutasten (Grässe, Sagenbuch d. preussischen
Staates, Bd.1, S.274).
Wyberti III., Bischof von Merseburg zerstörte im Jahre 1008 einen
heiligen Hain des Gottes Zuttiber.
Recht vordergründige materielle Interessen waren es auch, die zur
Christianisierung des bulgarischen Volkes geführt hatten. Bei kriegerischen
Auseinandersetzungen mit Byzanz waren wichtige Territorien Bulgariens in
Nordthrakien annektiert worden. Damit hatten die Bulgaren ein Gebiet verloren,
das gewissermaßen als Kornkammer des Landes galt, wodurch es zu grausamen
Hungersnöten in der Bevölkerung kam.
Der byzantinische Herrscher Michael III. versprach nun dem bulgarischen
König Boris (852- 889), die Gebiete wieder zurückzugeben: Unter
der Bedingung, daß jener sich taufen ließe. Die alte Erpressungsstrategie
funktionierte und am 25. 5. 866 beugte Boris der Priestermacht sein Haupt
- und damit das seines ganzen Volkes.
Auch die Alanen, die nördlich des Kaukasus lebten, glaubte man in
Byzanz durch die Taufe ihres Herrschers bekehrt, welche zwischen 915 und
920 stattfand.
Doch bereits 932 wurden die griechischen Geistlichen von der Bevölkerung
vertrieben, da sie sich ihre polygame Lebensweise nicht von christlichen
Moralvorstellungen zerstören lassen wollten. Diese Auseinandersetzung
muß so gründlicher Natur gewesen sein, daß Alanien bis
zum Jahre 959 überhaupt nicht mehr in den Bistumsverzeichnissen
der byzantinischen Kirche auftauchte.
Immer wieder vollzog sich die Schändung heidnischer Sinnbilder auf
drastische Art und Weise: Als sich z.B. der Herrscher Wladimir (978-1015)
988 in Cherson (Krim) hatte taufen lassen, ließ er nach seiner Rückkehr
die Statue des Donnergottes Perun an den Schweif eines Pferdes binden,
unter Verabreichung von Geißelhieben durch 12 Männer durch die
Stadt schleifen und schließlich in den Dnjepr werfen ( v. Glasenapp,
s. 286).
Auch hier wurde die alte Religion aus ganz vordergründigen, egoistischen
und dynastischen Ursachen preisgegeben: Die Taufe Wladimirs war der Preis
gewesen für die Heirat der byzantinischen Prinzessin Anna. Ursprünglich
hatte ihn Byzanz um militärische Hilfe gegen einen Aufstand kleinasiatischer
Großgrundbesitzer gebeten und Wladimir hatte dafür die Hand
der Prinzessin gefordert.
Wladimir wartete ebenso wenig wie die anderen Herrschergestalten Europas
auf die freiwillige Einsicht seiner Untertanen, sondern "zwang dem russischen
Volke das Christentum auf" (Karl Heussi, Kompendium der Kirchengeschichte,
Tübingen 1981). Mit Nachdruck befahl er, alle Götzenbilder zu
zerschlagen und erließ ein Gebot, nach dem sich alle Untertanen der
Taufe zu unterwerfen hätten. Im Falle einer Weigerung drohte ihnen
Verfolgung, da man sie als Feinde Gottes und des Großfürsten
betrachten würde.
Mit ebensolcher Brutalität vollzog sich die Christianisierung der
Pruzzen, um die sich Adalbert v.Prag (997) und Brun v. Querfurth (1001)
bemühten. Beide bezahlten ihre Aktivitäten mit dem Leben, was
nicht so sehr Rückschlüsse auf die Agressivität der zu Bekehrenden
als vielmehr die Methoden der Bekehrer zuläßt.
Schließlich hatte sich Brun v. Querfurth für die Führung
indirekter Missionskriege eingesetzt, falls friedliche Versuche fehlschlagen
sollten. Im Falle der Liutizen etwa plädierte er für eine bewaffnete
Unterwerfung, da diese ihr ursprüngliches Taufgelübde gebrochen
hätten . Kirchlicherseits bezeichnete man dieses "Verbrechen" als
Apostasie.
Auf offene Arme können die Bekehrer auch in Böhmen nicht gestoßen
sein: Die Ermordung von Herzog Wenzel(929) und seiner Großmutter
Ludmilla(921) soll selbst aus kirchenhistorischer Sicht auf dem Hintergrund
heidnischer Opposition erfolgt sein. Dafür spricht u.a. schon die
anschließende Glorifizierung der beiden als Märtyrer und Heilige
(Die mittelalterliche Kirche, S.272). Schließlich wurde aber der
Fürst Boleslav doch durch Otto den Großen dazu genötigt,
sowohl die deutsche Lehnshoheit anzuerkennen, als auch das Christentum
anzunehmen. Wie wenig derartige Christianisierungspraktiken wirklich die
Mentalität des Volkes ändern konnten, zeigt die Mitteilung von
Usener über einen Bericht des Presbyters Alsso. Dieser schildert noch
aus der Zeit um 1400 die Verehrung des Gottes Beel durch die böhmischen
Heiden. Diese hätten noch um diese Zeit seine Idole umhergetragen
und mit Gesängen gefeiert (s. Jung, S. 465/Anm.).
Desgleichen war es im Königreich Polen. Obwohl Mieszko I. im Jahre
990 sein Reich dem heiligen Petrus schenkte, wahrscheinlich auch unter
anderem, um den Papst zur Begründung einer eigenen Kirchenprovinz
zu gewinnen, wirkte das nicht besonders überzeugend auf das polnische
Volk. Der Kirchenhistoriker berichtet noch von einem "zähen Weiterleben"
des Heidentums um 1034-40 (Die mittelalterliche Kirche,S.275).
Erst von 1231-1283 wurden die Pruzzen durch den deutschen Ritterorden zwangschristianisiert,
was man unter dem Einfluß katholischer Geschichtsfälscher als
Germanisierung eines slawischen Stammes verstanden hat. Im Grunde genommen
war der deutsche Ritterorden kein Ausdruck deutscher Kultur sondern eher
eine paramilitärische Hilfstruppe zur Sicherung römisch-katholischer
Missionserfolge, ähnlich der Funktion des Templerordens.
Volkssagen schildern in ungeschminkter Weise die brutale Vorgehensweise
der Johanniter : Nachdem Friedrich von Alvensleben in der Schlacht am Mohriner
See das "heidnische" Heer vernichtet hatte, blieben noch die Frauen und
Kinder übrig. Sie baten um Schonung, versanken dann angeblich auf
übernatürliche Weise im See. Eine sehr dezente Umschreibung für
einen Massenmord an Wehrlosen ! (S. Drewitz, S.236 ff.)
Daß es auch in diesem Falle um einen religiösen Ausrottungskrieg
ging, zeigt die Vorgehensweise des finnischen Bischofs Anselm, der gegen
1249 eine heilige Eiche des pruzzischen Gottes Curche(Gorcho) kurzerhand
umhauen ließ. Nachdem ein dazu beauftragter Christ sich dabei mit
seinem eigenen Beil tödlich verwundet hatte, versuchte es Anselm selbst.
Er führte nur einige Schläge und ließ den größten
Teil des heiligen Baumes verbrennen. Das Instrument seiner Freveltat ließ
er in einer vor Ort gebauten Kirche als Reliquie unterbringen. Auch die
Altäre und Götterbilder jenes Heiligtums im ehemaligen
Schwentomir (nunmehr Heiligenbeil) wurden vernichtet (Vulpius, S. 107).
In dem Ort Romove (Rikaito) befand sich eines der wichtigsten Heiligtümer
der alten Pruzzen: Eine riesige alte Eiche, unter deren Zweigen die Götter
Pikollos, Potrimpos und Perkunos verehrt wurden. An dieser Stelle verehrten
die Preußen noch nach der Christianisierung ihre alten Götter
und brachten ihnen Opfer. Aus diesem Grunde bat der Bischof von Ermland
den Hochmeister des Deutschen Ordens, Winrich von Kniprode, die Eiche umzuhauen.
Winrich beauftragte seinen Marschall Heinrich Schindekopf mit dieser Schandtat,
worauf Petrus Nugol von Sohr an jener Stelle ein Kloster zur Heiligen Dreifaltigkeit
erbauen konnte. Der Chronist Hennenberger berichtete im Jahre 1595, "darinnen
sind recht versoffene Mönche gewesen", womit die Segnungen "abendländischer
Kultur" als Resultat der Christianisierung trefflich dokumentiert sein
dürfte.
Der Missionar Adalbert, der sich offenbar die Bekehrung der Preußen
zum Ziel gesetzt hatte, wurde nicht besonders freundlich aufgenommen. Schon
bei der Überfahrt über den Fluß Ossa versetzte ihm der
Fährmann einen Ruderschlag über den Schädel. Am Ostseeufer
wurde er schließlich von heidnischen Preußen erschlagen und
"in unzählige Stücke zerhackt". So desinteressiert war man bei
den alten Pruzzen gegenüber der neuen Religion.
Was den Bekehrern individuell nicht gelang, erreichte der Deutsche Orden
durch gezielten militärischen Terror: Elftausend Pruzzen wurden 1247
von einem Ordensheer unter Leitung von Heinrich von Weida niedergemetzelt.
Im Jahre 1233 erschlug der Orden am Fluß Sirgune fünftausend
Preußen. Dabei erhielt er Schützenhilfe von zahlreichen polnischen
und pomerellischen Fürsten.
1262 tobte unweit von Königsberg eine Schlacht zwischen Kreuzfahrern
und heidnischen Preußen, bei der über 3000 Preußen sterben
mußten.
Dennoch hielt sich das Heidentum überaus lange. Volkssagen berichten,
daß noch im Jahre 1520 ein Freibauer namens Valtin Supplit der geheime
oberste Waidelotte (Priester) gewesen sein soll. Da zu jener Zeit die Gefahr
einer polnischen Invasion bestand, akzeptierte der (christliche) Albrecht
von Brandenburg sogar altheidnische Opferriten als "Schutzzauber". So führte
Supplit an der samländischen Küste ein Stieropfer durch, wodurch
die Invasoren einem Blendwerk erlagen, d.h. die Küste teils als Abgrund,
teils als Kette unüberwindbarer Berge wahrnahmen, so daß es
ihnen unmöglich war, an Land zu gehen.
Immerhin gab es für diese und ähnliche Aktivitäten des heidnischen
Priesters eine Anzeige des örtlichen Pfarrers. Dennoch hatte zunächst
einmal wieder das dynastische Zweckdenken gesiegt.
Eine andere Sage kündet in dramatischer Weise von der Gewalttätigkeit
der Auseinandersetzungen zwischen der alten und der neuen Religion: Die
heidnische Prinzessin Jaunina nahe bei dem Dorf Jauninen wurde von einem
christlichen Ritter verfolgt. Als sie vor ihm einen Berg hinauf flüchtete,
verwandelte sie die Glücksgöttin Laima in eine Linde, so daß
der Verfolger das Nachsehen hatte.
Auch andere Überlieferungen machen keinerlei Hehl aus der Grausamkeit
der Bekehrer und müssen dafür als umso authentischer gelten:
So berichtet eine Sage aus dem Kreis Stallupöhnen, daß zwei
Heiden auf einer Ordensburg jegliche Nahrung verweigert wurde, es sei denn,
sie würden sich taufen lassen. Die christlichen Priester ließen
sogar eine schwerbeladene Tafel auffahren, so daß die hungernden
Heiden den schlemmenden Pfaffen zuschauen mußten. Schließlich
soll sich der Berg, auf dem die Ordensburg stand, aufgetan und alles verschlungen
haben, Christen und Heiden.
Von Markgraf Dietrich von Meißen heißt es, daß er
1272 zusammen mit den Ordensbrüdern alles verheerte und totschlug,
was er bei den heidnischen Natangern(Ein Stamm der Pruzzen) fand. Durch
dieses außergewöhnliche Maß an Brutalität wurden
viele zur Annahme des christlichen Glaubens veranlaßt.
Die tiefenpsychologischen Folgen der Bekehrung zeigen sich in den Halluzinationen
des pomesanischen Fürsten Macko, dem nach seiner Taufe sogleich der
Teufel erschien, um ihn zu erwürgen. Nur mit Hilfe eines unsichtbaren
Kreuzes konnte er sich des Dämonen erwehren.
Ein ähnlicher Fall, hier aber gleich in Form einer kollektiven Hysterie,
ereignete sich 1247 bei den Pomesanen. Und zwar handelte es sich um lüsterne
Dämonen (Incubi und Succubi), die den pomesanischen Frauen zu schaffen
gemacht haben sollen. Als man den obersten Priester(Kriwe) fragte, woher
das käme und wie sich das Problem lösen ließe, antwortete
dieser: Die erkennbaren Formen von Besessenheit kämen von den eigenen
Göttern, da die Preußen den Glauben ihrer Väter verleugnet
und eine fremde Religion angenommen hätten. Erst wenn sie zu ihren
alten Göttern zurückgekehrt wären, würde es damit besser
werden. Da schworen sich die Menschen, "sich eher alle erwürgen zu
lassen, als künftig einen anderen Gott annehmen und die neuen Herren
samt ihrem Gott mit Hilfe der alten Götter ganz aus dem Land treiben,
auch keinen Christen, dessen sie mächtig würden, leben lassen."
Die Geschichte ist mit grausamer Konsequenz über dieses Bekenntnis
hinweggegangen.
Auch bei den Galindern, einem Stamm in der Nähe von Masuren mangelte
es nicht an Entschiedenheit und Widerstand gegen den neuen Glauben. Ihre
"Wahrsagerin" d.h. also Seherin teilte ihnen mit, daß es der Wille
der Götter sei, in das Land der Christen einzufallen und sie zu berauben,
jedoch ohne Zuhilfenahme von Waffen. Die Galinder richteten sich nach diesem
Ratschlag, mußten ihn aber mit ihrer Vernichtung bezahlen.
Weniger glimpflich liefen Gewissenskomplikationen bei den Bekehrern selbst
ab. Als ein Graf von Nassau am Gründonnerstag 1374 an einem Abendmahl
im Ordenshaus Brandenburg teilnahm, packte es ihn plötzlich: Er stieß
den Priester vom Altar, warf die Hostie zu Boden und trampelte darauf herum.
Man kerkerte ihn ein, worauf er schließlich wahnsinnig wurde. Die
Sage interpretiert dies natürlich als Folge teuflischer Anfechtungen.
Die "Bekehrungsgeschichte" der Ungarn zeigt ein ganz ähnliches Bild,
wie jene der germanischen Stämme. Politische und dynastische Interessen
brachten einheimische Fürsten dazu, sich der Religion des Volkes entgegenzustellen.
Der Fürst Stephan erhielt als Belohnung für seine Taufe von Kaiser
Otto III. und Papst Sylvester II. gleichzeitig die Königswürde.
Seine Gesetze zum Bau von Kirchen, zur Heiligung der Sonn- und feiertage
und bzgl. des Fastens waren eine Initiative, "die vorerst noch von weiten
Kreisen des ungarischen Volkes abgelehnt wurde" (Die Mittelalterliche Kirche,
Freiburg 1966,S.281). Das zeigte sich deutlich nach seinem Ableben(1038),
als es zu blutigen Aufständen kam, in deren Gefolge auch Bischof Gerhard,
Stephans wichtigster Christianisierungsgehilfe getötet wurde. Statt
auf theologische Argumente setzte man dann wieder auf die Tötung Andersgläubiger:
Stephans Nachfolger Andreas I. (1046-61) verbot die Ausübung heidnischer
Religion bei Androhung der Todesstrafe(Die mittelalterliche Kirche, S.281).
Bela I. (1061-63) setzte seine Ausrottungspolitik so konsequent fort, daß
vom ungarischen Heidentum nichts mehr übrigblieb.
Bei den Litauern bediente sich der römische Klerus des gleichen schäbigen
Spiels mit"kleinen Gefälligkeiten", wie auch im Falle Ungarns. Der
litauische Fürst Mindaugas (Mindowe)(ermordet 1263) erhielt von Papst
Innozenz IV. die Königskrone, nachdem dieser versprochen hatte,sich
tauen zu lassen. Doch sollte das Christentum in Litauen noch lange keine
Wurzeln schlagen. Denn noch Fürst Gedimin (1315-1341) lehnte den Übertritt
zum Christentum entschieden ab und blieb Heide.
Erst im Jahre 1387 konnte das Christentum mit der Begründung des Bistums
Wilna durch den 1386 katholisch gewordenen Fürsten Jogaila feste Wurzeln
fassen. Damit kommt dem litauischen Volk das geschichtliche Verdienst zu,
noch wesentlich länger als alle anderen europäischen Völker
an seiner altheidnischen Kultur festgehalten zu
haben !
Wir mußten insbesondere auf die Bekehrungsgeschichte der osteuropäischen
Stämme und Völker so detailliert eingehen, weil der religiöse
und damit künstliche Gegensatz zwischen Deutschen und Osteuropäern
zu einem rassisch-kulturellen hochstilisiert wurde. Und zwar von chauvinistischen
Historikern unter massiver Inspiration durch katholische Interessen !
Noch im Jahre 1981 sind sich anerkannte Kirchenhistoriker nicht zu blöde,
um diesen künstlich geschürten Gegensatz zu einem "beispiellosen
Rassengegensatz" zu machen, der die "Begründung der deutschen Herrschaft
und des Christentums" ungemein erschwert hätte (Karl Heussi i. Kompendium
der Kirchengeschichte, 55, Tübingen 1981).
Wenden
wir uns nun der Methodik der Missionare im Norden, in England und
Skandinavien zu, wo das klare Bewußtsein einer eigengearteten heidnischen
Religiosität noch um die Jahrtausendwende ganz deutlich vorhanden
war, was wir an den in dieser Zeit entstandenen Götter- und Heldenliedern
der Edda klar erkennen können.
In England hatte die Angelsachsenmission bereits im Jahre 596 auf Initiative
Gregors des Großen begonnen.
Aber hier war es für die Kirche gar nicht so einfach, zum Zuge zu
kommen. Einmal deswegen, weil es eine ausgesprochene Konkurrenzsituation
zwischen einer direkt von Rom ausgehenden Mission und der Mission der irischen
Kirche gab. zum andern war England in eine ganze Reihe von Kleinkönigreichen
zersplittert, was die Missionare ebenso zermürbt haben muß,
da sie ja in jedem Fall ein "Spinnennetz" zur Umgarnung jedes Monarchen,
seiner Familie und seines Hofes schaffen mußten.
Der Abt Augustin bekam diese Aufgabe übertragen und wurde damit auch
erster Erzbischof von Canterbury.
Doch zuerst bereitet man sich kirchlicherseits etwas pragmatisch auf die
gewaltige Aufgabe vor: Gregor erteilt im Jahre 595 dem Verwalter des römischen
Kirchenvermögens in Gallien den Auftrag, junge anglische Sklaven
zu kaufen, "damit sie, Klöstern übergeben, Gott zu Nutze sein
mögen".
Der Monarch Aethelberht ist der erste, der die Taufe über sich ergehen
ließ. Sogleich forderte ihn Gregor der Große auf, die Bekehrung
seines ganzen Volkes zu beschleunigen, den "Götzendienst" zu verfolgen
und die heidnischen Heiligtümer zu zerstören.
Als wenn jener Papst geahnt hatte, daß er sich mit derartigen Haßtiraden
doch etwas zu weit vorgewagt hatte, schob er gleich noch ein etwas abgemildertes
Schriftstück hinterher.
In diesem räumte er ein, daß man ja notfalls auch heidnische
Tempel in Kirchen umwandeln und heidnische Opfermahlfeste in Kirchweih-
und Märtyrerfeste transformieren könne.
Wie
liebenswürdig !
Das Schreiben des Papstes aus dem Jahre 601 schlägt unter anderem
Folgendes vor: "Keineswegs sollen die Heiligtümer der Götzen
bei diesem Volke niedergerissen werden; nur die Götzenbilder selbst,
die darinnen sind, sollen vernichtet werden...das Volk braucht nicht zu
sehen, daß man seine Heiligtümer zerstört, nein, es soll
im Herzen den Irrtum ablegen und mit umso vertraulicherer Liebe zu den
altgewohnten Stätten eilen, nunmehr den wahren Gott erkennend und
anbetend. Und wenn sie gewohnt sind, beim Opfer für ihre Dämonen
viele Rinder zu schlachten, so soll auch hierfür ihnen eine Festfeier
zum Ersatz werden...sie sollen nicht mehr dem Teufel ihre Tiere opfern,
sondern ihre Tiere zum Lobe Gottes bei ihrem Mahle schlachten und dem Spender
aller Güter für ihre Sättigung danken, so daß sie,
während man ihnen einige äußere Freuden läßt,
leichteren Herzens zu den inneren Freuden ihre Zustimmung geben können.
Denn zweifellos ist es unmöglich, bei harten Gemütern alles auf
einmal abzuschneiden" (Historia ecclesiastica gentis Anglorum des Beda
Venerabilis, I,30., zit. in: R. Oldenbourgs geschichtliches Quellenwerk,
S. 112 f.).
Wir müssen beim Lesen solcher Darlegungen feststellen, daß die
Kirche zumindest in Gestalt dieses Oberhirten über ein bemerkenswertes
psychologisches Feingefühl verfügte. Um so mehr muß den
Geistlichen bewußt gewesen sein, was es für einen Heiden bedeutete,
seinen Tempel in Flammen aufgehen zu sehen oder seinen heiligen Baum zersplittert
am Boden zu erblicken. Und umso schwerer wiegen bei einer solchen zumindest
in Teilbereichen der Kirchenhierarchie vorhandenen Einsicht die begangenen
Verbrechen.
Leider hielt sich Aethelberhts Nachfolger Eornceuberht (640-664) nicht
an diese "liberale" Lesart, sondern ordnete die gänzliche Zerstörung
aller Heiligtümer an.
Aber Beda hat in seiner Geschichte der englischen Kirche noch weitere interessante
Dinge zu berichten: So sollte sich der ostanglische König Raedwald
(gest. 625) ebenfalls taufen lassen, verweigerte jedoch diesen Bekehrungsakt
letztendlich, da er mit gewissen Elementen der christlichen Theologie nicht
ganz klar kam. Er war nämlich der festen Überzeugung, daß
Christus im Verhältnis zur heidnischen Götterwelt doch durchaus
den gleichen Rang einnehmen könnte. Solche Art von Pluralismus widerstrebte
den Bekehrern aufs Ärgste.
In Goodmanham, einem Flecken bei Market Weighton in East Riding (Yorkshire),
gab es ein großes, für die ganze Landschaft zentral gelegenes
Heiligtum. Beda berichtet, daß es angezündet wurde, nachdem
der heidnische Oberpriester Coifi es angeblich selbst profaniert
hatte. Anschließend gab es mit König Edwin von Northumbrien
(617-634) und dessen Hofstaat eine Massentaufe in York.
Doch auch bei dieser Gelegenheit kann es nicht mit rechten Dingen zugegangen
sein, da Edwins Söhne erst später getauft werden.
In Sussex vollzog sich die Christianisierung auf Initiative König
Aethelwealhs (gest. 685) mit Hilfe staatlicher Druckmittel, wie selbst
der Geistliche Aeddi Stephanus in seiner Vita Wilfridi berichtet.
Auch anderwärts war die Kirche den englischen Fürsten als Steigbügelhaltern
der Zwangsbekehrung zu tiefstem Dank verpflichtet. Caedwalla, ein Angehöriger
des westsächsischen Königshauses eroberte die Insel Wight und
übertrug anschließend ein Viertel des gesamten Inselterritoriums
dem Missionar Wilfrith. Beiläufig läßt uns Beda wissen,
daß jener Caedwalla auch verantwortlich zeichnete für die Ausrottung
eines Teils der heidnischen Bevölkerung Jütlands, die er durch
Bewohner aus Wessex ersetzte.
Doch alle Christianisierungsmaßnahmen blieben zunächst einmal
kosmetische Makulatur. Theodor von Tarsus, der im Jahre 690 starb, führte
die erste geschlossene und umfassende Organisation der englischen Kirche
durch.
Wie Knut Schäferdiek für eben diese Zeitspanne seines Ablebens
und danach feststellt, "sind allenthalben heidnische Praktiken lebendig
und werden es auch noch Jahrhunderte bleiben."
Im 9. Jahrhundert wurde das Christentum in Schweden durch den Missionar
Ansgar (801-865) eingeführt, der aus Frankreich stammte. Hier war
es allerdings äußerst schwierig für die Kirche, Fuß
zu fassen. Weder Ansgar, noch der spätere König Olaf Skautkonung
(1. Hälfte des 11. Jahrhunderts) konnten sich an den zentralen Tempel
des Landes in Upsala heranwagen, obwohl sie an anderen Orten Kirchen bauen
durften. Der Tempel in Upsala soll noch in der 2. Hälfte des 11. Jhdts.
bestanden haben.
Der englische Mönch Wulfred versuchte es wieder einmal mit Gewalt,
vergriff sich an einem Götterbild und wurde dafür auf der Stelle
totgeschlagen. Im Norden Schwedens soll das Christentum endgültig
erst gegen 1160 Fuß gefaßt haben (Die Religion in Geschichte
und Gegenwart, Bd. 1, S. 1555, Tübingen 1927). Jedenfalls war Schweden
auch der Ausgangspunkt für die Christianisierung Finnlands (1154-1293)
und Lapplands (14. Jhdt.).
In Norwegen war es bereits König Hakon der Gute(um 950), der den Plan
gefaßt hatte, nach genügender Festigung seiner politischen Macht
"das Christentum durch Gesetz einzuführen" (s. Heimskringla, Hakonsaga,
Th.15, c. 13.).
Doch die allgemeine Stimmung und viele öffentliche Meinungsäußerungen
auf dem Frostathing zeigten, daß das norwegische Volk überhaupt
nicht mit diesen Plänen einverstanden war. Und so blieb Hakon nichts
anderes übrig, als klein beizugeben.
Des weiteren fällt unser Blick auf den berüchtigten norwegischen
König Olaf Tryggvason(950- 1000), der 994 in England Christ wurde.
Von diesem König ist es verbürgt, daß er einige widerspenstige
Heiden persönlich zu Tode quälte, da sie sich nicht taufen lassen
wollten, so z.B. Thorir Hirsch und Raud.
Auf Thorir Hirsch hetzte er bei einer Verfolgungsjagd seinen Hund, um ihn
schließlich eigenhändig mit einem Speer zu durchbohren.
Raud ließ der König an einen Baum binden, um anschließend
eine lebende Otter in seinen geöffneten Mund kriechen zu lassen, die
ihn von innen heraus zerfraß.
Die ältere Olafssaga helga berichtet, daß er beim Thorstempel
von Hunthorp alle Heiden der Umgebung zusammenrufen ließ, um dann
vor ihren Augen das Bildnis des Gottes zu zerschlagen. Anschließend
wurden sie, durch die brutale Entschlossenheit des Königs eingeschüchtert,
dazu gezwungen, das Christentum anzunehmen (Golther, S.620).
Den Tempel in Lade im Drontheimer Fjord plünderte er, um ihn anschließend
zu verbrennen.
Als er hörte, daß man in Norwegen wieder zum Heidentum zurückgekehrt
war, unternahm er eine Heerfahrt dorthin und "verwüstete alles Land",
wie die Quellen berichten, so daß das Volk in die Berge und in die
Wälder flüchten mußte.
Olaf Tryggvason unternahm dutzende von Kriegsfahrten nur mit dem Ziel der
Christianisierung.Dabei drohte er stets mit Feuer, Schwert und Verwüstung,
ließ die heidnischen Gegner töten, verbannen und sogar verstümmeln.
Bei einer Gelegenheit lud er den unbeugsamen Heiden Eywind Quelle und dessen
Gefolgschaft zu einem großen Fest. Nachdem sich alle in der prächtig
geschmückten Halle versammelt hatten, ließ er Feuer an die Halle
legen und diese mit allen darin befindlichen Menschen verbrennen.
Eywind Quelle, der mit einigen Männern entkommen war, ließ er
später gefangen nehmen und auf eine Schäre bringen, wo sie bei
herannahender Flut ertrinken mußten.
Eyvind Backenspalter, einer der zauberkundigsten Männer und ein standhafter
Gegner des Christentums wurde von Olaf zu Tode gefoltert, in dem dieser
ihm ein glühendes Kohlenbecken auf den Bauch setzen ließ. Aber
auch nachdem ihm der Bauch geplatzt war, weigerte er sich auf Olafs Befragen,
den Glauben an Christus anzunehmen.
Doch dieser König bediente sich nicht nur der Methoden physischen
Terrors. Bei bestimmten Gelegenheiten wurde er "feinsinniger" : So lud
er vor dem großen heidnischen Winteropfer zu Märi die bedeutendsten
Häuptlinge der Gegend zu einem Gelage ein. Er erklärte den Anwesenden
dann, daß er, falls man ihn zu einer Umkehr zum Heidentum bewegen
wolle, zur Versöhnung der beleidigten Götter ein großes
Menschenopfer veranstalten müßte. Dabei nannte er die Namen
von sechs Anwesenden, die bei einer solchen Gelegenheit auf jeden Fall
ihr Leben lassen müßten. Verständlicherweise zogen es nun
die Betreffenden vor, sich zur Religion des Königs, dem Christentum
zu bekehren, statt auf Konfrontationskurs zu gehen. So scheute Olaf noch
nicht einmal davor zurück, alte heidnische Bräuche (in diesem
Fall das Opfer des Fürsten für die Fruchtbarkeit und Wohlfahrt
des Landes) für seinen Christianisierungsterror zu mißbrauchen.
Mit gleichen Methoden, nur noch wesentlich grausamer und brutaler ging
auch sein Nachfolger, Olaf der Dicke(1000-1033) vor.
Der Dänenkönig Harald Gormssohn ließ in seinem Reich die
Taufe per Dekret vorschreiben und wandte Gewalt und harte Strafen an, wie
die Heimskringla berichtet.
Auch Island, auf das sich die letzten skandinavischen Heiden geflüchtet
hatten, blieb vor dem Christianisierungsterror nicht verschont. Besagter
König Olaf sandte Stefnir als Gesandten dorthin, und dieser versuchte
die Isländer zum Christentum zu bekehren. Als er damit auf Unverständnis
stieß, fing er an, Tempel und Opferstätten zu beschädigen
und Götterbilder zu verbrennen. Darauf kam es prompt zu einer heidnischen
Zusammenrottung, der Stefnir nur mit knapper Not entkommen
konnte. Noch im gleichen Jahr wurde Stefnir von seinen eigenen Verwandten
aufgrund seiner christlichen Einstellung verklagt, denn Christentum galt
als eine Art von Sippenschändung.
Der frühere Hofpriester des Königs Olaf Dankbrand machte sich
mit seinen Plünderungen einen Namen. Später als Missionar auf
Island eingesetzt, ermordete er mehrere wehrlose Männer, die als besonders
überzeugte Heiden bekannt waren. Es handelte sich um drei Totschläge
unter anderem an Männern, die Spottstrophen auf ihn gedichtet hatten.
Diese Vorgänge führten schließlich zur Ächtung Dankbrands.
Sein Begleiter war Gudleif, von dem die Njalssaga berichtet: "Gudleif war
berühmt für seine Totschläge, handfest wie wenige...". Deshalb
berührt es natürlich auch seltsam, wenn anläßlich
der Begegnung Dankbrands mit einem Berserker berichtet wird, dieser hätte
ihn zum Zweikampf herausgefordert und wäre dabei "gestorben", als
der Missionar sich mit dem Kreuzzeichen verteidigte. Um das geistige Niveau
dieser "Mission" zu illustrieren, vergegenwärtige man sich eine Spottstrophe,
die der von Dankbrand getaufte Hjalti Skeggison dichtete: "Ich will die
Götter nicht lästern: eine Hündin dünkt mich Freya".
Daß er darauf von dem Goden Runolf wegen Gotteslästerung verklagt
und verurteilt wurde, dürfte uns kaum verwundern.
Schließlich gelang es durch Bestechung des Gesetzessprechers Thorgeir,
auf dem Allthing des Jahres 1000 eine positive Abstimmung zur Einführung
des Christentums herbeizumanipulieren.
Aris "Isländerbuch" schildert, daß es beinahe zu einer bewaffneten
Auseinandersetzung zwischen Heiden und Christen gekommen wäre, da
sich beide Gruppen gegenseitig die Rechtsgemeinschaft aufgekündigt
hatten.
Der von den Christen beauftragte Hall steckte nun Thorgeir ganz einfach
ein paar Silbermünzen zu, so daß er auf dem Thing auch das christliche
Gesetz vortrug. Die Njalssaga spricht von drei Mark Silbers, die Kristnisaga
von einem halben Hundert. Diese Strategie war besonders geschickt, weil
Thorgeir im Gegensatz zu Hall noch nicht getauft war und deshalb beim Volk
der Eindruck vorherrschen mochte, daß Thorgeir in der Lage wäre,
ein objektives Urteil zu fällen.
Es war in dem von ihm vorgetragenen Gesetz vorgesehen, daß sich alle
noch ungetauften Isländer taufen lassen sollten, daß alle Tempel
und Götterbilder unheilig, das heißt ohne Buße verletzbar
sein sollten und daß jedem, der noch öffentlich beweisbar den
Göttern opferte, die dreijährige Landesverweisung angedroht wurde.
Heimliches Opfern sollte also durchaus noch zulässig sein, was allerdings
die soziale Bedeutung der Opferfeste völlig zerstörte. Auch die
Praxis der Kindesaussetzung und das Essen von Pferdefleisch durfte noch
weiterhin geübt werden.
Die isländischen Heiden wurden mit diesem Geschehnis Opfer ihrer eigenen
Konsequenz im Verständnis des Rechtswesens. Hatten sie erst einmal
einen bestimmten Schiedsrichter eingesetzt, und das war in diesem Falle
eben Thorgeir, so mußten sie das verkündete Urteil auf Biegen
oder Brechen erfüllen. Und im Übrigen stand für sie auch
im Vordergrund, daß Friede und Harmonie der Gemeinschaft erhalten
bleiben mußten. Thorgeir stellte fest, daß das Volk von Island
nur ein Gesetz und eine Sitte haben sollte. Welchen Ungeist sich die Isländer
da aufhalsten, war ihnen in diesem Augenblick nicht klar.
Nur wenige Jahre dauerte es, bis auch noch die wenigen verbliebenen Privilegien
der isländische Heiden gesetzlich abgeschafft wurden.
Wenn wir nun einen Sprung ins 17. Jahrhundert machen, so zeigen sich die
Folgen jener naiven Bereitwilligkeit mit ganzer Schärfe: Zur Zeit
der Hexenprozesse wurde auf Island im Jahre 1626 ein Mann verbrannt, weil
sich unter seinen Schriften ein einziges Runenzeichen angefunden hatte
! (Bernhard Reiß: Runenkunde, Leipzig o.J., S. 63).
Von den Färöern berichtet uns Olrik über eine Ballade, deren
heidnischer Charakter so eindeutig war, daß es selbst im 19. Jahrhundert
noch unter Strafe verboten war, sie öffentlich vorzutragen (zit. b.
Dumezil, Loki, S. 46, Darmstadt 1959).
Gerade die Bekehrungsgeschichte Islands ist ein besonders tragisches
Kapitel, da die isländischen Siedler hauptsächlich norwegische
Dissidenten waren, die vor dem Terror Harld des Schönen (Königsherrschafft
983) die Flucht ergriffen hatten.
Welch massiver Eingriff in die Seele der Menschen die Zwangsbekehrung verursachte,
zeigt eine Geschichte aus der Kristnisaga, die in etwas anderer Version
auch in der Thorvaldssaga erzählt wird (zit. b. Golther, S.131): Ein
Bischof kommt zu einem Bauern, um ihn zur Taufe zu bewegen. Doch dieser
verehrt einen heiligen Stein, in dem sich ein dienstbarer, weissagender
Geist befindet. Daraufhin begießt der Bischof den Stein mit Weihwasser,
worauf der Geist dem Bauern im Traum erscheint: Er klagt ihm sein Leid,
daß dieses Wasser für ihn und die seinen wie siedendes Wasser
wäre, daß den ihm anvertrauten Wesen schmerzhafte Verbrennungen
zufüge. Der Bischof setzt sein schwarzmagisches Tun fort und noch
mehrmals erscheint der Geist dem Bauern in seinen Träumen: zuletzt
in ganz abgerissener, zerlumpter Gestalt, zornig und verbittert, daß
dieser seine Vertreibung zulasse, obwohl er ihm durch all die Jahre treu
gedient habe.
In einer anderen Version erreicht der Bischof durch einen Gesang, daß
der Stein in Stücke zerspringt, was den Bauern ohne weiteres von der
größeren Macht des Christentums überzeugt, so daß
er sich und seine ganze Familie taufen läßt. Wir haben hier
einen exemplarischen Fall vor uns, auf welche Weise Bekehrungslegenden
sich über die kolossale seelische Zersplitterung und Zerrissenheit
jener Menschen hinwegsetzen, die mit der Christianisierung konfrontiert
sind.
Wesentlich für die Christianisierungsgeschichte Nordeuropas ist das
eindeutige Zeugnis der Sagas, daß die Nordgermanen ihre alte Religion
bewußt gepflegt und geliebt haben und daß es deshalb für
sie eine außergewöhnliche Zumutung darstellte, sie einfach zu
vergessen und zu ersetzen durch eine völlig neue, ungewisse Heilslehre.
Der Historiker Herrman Schneider beispielsweise muß zugestehen, daß
"glaubensferne Gründe", "Gründe der Staatsklugheit" bei der Bekehrung
offensichtlich überwogen haben (Germanische Altertumskunde, Kptl.
Bekehrung,1938, S.299ff.) . Und daß für viele germanische Fürsten
eine Art erfolgsmagisches "Auf die Probe stellen" in vielen Fällen
der entscheidende Grund für die Bekehrung gewesen sein muß.
Das heißt, daß sie sich zu Christus bekannten, wenn er ihnen
statt Odin oder Thor Glück in der Schlacht geschenkt hatte. Darin
zeigt sich aber eben kein wirklich inneres Verhältnis zu dem theologischen
Brimborium, bei dem es in der christlichen Heilslehre wirklich geht. Damit
war das Christentum, neben seiner vordergründig kulturzerstörenden
Wirkung zugleich auch ein trojanisches Pferd, eine Art geistige Zeitbombe,
die ihre verheerende Wirkung in anderen Bereichen (Naturverständnis,
Demokratie, Frauenfrage, Sexualität) erst viel später erweisen
sollte, als es niemand mehr ernsthaft in Frage stellen konnte.
Einen ganzen Strauß an Absurditäten als plausible Erklärung
für die Bekehrungsgeschichte präsentiert Prof. Hanns Rückert
in seiner "Christianisierung der Germanen" (1934). So versucht er die Annahme
der fremden Religion in erster Linie durch Defizite in der germanischen
Religion zu erklären, so daß ihnen hier das Christentum angeblich
etwas brachte, was sie geistig-religiös noch nicht besaßen.
Da ist etwa der christliche Glaube an
e i n e n Schöpfer Himmels und der Erde. Nun ist die germanische
Religion in der Tat pluralistisch, aber sie entbehrt deshalb trotzdem nicht
der Ganzheitlichkeit. Die Göttinnen und Götter des Nordens umfassen
in ihrer natursymbolischen Bedeutung alle Aspekte des Lebendigen und des
Kosmos. Warum hätten die Germanen diese allesumfassende Vielfalt durch
den blinden Totalitarismus einer Einheitsgottheit ersetzen sollen ? Im
Übrigen hatten die noch heidnischen Römer eben dies schon sehr
früh getan - und waren trotzdem dem Christentum zum Opfer gefallen.
Des weiteren spricht Rückert von der "Sinndeutung der Geschichte"
und der "christlichen Zukunftshoffnung", die so bestechend für die
Bekehrungsstrategie gewesen sei. Hier stellen wir uns ernsthaft die Frage,
welche Zukunftshoffnung Menschen gehabt haben können, denen man gerade
eingewurzelte Traditionen brutal zerstört und die man zugleich in
das unbarmherzigste System der Sklaverei (Leibeigenschaft) gepreßt
hatte. Die sogenannte Sinndeutung einer solchen Geschichte war etwas für
philosophierende mönchische Parasiten. Im Leben und Erleben des germanischen
Bauern konnte das tatsächliche politische Geschehen eigentlich
nur dumpfe Verzweiflung bewirken. Und vergessen wir nicht die Panik und
Hysterie, die die Vorstellung eines definitiven Endpunktes der menschlichen
Geschichte, nämlich des sogenannten jüngsten Gerichts,
noch bis zum heutigen Tag bei zahllosen Menschen hervorruft !
Gänzlich zum Narren macht sich Rückert mit seinem dritten Argument,
daß nämlich die heidnischen Germanen keine Vorstellung vom Leben
nach dem Tode gehabt hätten, weshalb sie die Angst vor dem "Danach"
vom Christentum überzeugt hätte. Offensichtlich kennt Rückert
nicht die zahlreichen Darstellungen aus den Sagas, aus der Älteren
Edda, aus den teilweise bis in die Zeit des Megalithikums zurückgehenden
Volkssagen, die in farbigster Weise das Leben der toten Ahnen schildern!
Und zwar ein Leben ohne Höllenfeuer, Peinigung durch Teufel und ähnlichen
christlichen Schwachsinn.
Eigentlich ist das, was wir den Quellen entnehmen können, eindeutig
genug. Natürlich besaßen die unterworfenen Stämme zum größten
Teil keine ausgeprägte Schriftkultur (Mit Ausnahme der Runenschrift
natürlich !). Deshalb sind diese Quellen überwiegend christlichen
Ursprungs. Aber gerade das verleiht ihnen eine besondere Beweiskraft hinsichtlich
des Verbrecherischen der Missionierung. Denn die Bekehrer brüsten
sich ja darin ihrer Untaten oder stellen sie als selbstverständlich
und notwendig hin. Würden wir nicht die Identität der Autoren
kennen, könnten wir angesichts vieler Schilderungen fast von typischer
Greuelpropaganda sprechen. So aber ist die Schande der Missionare um so
größer, die den Heiden eine Religion der "Nächstenliebe"
bringen wollten. Im Grunde war der Marquis de Sade ein Stümper gegen
jene Art von literarischem Sadismus.
VII. Christliche Umerziehung als Belastung im kollektiven Gedächtnis der Unterworfenen
Noch
im Jahre 1603 führte die Bevölkerung in Hildesheim ein Ritual
durch, das man geradezu als schwarzmagischen Haß-Kult katholischer
Fanatiker bezeichnen muß: Auf dem Hildesheimer Domhof wurde
jedes Jahr, am Sonnabend nach Laetare ein Gestell aus zwei Hölzern
aufgerichtet, auf das man zwei Kegel stellte. Auf diese Kegel veranstalteten
die Jugendlichen ein Wettwerfen mit Steinen oder Stöcken. "Unter diesen
Kegeln sind die heidnischen, teuflischen Götzen zu verstehen, welche
die christlich gewordenen Sachsen niedergeworfen haben" (zit. b. Jacob
Grimm, Dt. Mythologie, Bd.I, S.158). Nach der selben Quelle soll es auch
in der Schweiz einen ähnlichen Brauch gegeben haben, bei dem man flache
Kieselsteine auf dem Wasser tanzen läßt. Es hieß "Heiden
werfen". Vom Anfang des 16. Jahrhunderts wird uns aus Halberstadt berichtet,
daß die Domherren selbst am Montag Laetare "hölzern Kegel an
stat des abgots aufsetzen und darnach allesamb werfen" . Ähnliches
berichtet auch eine Paderborner Chronik aus Westfalen, wobei hier wieder
Kinder dazu aufgefordert sind, ihren Spott mit dem fremden Gott zu treiben.
Noch bis zum Jahre 1811 gab es neben der Klosterkirche St. Matthias zu
Trier einen zeitweise angeketteten Marmortorso einer Venus-Statue, die
von Jugendlichen und Wallfahrern regelmäßig mit Steinen beworfen
wurde. In Antweiler (Kreis Euskirchen) stand eine alte heidnische Figur,
die von jedem zur Erstkommunion ausersehenen Kind auf Weisung des Pfarrers
"gesteinigt" werden mußte (Alle Angaben n. HdA, Bd.3, S.1653).
Die volkskundliche Forschung weist übrigens auch darauf hin, daß
es diverse Volkssagen gibt, die den Übergang vom Christentum zum Heidentum
mit heftigen Schlachten in Verbindung bringen, bei denen es zwischen 3000
und 13 000 Tote gegeben haben soll. In Schwaben, im Kreis Bergheim, in
Tirol und Kärnten gibt es mindestens ein halbes dutzend Orte, an denen
solche Schlachten stattgefunden haben sollen (s. HdA, Bd.3, S.1645). Solche
kollektiven Erinnerungen beweisen in jedem Fall, daß die Christianisierung
als heftiger und einschneidender Bruch mit der religiösen Vergangenheit
empfunden worden sein muß.
Auch in zahlreichen Äußerungen des volkstümlichen Aberglaubens
manifestiert sich nicht etwa die Dummheit des Volkes, sondern die Spannung,
die mit den Ansprüchen der Bekehrer in die Seele der Menschen getragen
wurde:
Einige Volkssagen berichten davon, daß beispielsweise Ehen zwischen
Christen und Heiden unfruchtbar bleiben müßten.
In vielen deutschen Landschaften wird berichtet, daß die hilfreichen
Mächte des ländlichen Lebens wie die Zwerge oder auch Wassergeister
in Scharen davonzogen, als die Bewohner sich zum Christentum bekehrt hatten.
Sie sollen die Geräusche der Kirchenglocken als störend, ja beleidigend
empfunden haben. Diverse Sagen und Märchen berichten sogar von Bekehrungsversuchen
christlicher Geistlicher an Zwergen und Hausgeistern.
Am perversesten wird es dort, wo ein jedes neugeborene Kind als "Heidenkind"
gilt, das durch die Taufe überhaupt erst einmal zum "Christenkind"
gemacht werden muß. So pflegten die Hebammen in Westböhmen kurz
vor dem Gang zur Taufe zu sagen: "Einen Heiden tragen wir fort, einen frommen
Christen bringen wir wieder." Hatte eine Mutter ihr eigenes Kind noch vor
der Taufe ein Stück getragen, galt sie nicht mehr als richtige Christin:
Es bedurfte eines Extrasegens von seiten des Priesters, um sie wieder zu
"reinigen".
In all diesen volkstümlichen Bewußtseinsinhalten wird die tendenzielle
Minderwertigkeit erkennbar, die man den "Ungläubigen" zuschrieb.
Und es wird deutlich, wie selbst noch Jahrhunderte nach der Christianisierung
eine Art ritualisierte Unterwerfung die Bereitschaft zur Unterordnung fördert
und tief in den Seelen der Menschen verfestigt.
Es
ist verständlich, daß es irgendwann einmal in bestimmten Regionen
Europas überhaupt keine sichtbaren Monumente heidnischen Glaubens
mehr gab - was nichts daran änderte, daß die Menschen ihre Religion
nach wie vor im Herzen trugen.
Die
heiligen Steine hatte man zerschlagen, Tempel verbrannt, heilige Haine
gerodet, Götterbilder zerstückelt. Wesentlich langwieriger und
schwieriger war die Zerstörung von Gedanken und Empfindungen. Die
Beschlüsse der Kirchenkonzile und die staatlichen Gesetze in den Jahrhunderten
nach der offiziellen Einführung des Christentums legen Zeugnis ab
von einem komplexen System der Gehirnwäsche, die wie ein roter Faden
die ganze frühmittelalterliche Kultur Europas durchzieht. Verdächtigungen,
Verbote, Strafandrohungen bis hin zur physischen Vernichtung waren die
Mittel, mit denen das Christentum mühsam den passiven Widerstand
der noch heidnisch gebliebenen bäuerlichen Bevölkerung zu ersticken
versuchte.
Beispielsweise
verbot der englische König Knut (1014- 1035) die Verehrung jeglicher
Waldbäume, wie etwa die "eitlen Gebräuche mit Hollunder" (zit.
b. Herrmann, S.502)
Der
Historiker Hansen listet für die Zeit von 1258-1526 siebenundvierzig
päpstliche Erlasse auf, die sich ausschließlich gegen Zauberei
und Hexerei richten. In den Jahren 1270-1540 erschienen allein sechsundvierzig
Bücher, in denen gegen das gleiche "Delikt" zu Felde gezogen wird
(zit. i. Vorwort zum Hexenhammer, S.XIII).
Es
ist also völlig abwegig, wenn manche Historiker der Hexenverfolgung
so tun, als wenn die Verfolgung mit der Publikation des berüchtigten
"Hexenhammer" im Jahre 1487 überhaupt erst begonnen hätte. Das
Gegenteil ist der Fall: Das ganze Mittelalter über herrschte ein andauernder
Grabenkampf der Kirche gegen altheidnische Anschauungen und Praktiken im
Volke, erst mit Beginn der Neuzeit setzte allerdings wieder die Strategie
des unmittelbaren physischen Terrors gegenüber der bisherigen psychoterroristischen
Methodik ein.
So
hatte sich z.b. das Konzil von Toledo aus dem Jahre 633 gegen direkte Zwangsbekehrung
oder Zwangstaufe entschieden. Dennoch sollte nach den gleichen Beschlüssen
Zwang gegen Menschen angewandt werden, die sich nach ihrer Bekehrung wieder
vom Christentum abwenden wollten.
Die
zivile mittelalterliche Rechtsordnung sah die brutalsten Strafen für
"Abtrünnige" vor: Pfändung von Nutztieren, vollständige
Vermögenseinziehung, Landesverweisung und in besonderen Fällen
sogar das Skalpieren (Zit. bei Kahl, S. 56).
Ein
ganz wesentlicher Grund für die Festigung der christlichen Herrschaft
war aber der große Kompromiß mit Elementen des unterworfenen
Heidentums. Im kirchlichen Heiligenkult lebte der differenzierte Polytheismus
des heidnischen Europa wieder auf.
In
priesterlich gesegneten Flurumgängen und Prozessionen erstanden alte
heidnische Fruchtbarkeits- und Gestirnrituale neu. Und auch die alten Kultstätten
wurden als Wallfahrtsstätten in den christlichen Kult integriert.
Wir brauchen dies hier nicht im Einzelnen darzulegen: Die Volkskundeforschung
hat schlagende Beweise in Hülle und Fülle für solche Benutzung
heidnischer Ritualistik in der volkstümlichen christlichen Frömmigkeit
gefunden. Es handelte sich dabei um die tiefenpsychologisch geschickteste
Strategie zur Köderung der Unterworfenen. Allerdings wirft gerade
diese Tatsache ein geradezu "tödliches" Licht auf den Maßstab
kirchlicher Wahrheitsliebe. War es doch den Missionsbischöfen darum
gegangen, heidnisch-teuflische Irrtümer durch die christliche Wahrheit
zu ersetzen. Nun aber gab man die Wahrheit sogar um der absoluten Macht
willen preis ! Wie sinnlos die Blutopfer der getöteten Heiden, wie
erbärmlich das absurde Theater der Bekehrer mit ihrer perversen Teufelsfurcht
!
Und
obwohl nun die christliche Religion mit heidnischen Elementen wie
ein Flickenteppich durchsetzt war, wurde trotzdem ein Feldzug nach dem
andern gegen Häretiker, Ketzer und Zweifler in den eigenen Reihen
geführt. So verteidigte die Kirche etwas, das sie selbst gar nicht
mehr besaß: Konsequente Reinheit einer ursprünglichen Lehre.
Ein zusammengeschustertes Chaos aus allen religiösen und philosophischen
Zerfallsprodukten der mediterranen und mitteleuropäischen Welt - das
war die "Ekklesia" in den Tagen ihres Glanzes.
Den
ersten Hinweis darauf, daß jegliche Art von Häresie im Grunde
nicht ein innerkirchliches Phänomen sondern ein Rückfall in offenkundiges
Heidentum darstellt, verdanken wir Dietmar v. Merseburg (975-1018).
Wenngleich
es durch all diese Aktivitäten der Zwangsmissionierung kaum noch einen
Ort in Europa gab, wo man heidnisches Brauchtum offen und ungestört
praktizieren konnte, so kam doch dadurch das geistige Leben des Heidentums
nicht zum Verlöschen. In der Stille der Nacht, in geheimen Hainen
dunkler Wälder versammelten sich die Heiden zur Anbetung der alten
Göttinnen und Götter nach wie vor.
Und besonders in den weiblichen Priesterbünden Germaniens konzentrierte
sich der Widerstand des Volkes, war doch j e d e r Frau von vornherein
die geistig-religiöse Arbeit in der kirchlichen Priesterschaft verwehrt.
Die einzige Ausnahme bildete eine sklavische Existenz als Nonne hinter
den undurchdringlichen Mauern eines Klosters.
Durch diese besonders betonte Frauenfeindschaft des Klerus bildete sich
in den Bünden der Hag-Idisen, auch Hexen genannt, ein besonders aktiver
Gegenpol zur Kirche heraus. Sowohl im Bereich der Weitergabe alter Mythen
und Legenden an die Kinder als auch in ihrer heilkundlichen Tätigkeit
als Kräuterfrauen und Hebammen machten sich die Frauen unentbehrlich.
Das stellte eine massive Konkurrenz für den "Seelsorger" dar, der
auf diese Weise seinen Einfluß auf die Menschen mit den alten Priesterinnen
teilen mußte. Und wenn wir den Erzählungen der Märchen
als verdeckten geschichtlichen Quellen Glauben schenken, waren sie in allen
Lebensbereichen präsent: Bei der Geburt eines Kindes erschienen sie
als "Feen", die das Kind segneten und ärztlich versorgten. Am abendlichen
Herdfeuer machten sie die Kinder und Heranwachsenden mit den alten Legenden
des Volkes vertraut. Damit waren sier auch im Geistig- Seelischen ebenbürtige
Kontrahenten der Priester, die nun versuchen mußten, in der sonntäglichen
Predigt den "heidnischen Unflat" wieder auszubügeln.
Natürlich ist die Existenz derartiger kultischer Frauenbünde
von interessierter Seite öfter bestritten worden. Doch es gibt durchaus
Hinweise, die so deutlich sind, daß wir dabei über bloße
Vermutungen hinausgehen können. So polemisiert z.B. Burkhard von Worms
(gest. 1025) in seinen Bußbüchern gegen den Glauben, "es könnten
Weiber bei geschlossenen Türen ausfahren und reitend auf Bestien hoch
in den Wolken einander Kämpfe liefern, Wunden austeilen und empfangen"
(zit. b. Erich Jung, S. 210). Die isländische Edda und die Sagas sind
voll von Erzählungen über Frauenbünde, die in der Luft reitend
oder mit Schwanen- bzw.Falkengewändern fliegend die Toten ins Jenseits
geleiten. Zugleich wird immer wieder deutlich, daß diese Frauen auch
recht irdischer Natur sind und sich mit lebenden Männern verbinden
können. Weiterhin bekannt sind Überlieferungen von Bünden
priesterlicher weiser Frauen, die auf den Gipfeln heiliger Berge sitzen,
wobei die Neunzahl eine herausragende Rolle spielt. Überall treffen
wir dieses Bild an: Bei den griechischen Musen, bei den römischen
Vestalinnen, bei den neun Müttern Heimdalls oder etwa bei den neun
heiligen Frauen auf dem "Lyfjaberge", der im eddischen Fjöllswinnsmal
von einem einsamen Helden erstiegen wird. Es sind zwei Merkmale, die wir
bei all diesen Überlieferungen antreffen: Einmal die Unabhängigkeit
und Abgeschlossenheit dieser Bünde und zum anderen ihre Konzentration
auf die Pflege bestimmter Wissenschaften und Künste, wie etwa der
Dicht- oder Heilkunst.
Johannes Agricola (1494-1566) bringt die germanische Göttin Holda
mit den Hexen in Zusammenhang, von denen er schreibt: "die auff dem mantel
/ bocke / rocken / dachtrogen vnd ofengabbeln zu frawen Unhulden farren".
Und Erasmus Alberus erwähnt in seinem "Buch der Tugend und der Weisheit"
im Jahre 1550 von einer Ansammlung von Frauen, "fraw Hulda" habe sie ausgesandt.
Stephanus Lanzkranna, Propst von St. Dorotheen in Wien, veröffentlichte
1484 erstmals das Werk "Hymelstraß". Darin brandmarkt er als üble
Abgötterei den Glauben an "der tyer begegnung, an gefunden ding, an
die frawen bercht oder an die frawen holt, an herodiasis, an dyana, die
heidenisch goettin oder tewfelin, an die nachtuarenden, an die bilweyß...".
Ein Prediger namens Johannes Herolt hetzt in seinen sermones dominicales
gegen jene, "die glauben, daß Diana, welche man in deutscher Sprache
Frau Percht nenne, mit ihrer Schar des Nachts herumzustreifen pflege".
Im Thesaurus pauperum von 1468 ist davon die Rede, daß viele an eine
Ankunft mehrerer Weiber in den heiligen zwölf Nächten glauben,
deren Anführerin die "Herrin Perchta" sei.Auch in einem hessischen
Hexenprozeß von 1630 wird "fraw Holt" erwähnt.
Die Belege im letzten Absatz verdanken wir dem Volkskundeforscher Peuckert,
der in seinem Werk noch eine Fülle von Belegen zum Zusammenhang zwischen
dem Hexenkult der beginnenden Neuzeit und volkstümlichen Geistwesen
wie Holda, Percht und der sogenannten Bilwisfrau bringt (S. Peuckert, S.100-118).
Warum diese ausführlichen Auszüge ?
Es geht einfach darum, der kirchenamtlichen Geschichtslüge die Spitze
abzubrechen, daß das Hexentum auch als heutiger zeitgenössischer
Kult illegitim sei, da es eine reine Angstprojektion der Verfolger darstellte,
oder ganz einfach nur auf Denunziation beruhte. Die geschichtlichen Grundlinien
laufen aus der germanischen, keltischen und slawischen Religion direkt
bis ins 15. Jahrhundert und münden hier in das Phänomen des "Hexenkults"
ein. Letzterer beweist überdeutlich, daß es noch in dieser Zeit
gleichsam eine unterirdische heidnische Religiosität gegeben haben
muß, deren Träger geheime Frauenbünde waren. Wobei der
Gesichtspunkt der Geheimhaltung nicht im Wesen der Sache, sondern in der
Intoleranz jenes Zeitalters begründet liegt.
Eine besondere Spur hinsichtlich eines authentischen Hexenkults ergibt
sich aus der sogenannten "Rockenphilosophie". Hierbei handelt es sich um
umfangreiche Sammlungen über Vorstellungen und Praktiken der einheimischen
Volksmagie. Die diesbezüglichen Werke, deren erstes gegen 1475 zu
Brügge gedruckt wurde, verstanden sich als Niederschrift von Gesprächen
zwischen Frauen und Mädchen in den Spinnstuben oder Rockenstuben.
Ausgaben entsprechender Bücher erschienen u.a. 1520 in Antwerpen,
1537 in England, 1537 in Deutschland ("Der alten Weiber Philosophey") bis
hin zu einem Werk von Prätorius aus dem Jahre 1662.
(Angaben nach dem HdA, Bd. 7, S.761).
Eine Fülle von Angaben über Sympathie-Magie, Traum- und Sterndeutungsregeln
sowie Verhaltensmaßregeln für die Jahresfeste können z.B.
der 1987 in Leipzig nachgedruckten Ausgabe von Schmidts "Rockenphilosophie"
von 1718/22 entnommen werden. Es handelt sich um insgesamt 600 Regeln und
Weisheiten magischer Art, die zu belegen scheinen, daß die Versammlungen
der Frauen während des Spinnens wirklich ein "Konservatorium" uralten
Volkswissens darstellten.
So konnte es nicht lange ausbleiben, daß die Kirche irgendwann einmal
in massiver Weise gegen diese Form aktiven Volkswiderstandes vorgehen mußte,
um nicht ihre eigene Existenz zu untergraben.
Besonders scharf setzte die Verfolgung gegen Beginn des 15. Jahrhunderts
ein - um diese Zeit beginnt sich auch in Südeuropa, in Italien der
Geist des Heidentums neu zu regen: In der Renaissance wendet man sich wieder
den alten Gottheiten der antiken Welt zu: Eine geistig-religiöse Revolution
! Es war eine Zeit, in der die Kirche sich
in der Gefahr wähnte, ihre bisherige gesellschaftliche und politische
Macht völlig einzubüßen - nur so kann man sich die heftige
Reaktion ihres systematischen Mordterrors erklären. Schließlich
hatte man ein halbes Jahrtausend lang, von punktuellen Aktionen wie
den Kreuzzügen einmal abgesehen, in erster Linie mit theologischer
Propaganda, Verordnungen, Konzilsbeschlüssen und Predigten sowie der
Beichtpraxis gegen die alte Religion gekämpft. Doch das 15. Jahrhundert
schien den Überlebenstrieb der Kleriker zu heftiger Gegenwehr anzuregen.
Es entstehen neue gesellschaftliche Klassen in den Städten, die ein
relativ eigenständiges und unabhängiges Individualbewußtsein
entwickeln. Es entstehen mit dem Buchdruck neue intellektuelle Verständigungsmittel,
die völlig außerhalb der üblichen Vermittlungswege
(Kanzel und theologisches Seminar, Klosterschulen) existieren konnten.
Es bricht mit dem Interesse der Akademiker an der antiken Metaphysik eine
Sturzwelle magisch-esoterischer Praktiken über das Abendland herein,
die sich ohne weiteres zu einer Ersatzreligion für die geistig Selbständigen
hätten entwickeln können (Agrippa v. Nettesheim, Paracelsus,
Pico della Mirandola, der Faust-Mythos). Das Zeitalter der Entdeckungen
beweist den Menschen, daß die Welt viel größer, farbiger
und unberechenbarer ist, als es die mittelalterlichen Scholastiker erkennen
konnten oder wollten. In dem Augenblick, als sich die Horizonte sichtbar
auf neue Kontinente richten, verliert die dumpfe Enge des mittelalterlichen
Ständesystems und das absolute Patronat der Kirche an Bedeutung. Es
schrumpft zu einem nahezu wesenlosen Nichts zusammen !
Sicher hat die Kirche mit dem ihr eigenen Machtinstinkt erkannt, wie überflüssig
sie nun im Laufe der kommenden Jahrhunderte werden würde.
Mit den Mitteln der Denunziation und systematischer Folter wurden Millionen
von Frauen auf den Scheiterhaufen gebracht. Nach vorsichtigen Schätzungen
Voltaires waren es ca. 20 Millionen Menschen, die durch den Terror der
Kirche ihr Leben lassen mußten, wobei Kriege nicht berücksichtigt
worden sind. Ungefähr 8 Millionen getöteter Hexen sind darunter,
wobei sicher viele davon nur aufgrund von Denunziation getötet wurden,
ohne eine bewußte Beziehung zur alten Religion zu haben. Nach Angaben
von Gerlinde Schilcher müssen es etwa 9-11 Millionen Opfer gewesen
sein (Rez. Heinsohn/Steiger, in: Alternativ-Magazin 5/85, Steinbach/Linz
1985, S.9)
Manche aber wurden getötet, weil sie auf ganz naive Art und Weise
ihre religiösen Erlebnisse schilderten: So berichtet Vulpius von dem
Fall einer Frau in Großbritannien namens Talico-Peason, die bekannt
hatte, mit der Elfenkönigin in Verbindung zu stehen. Sie gab an, an
ihrem Hofe gewesen zu sein und dort geraubte Verwandte besucht zu haben.
1586 wurde sie für diese "Untat" verbrannt.
Es ist einer der üblichen Irrtümer, den Protestanten besondere
Toleranz und Menschenfreundlichkeit zuzuschreiben. Das es sich hier um
reine Propaganda handelt, beweisen drei Fälle aus dem protestantischen
Skandinavien: Im Jahre 1691 bekannte ein zweiundzwanzigjähriger Mann
aus Markhärad, daß er an die volkstümlichen Legenden zwischen
Menschen und "Waldfrauen" (eine Art Vegetationsgeist) glaube. Darauf legte
ihm das Häradsgericht sträflichen Umgang mit einem solchen Geistwesen
zur Last und schickte ihn aufs Schafott (Spiesberger, Elementargeister-Naturgeister,
Freiburg i. Br. 1961, S.139). Wegen des gleichen Vergehens wurde noch 1701
einem anderen "Delinquenten" der Prozeß gemacht.
In
Island wurden im Jahre 1626 zweiundzwanzig Personen wegen Zauberei lebendig
verbrannt. Das erste Opfer dieses christlichen Massenmordes war ein Mann,
in dessen Besitz man ein einziges Runenzeichen gefunden hatte ! (zit. b.
Arntz, Handbuch der Runenkunde).
Noch 1781 wurde in Spanien eine Hexe getötet, 1782 in der Schweiz
und 1783 in Polen. Mitten im Zeitalter der Aufklärung ! Dabei ist
zur Unehre des Christentums zu bemerken, daß sich Protestanten ebenso
eifrig an der Hexenverfolgung beteiligten, wie die römischen Priester.
Das verwundert uns auch deshalb kaum, weil die Protestanten als besonders
bibeltreue Christen in gehorsamer Nachfolge des Apostels Paulus eine betont
frauenfeindliche Anschauung verteten mußten.
Über die Geschichte der Hexenverfolgungen sind mittlerweile zahlreiche
dickleibige Werke erschienen, die das historische Detail genauer schildern,
als ich es in diesem Kapitel vermag.
Hier ging es aber in besonderer Weise um den Zusammenhang mit der Geschichte
der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends: Die Behauptung einer freiwilligen
Aufnahme des Christentums bei den Stämmen und Völkern Europas
wird umso unglaubwürdiger, wenn wir die Intensität der heidnischen
Renaissance 200 bis 300 Jahre später bedenken !
In der Tat waren ja Pruzzen und Litauer gerade erst bekehrt worden, als
im Westen Europas bereits die ersten Hexenfeuer flackerten.
Gerade diese historische Kontinuität beweist eindeutig, daß
das Christentum immer nur von einer relativ dünnen Schicht von Adligen,
Klerikern und später (im Protestantismus) Bildungsbürgern vertreten
wurde. Das Volk, insbesondere in entlegeneren Gegenden, war eher bereit
gewesen, den alten Göttern treu zu bleiben.
Die Christianisierung Europas mag manchem zeitgenössischen Kosmopoliten
von heute nur mehr ein müdes Lächeln abgewinnen.
Wen interessieren schon diese geschichtlich abseitigen "Problemchen" angesichts
der Ausbeutung und Verelendung in der dritten Welt ?
Doch sollte man sich einmal mit aller Deutlichkeit klar machen, daß
die Verknüpfung der wirtschaftlichen Gegebenheiten in Afrika, Südamerika
und Asien mit den Vampiren des internationalen Kapitals nur der Endpunkt
einer Versklavungsstrategie war, die im geistig-religiösen Bereich
begann.
Und auch die geistige Knebelung durch die Mission war überhaupt nur
möglich, weil ganz Europa das Opfer einer menschenverachtenden, absolutistischen
und feudalistischen Ideologie geworden war. So gesehen wurde Europa der
Infektionsherd, von dem aus die ganze Erde in einen Strudel sadistischen
Machtmißbrauchs gezogen wurde.
Wir wollen natürlich nicht behaupten, daß alle nichtchristlichen
Kulturen und Gesellschaftsordnungen Ausdrucksformen reiner Menschlichkeit
gewesen seien. Das wäre zweifellos naiv. Und dennoch bleibt es festzustellen,
daß durch das Christentum um Verstand und Instinkt gebrachte Europäer
die prachtvollen Kulturen der Inkas, Mayas und Azteken zerstört haben.
Daß sie zahllose, in paradiesischer Harmonie lebende, wahrhaft noch
naturverbundene Stämme knechteten und der Vernichtung preisgaben.
So bleibt letztlich die Überzeugung zurück, daß eine gerechte
Weltordnung nur verwirklicht werden kann, wenn auch die Europäer aus
dem Zustand ihrer religiösen Unmündigkeit in einen Zustand der
naturreligiösen Befreiung treten. Solange auch wir noch an den "Großen
Bruder" im Jenseits glauben, der jede unserer Regungen beobachtet, werden
wir nicht den Menschen in anderen Erdteilen die ihnen gebührende Freiheit
zurückgeben können. Denn die global-autoritäre Aufsicht
über die Völker, wie sie z.B. der internationale Währungsfond
und die Weltbank ausüben, entspricht genau diesem "Gottvater-Modell",
ist also eine permanente angebliche Hilfestellung auf der Grundlage vorgetäuschter
Nächstenliebe.
Als Christoph Kolumbus 1492 in Amerika landete, tat er es nicht nur als
goldgieriger Abenteurer, sondern auch als Abgesandter der spanischen Königin
Isabella, die in ihrem Lande Schutzherrin der Heiligen Inquisition geworden
war. Die Tatsache, daß die einheimischen Bewohner des neuen Kontinents
keine Christen waren, führte zu der Betrachtungsweise, daß man
sie eben eigentlich auch nicht als Menschen betrachten konnte. Bereits
drei Jahre nach seiner famosen "Entdeckung" führte Columbus persönlich
einen Feldzug mit einigen Rittern, zweihundert Fußsoldaten und dressierten
Bluthunden gegen die Eingeborenen von Santo Domingo.
Über fünfhundert von ihnen wurden nach Spanien verschifft und
in Sevilla als Sklaven verkauft. Da es gegen diese Art von Behandlung auch
theologische Proteste gab, rückversicherten sich die Eroberer auf
theologischer Basis: Es bestand, zumindest juristisch gesehen die Möglichkeit
für die Indianer, der Versklavung um den Preis des Bekenntnisses zum
Katholizismus zu entgehen. Also auch hier, wie bei den alten europäischen
Stämmen, eine Aufforderung zum Glaubenswechsel mit gezogenem Schwert.
Dabei wurde ihnen (in spanischer Sprache, ohne Dolmetscher !) folgender
Aufruf vorgelesen, der an Deutlichkeit und Entschlossenheit kaum zu überbieten
ist: "Wenn ihr es nicht tun solltet oder es bösartig verzögert,
bestätige ich euch, daß ich mit Gottes Hilfe machtvoll bei euch
einziehen und Krieg gegen euch führen werde, wo immer und wie immer
ich könnte, und daß ich euch dem Joch und der Gehorsamkeit zur
Kirche und zu seiner Majestät unterwerfen, eure Frauen und Kinder
nehmen und sie zu Sklaven machen und als solche verkaufen und über
sie verfügen werde, wie seine Majestät es befehlen, und daß
ich eure Güter nehmen und euch alle Übel und Schäden zufügen
werde, die ich könnte..." (Galeano, S.34).
Und Galeano meint auch: "Das Epos der Spanier und der Portugiesen in Amerika
verknüpfte die Verbreitung des christlichen Glaubens mit der unrechtmäßigen
Inbesitznahme und der Plünderung des Reichtums der Eingeborenen" (S.
36). Die Eingeborenen, die von den goldgierigen katholischen Konquistadoren
zu unmenschlicher Zwangsarbeit gezwungen wurden, töteten ihre eigenen
Kinder und begingen reihenweise Selbstmord.
Sicher wäre es ungerecht, wenn wir das Christentum verantwortlich
für die Goldgier von Cortez und Pizarro machen würden. Wenn es
in den Tempeln der Inkas und Mayas massenhafte Zerstörung von Götterbildern
und Kultgegenständen gab, so hatte dies vordergründig ökonomische
Gründe, da man dem Gold eine handliche Barrenform geben wollte. Und
dennoch muß man sich die Frage stellen, ob es nicht die mitreisenden
Geistlichen auch von sich aus getan hätten, nur um der fremden Religion
Abbruch zu tun. In jedem Fall erhebt sich widerum das Problem der "christlichen
Nächstenliebe", von der wir in der ideologisierenden Rechtfertigung
des millionenfachen Völkermordes nicht das Geringste verspüren.
Man schätzt, daß es vor dem Einfall der Europäer
bei Azteken, Inkas und Mayas eine Gesamtbevölkerung von mindestens
siebzig bis neunzig Millionen gab. Innerhalb von anderthalb Jahrhunderten
war diese Bevölkerung auf nur dreieinhalb Millionen zurückgegangen
! Die Ursachen: Kriege, Seuchen europäischer Herkunft, Zwangsarbeit
und Hunger durch Vertreibung.
Schließlich mußten die ausgerotteten Eingeborenen Süd-
und Mittelamerikas ersetzt werden durch Sklaven des afrikanischen Kontinents.
In dem kolumbianischen Hafen Cartagena wurden die schwarzen Neuankömmlinge
zuallererst getauft, um anschließend an die Meistbietenden verschachert
zu werden. So gingen Christentum und Menschenhandel Hand in Hand über
Leichen.
Gab es für dieses Verbrechen wirklich eine offene Rechtfertigung ?
Nun, der Graf von Buffon bezeichnete die Indianer als kalte und schwache
Tiere, bei denen "keinerlei Anzeichen von Seele festzustellen seien". Sogar
Voltaire vertrat noch die Überzeugung, daß die Indianer faul
und dumm seien. Im 17. Jahrhunert vertrat Pater Gregorio Garcia die Auffassung,
daß die Indianer aufgrund eines angeblich jüdischen Ursprungs
"faul seien, nicht an die Wunder Jesu Christi glaubten und den Spaniern
nicht für all das Wohl, das diese ihnen erwiesen hätten, dankbar
seien". Zwar hatte Papst Paul III. im Jahre 1537 eine Bulle erlassen, in
der die Indianern großzügigerweise zu "echten" Menschen erklärt
wurden. Doch erstens gab es zahlreiche Theologen, die dieser Aussage nicht
zustimmten. Und außerdem zeigt ja schon die bloße Erörterung
eines solchen Themas, daß es einen theologisch motivierten Rassismus
g a b, der die Indianer nur aufgrund ihrer andersartigen religiösen
Tradition zu Untermenschen machte. So bemerkte im Jahre 1557 ein Mitglied
des (spanischen) Königlichen Rates, daß sich die Indianer auf
einer so tiefen Stufe der menschlichen Entwicklung befänden, daß
sie unfähig seien, der Gnade des Glaubens teilhaftig zu werden.
Noch im Jahre 1957 waren in Paraguay Restbestände dieser Einstellung
vorhanden: Eine Umfrage der Universität Asuncion ermittelte, daß
von zehn Paraguayanern acht der Meinung wären, daß "die Indios
wie Tiere" seien.
Das, was die portugiesischen und spanischen Kanonen nicht im ersten Anlauf
erreichten, nämlich die intensive Erschließung und Durchdringung
verborgenster Winkel in Bergregionen und Regenwäldern - dies leisteten
die Jesuiten mit ihrem schlauen diplomatischen Vorgehen. Sie lernten die
Sprachen der Stämme, lebten mit ihnen zusammen, gründeten landwirtschaftliche
Gemeinschaften und Schulen. Es wäre ein tödlicher Fehler, darin
eine Manifestation christlicher Nächstenliebe zu sehen, "...denn erst
wenn die mißtrauischen und scheuen Eingeborenen für die Kirche
gewonnen waren, wurden sie damit auch zu brauchbaren und verläßlichen
Sklaven der Europäer" (Fülöp-Miller, S. 343).
Ein besonders zweischneidiges Schwert war der "Jesuitenstaat" in Paraguay,
wo die Jesuiten zu Beginn des 17. Jahrhunderts ein "kommunistisch" anmutendes
Gemeinwesen aufbauten. Zwar schützten sie damit die Eingeborenen vor
dem Terror der iberischen Sklavenhändler, zerstörten aber zugleich
deren unbeschwertes Leben als frei schweifende Jäger und Waldbewohner.
Man führte die Indios in die Zivilisation ein, das heißt, sie
wurden in landwirtschaftliche und handwerkliche Produktionsprozesse eingespannt,
die ihren bisher ungebundenen Lebenswandel einem genau organisierten Reglement
unterwarf. Und das alles hatte begonnen unter Ausnutzung naturmenschlicher
Naivität mit musikalischen Darbietungen, mit denen die ersten Missionare
die Einheimischen angelockt hatten ! Wen sollte es nicht aufhorchen lassen,
wenn selbst ein um Objektivität bemühter Autor wie Fülöp-Miller
schreibt, die "angeborene Arbeitsscheu" der Indianer sei durch das unaufdringliche
jesuitische Wirken zielgerichtet überwunden worden, wodurch "eine
regelrechte Industrie" entstanden sei. Nun, in den Zwanziger Jahren konnte
man solchen Schwachsinn noch schreiben. Heute ist uns viel stärker
bewußt, welche kollektiven seelischen Zerstörungen und vernichtende
Einflüsse auf die Natur die Industrialisierung hervorgebracht hat.
Auch in Nordamerika sah es nicht sehr viel menschenfreundlicher aus. Die
englischen Puritaner, die 1620 in Massachusetts eingewandert und der Liquidation
in der alten Heimat um ein Haar entronnen waren, begannen alsbald, ihre
besonders stark am alten Testament orientierte Einstellung in die Tat umzusetzen:
Der theologisch motivierte Historiker spricht von "greuelvollen Kämpfen",
"Glaubenskriegen", mit denen die Christianisierungsarbeit der Pilgerväter
unter den nordamerikanischen Indianerstämmen einherging (Rel. i. Gesch.
u. Gegenwart, S.1556, Tübingen 1927).
Es wäre etwas großzügig, würde man die nahezu vollständige
Zerstörung einer eigenständigen indianischen Kultur als Ergebnis
einer "üblichen" kulturellen Auseinandersetzung betrachten, wie sie
sich bei Völkerwanderungen größten Ausmaßes oft einstellen.
Gerade dies ist eben aufgrund der spezifischen Ideologie der Mayflower-Emigranten
nicht der Fall. Es war gerade ihre vom Alten Testament her geschulte Ausrottungsstrategie,
die das Fremde nicht verstehen oder ergründen wollte sondern es als
bedrohliche, heidnische Verführung um jeden Preis vernichten mußte.
Der eindeutige Beweis für die biblisch- christlich begründete
Ursache der Ausrottungspolitik zeigt sich in der Einstellung der katholischen
Franzosen im Mississippi-Gebiet, deren Einstellung den Indianern gegenüber
weitaus weniger verbohrt, wesentlich liberaler und eher auf Zusammenarbeit
als auf Ausrottung ausgerichtet war. Schließlich wissen wir eben
auch, welchen wesentlich größeren Stellenwert das Alte Testament
für die protestantischen Puritaner im Gegensatz zu den Katholiken
der Neuzeit hatte. Aus all dem können wir, im Zusammenhang mit den
Erkenntnissen aus Kptl. II (Ideologische Grundlagen) die Schlußfolgerungen
ziehen.
Allerdings war der späteren Ausrottungspolitik der Puritaner noch
eine andere Phase vorangegangen, bei der in erster Linie mit der
Methode arglistiger Täuschung gearbeitet wurde. Die Neuengland-Kolonie
Virginia mit der Hauptstadt Maryland war zunächst eine katholische
Gründung gewesen. Mit Angelgeräten und Zuckerwerk hatten sich
die Jesuiten hier an die örtlichen Häuptlinge herangemacht, und
sie mit derart lächerlichen Lockmitteln zur Annahme der fremden Religion
und zur Aufgabe ihrer einheimischen Lebensformen, wie z.B. der Polygamie
veranlaßt. Auch bei der späteren Bekehrung der kanadischen Huronen
brach man polygame Lebensformen, indem man die christliche Eheschließung
mit einem verlockend prachtvollen Ritus versah: So human diese jesuitischen
Praktiken auch erscheinen mögen, so verbrecherisch ist doch an ihnen
der Mißbrauch des sensiblen Gemüts der Eingeborenen, ihrer natürlichen
Naivität. Bald gerieten die katholischen Neuengland-Siedler dann aber
in eine Minderheit gegenüber den protestantischen Farmern. Und diese
setzten zur "Lösung der Heidenfrage" eher auf offenen Terror als auf
indirekte Täuschungsmanöver.
In der praktischen Realität spielte sich die Behandlung der Ureinwohner
durch die Kolonisatoren als eine Art Menschenjagd ab, getreu dem Grundsatz:
"Jeder Indianer ist ein schlechter Indianer, nur ein toter Indianer ist
ein guter Indianer." Was sollte man auch von Menschen erwarten, die in
ihrem Staat Massachusetts Hexen verbrannten und öffentliche Küsse
zwischen Verheirateten unter Strafe stellten ! So wurden auch behördliche
Kopfpreise für erlegte Indianer festgesetzt, bei hundertstückweiser
Ablieferung von Köpfen Getöteter begnügte man sich schließlich
auch mit dem "Skalp". Im Jahre 1689 erhielt ein Kolonist 8 Pfund für
den Skalp eines indianischen Kriegers, ein Gesetz vom 7.März 1707
legte sogar einen Preis von 100 Pfund pro Skalp fest. Alles zur höheren
Ehre Gottes.
Bis zum Jahre 1849 war das Kriegsministerium in Washington die eigentlich
zuständige behördliche Instanz für Indianerfragen. 1890
führte man einen Ausrottungskrieg gegen die Sioux, in dem es zu dem
mörderischen Gefecht von Wounded Knee in South Dakota kam. Zweihundert
fliehende Frauen, Kinder und Säuglinge wurden bei dieser Gelegenheit
von amerikanischen Soldaten brutal abgeschlachtet.
Auch in Indien, Ostasien und Afrika strebte man eine umfassende Zwangschristianisierung
an, die im britischen Kolonialismus von puritanischer Frömmigkeit
und im französischen Imperialismus vom Katholizismus getragen wurde.
Selbst Kirchenhistoriker müssen zugeben, daß man es "an Gewalt
und Bestechung der Häuptlinge nicht fehlen ließ, um Taufen herbeizuführen"
(Die Religion in Geschichte u. Gegenwart, S.1556, Tübingen 1927),
hier als Anmerkung zur Tätigkeit der "Ostindischen-Kompanie"-Handelsgesellschaft.
Louis Jacolliot weist in seinem Werk "Bibel in Indien" darauf hin, daß
jesuitische und franziskanische Missionare in Indien jedes Manuskript und
Sanskritwerk, das ihnen in die Hände fiel, sofort den Flammen übergaben.
Dabei fiel ihre Wahl insbesondere auf solche Werke, die berechtigten Anspruch
auf höchstes Altertum und unanfechtbare Echtheit erheben können.
Angeblich hätte auch jeder neue Missionar den Befehl von seinen Ordensoberen
erhalten, alle Schriften auf diese Weise so zu behandeln, die ihnen auch
nur in die Hände fallen würden (zit. b. N. Chidambaram Iyer,
Das große Buch der Nativitätslehre, übersetzt v. Wilhelm
Wulff, Hamburg 1925, S.6).
In der nie auch nur in Ansätzen gelungenen Missionierung Indiens ging
man ganz ähnlich vor, wie im alten Europa. Es wurden politische und
militärische Streitigkeiten ausgenutzt, die man geschickt zur Überredung
verwendete.
Die Portugiesen hatten bereits Anfang des 16. Jahrhunderts in Indien Fuß
gefaßt und auch prompt mit der Christianisierung begonnen, wobei
zunächst noch ein gewisses Nebeneinander zwischen einheimischen Religionen
wie dem Hinduismus und dem Christentum herrschte. Das Land war einfach
zu groß und unergründlich, um es in einem Atemzug zu "schlucken".
Also mußte man behutsam, Schritt um Schritt vorgehen.
Da gab es zum Beispiel den winzigen Volksstamm der Paraver, der an der
indischen Südküste lebte und nur rund 20 000 Menschen zählte.
Sie wurden von mohammedanischen Kriegern bedrängt und baten deshalb
die Portugiesen um militärische Hilfe. Sie wurde auch gewährt
- um den Preis des Übertritts zum Christentum. Es wurde eine Massentaufe
mit für die Eingeborenen unverständlichen lateinischen Formeln
durchgeführt, und die fremden Eroberer konnten das Volk der Paraver
als "christlich" verbuchen.
Dem Jesuiten Franz Xavier (1506-1552) war diese Art des Vorgehens natürlich
viel zu oberflächlich. Er "vertiefte" die Arbeit seiner Vorläufer,
indem er sich zunächst einmal an die paravischen Kinder heranmachte.
Diesen wurde in spielerischer Weise Katechismus und Ave Maria beigebracht,
wobei sich als erster Erfolg registrieren ließ, daß sie unter
seiner Anleitung die Statuen der Götter zerschlugen und zertraten.
Überall, wo der Missionar von neuen "Götzendienereien" hörte,
versammelte er die Kinder des Ortes um sich, um sie anschließend
aufzuhetzen. "Die Verunglimpfungen, die der Teufel von den Kindern erfährt,
sind größer als die Ehren, welche die erwachsenen Heiden ihm
erweisen". So Xavier in einem seiner "Erfolgsberichte".
Den Bewohnern der Insel Homoro erzählte er, die dort zahlreich vorhandenen
Vulkankrater seien die Schornsteine der Hölle und "weiter unten" würden
die Götzenanbeter bis in alle Ewigkeit gesotten.
In Candy auf Ceylon stiftetete Franz Xavier wiederum die Kinder dazu an,
buddhistische Reliquien zu verstecken und eine alte Kultstätte mit
der Fußspur Buddhas zu zerstören. Man sollte meinen, daß
vielleicht doch irgendwann Unmut über das dreiste Treiben des Jesuiten
entstehen würde. Doch die einheimischen Fürsten fühlten
sich viel zu sehr angewiesen auf die teilweise auch für örtliche
Aufstände angeforderte militärische Hilfe, die Portugal ihnen
angedeihen ließ.
Nach nur sechs Jahren hatte die Kirche Roms dank Xavier und seinen Jesuiten
mehr als zwanzig gut organisierte Stützpunkte in ganz Indien, von
denen aus er die Verdummung des Subkontinents zu organisieren gedachte.
Bald aber eröffnete sich ihm ein noch interessanteres Missionsfeld:
Er lernte einen Mann namens Anjiro kennen, der aus Japan kam und dort wegen
eines von ihm begangenen Mordes die Flucht ergreifen mußte. Reumütig
und zerknirscht sog er die christlichen Mären von Schuldvergebung
und Sündenerlaß in sich auf und wurde damit ein williges Objekt
jesuitischer Beichtpsychologie. Xavier erfuhr von ihm eine Menge über
die Mentalität der Japaner und erlernte von ihm auch die japanische
Sprache.
Kaum in Japan gelandet, erweckte Xavier sofort die Aufmerksamkeit eines
regionalen Fürsten, des Daimyo Schimatsu Takahisa. Dieser erblickte
in dem Jesuiten und seiner portugiesischen Gefolgschaft einen willkommenen
Lieferanten der damals in Japan noch unbekannten Gewehre. Und gegen diese
exzellente Gabe zwecks Befestigung seiner Herrschaft ließ er sich
ganz im Sinne des üblichen Kuhhandels auf die Übernahme der fremden
Religion ein. Seine Beamten und viele seiner Untertanen folgten ihm darin
nach.
Als
problematisch empfand es Xavier allerdings, daß die Japaner recht
skeptische Zuhörer waren, die zahlreiche, überaus kritische Fragen
stellten. So wollte es ihnen beispielsweise einfach nicht einleuchten,
daß es eine ewige Verdammnis gebe und warum Gott nach christlicher
Auffassung das Böse zulasse.
Als nun die versprochenen portugiesischen Handelsschiffe mit der erhandelten
"Ware" ausblieben, wurde der Daimyo mißtrauisch: Nachdem Xavier durch
gewandte Dialektik in endlosen Predigten und Diskussionen neue Anhänger
gewonnen hatte, wurde ihm bei Todesstrafe jede weitere Bekehrung
Einheimischer zum Christentum verboten.
Doch bemühte er sich auch andernorts, Anhänger für seine
Lehre zu finden, wobei er sich mit Hilfe portugiesischer Händler mit
einer ungeheuren Prachtentfaltung und gespieltem Luxus an die mächtigsten
Fürsten heranmachte. Bei diesen Gelegenheiten beschenkte er sie mit
Uhren, Augengläsern, Musikinstrumenten, also den damals neuesten und
gängigen Konsumobjekten der europäischen Zivilisation, was meist
Neugier und Erstaunen hervorrief. Dafür erhielt er dann die Möglichkeit,
Edelleuten und Hofbeamten das Christentum zu predigen. Dabei bediente er
sich mitunter einiger kleiner Tricks.
So hatte er auf Anraten seines Bekannten Anjiro seinen eigenen Gott mit
dem japanischen Begriff für Gott "Dainitschi" bezeichnet. Erst später
fiel ihm auf, daß sich für die Japaner dahinter eine völlig
andere Vorstellung verbarg, so daß er von nun ab nur noch von "Deus"
sprach und "Dainitschi" öffentlich als Ausgeburt Satans diffamierte.
Solcherlei Ausführungen führten zu spürbaren Rückzügen
der zunächst so freundlich Gesonnenen und trugen ihm erbitterte Gegnerschaft
ein.
Als Xavier spürte, daß er hier nicht weiterkam, wandte er seinen
Blick nach China. Ihm wurde klar, daß Japan in vielerlei Hinsicht
von den Chinesen abhängig war. So berichtete er in einem seiner Briefe
nach Portugal: "Wenn die Chinesen einmal das Christentum angenommen haben
werden, wird dies auch für die Zerstörung der japanischen Sekten
von großem Vorteil sein...China muß gewonnen werden wie einst
das römische Reich: Mit der Bekehrung des Königs wird auch das
Volk nachfolgen."
Es blieb bei den großen Plänen. Als ihn ein chinesischer Schmuggler
gegen die Bestechungssumme von zwanzig Zentnern Pfeffer heimlich nach Kanton
geschleust hatte, wartete Xavier dort vergeblich darauf, daß ihn
dieser wieder abholte, um ihn weiter ins Landesinnere zu leiten. Schließlich
wurde er krank, fiel in Delirien und wurde daraufhin vermutlich wahnsinnig.
Wie soll man sich sonst erklären, daß er in seinen letzten Tagen
plötzlich wahllos in verschiedenen Sprachen vor sich hin predigte,
bis er letztendlich, sprachlos geworden, verstarb ? Vermutlich konnte er
es nicht verwinden, daß ihm die Krönung seiner Missionarskarriere
verwehrt blieb. Ein Größenwahnsinniger, dem die listenreiche
und fanatische Propaganda für seinen Glauben zur unstillbaren Sucht
wurde.
Was Xavier anfangs bei seiner Indienmission völlig übersehen
hatte, war die herausragende Bedeutung der brahmanischen Priesterkaste
für die hinduistische Gesellschaft und Religion. Deshalb war
einem seiner Nachfolger, dem italienischen Jesuiten Robert de Nobili klar
geworden, daß hier der Schlüssel zur Bekehrung Indiens liegen
mochte.
Also hüllte er sich in brahmanische Gewänder und kreuzte eines
Tages in der südindischen Stadt Madure auf, um den dort lebenden Brahmanen
weiszumachen, er sei ein Brahmane aus dem fernen Rom und hätte das
Bedürfnis gehabt, seine Brüder im fernen Indien kennen zu lernen.
Da de Nobili sich in den heiligen Schriften der Brahmanen, den Veden, in
ihrer Sprache und auch Musik hervorragend auskannte und mit ihnen ausgiebig
und mit großer Sicherheit disputieren konnte, erwarb er bald das
größte Vertrauen. Er soll es soweit gebracht haben, daß
die Brahmanen ihn als ihresgleichen betrachteten.
Unmerklich aber beharrlich ließ er schließlich in seine gelehrten
Unterredungen Bemerkungen dergestalt einfließen, daß es doch
manche Übereinstimmungen zwischen den heiligen Schriften Indiens und
den christlichen Lehren gäbe. Doch gäbe es eben einige christliche
Ideen, die die Wahrheit noch weitaus klarer und überzeugender darstellten,
als die brahmanische Lehre. Und auf diese Art und Weise brachte er eine
ganze Reihe von führenden Brahmanen dazu, sich taufen zu lassen. Offensichtlich
ohne daß sie merkten, wie de Nobili sie verkohlt hatte. Vielleicht
fehlte ihnen auch nur jede Vorstellung von derartiger Verstellungskunst
und Raffinement.
Eine andere Gruppe von Jesuiten wies er an, sich als Yogis zurechtzumachen,
um in diesem Aufzug auch die niederen Kasten bis hin zu den Parias missionieren
zu können. So hatten es schließlich sieben als Yogis und zwei
als Brahmanen kostümierte Jesuiten erreicht, in jenem Landstrich über
vierzigtausend Menschen zu "bekehren".
Als sich in Japan die politischen Verhältnisse zugunsten einer stärkeren
Zentralmacht zu wandeln begannen, witterten die Jesuiten auch hier Morgenluft.
Der Daimyo Oda Nobunaga hatte seine Macht so stabilisiert, daß er
die verfallene Stadt Miako zu einer prunkvollen Residenz machen konnte.
Bei seinen Machtkämpfen hatte er sich die Feindschaft verschiedener
buddhistischer Würdenträger zugezogen. Das bot den Jesuiten natürlich
einen exzellenten Anknüpfungspunkt für ihre schäbigen Intrigen.
Besagter Daimyo muß von den jesuitischen Bemühungen derartig
fanatisiert gewesen sein, daß er umfangreiche Konzessionen für
neue Kirchen und Missionshäuser mit dem Niederbrennen buddhistischer
Klöster verband. Dieser christliche "Kultivierungsprozeß" wurde
noch dadurch ergänzt, daß er persönlich seine eigenen Götterbilder
zertrat und buddhistische Priester einkerkern ließ.
Als dieser Herrscher schließlich durch einen anderen abgelöst
wurde, wendete sich das Blatt drastisch: Einige spanische Händler
hatten ausgeplaudert, daß die Entsendung von Priestern der erste
Schritt für die Unterwerfung eines Landes unter die spanische Krone
sei. Dieses Bekenntnis wirkte auf den Daimyo Toyotomi Hideyoshi so schockierend,
daß er die Ausrottung des Christentums beschloß. Sein Nachfolger
erließ noch strengere Maßnahmen gegen die nunmehr als gefährlich
empfundene Religion, ließ die katholischen Kirchen verbrennen und
sogar einige Jesuiten kreuzigen. Damit war Japan um das Jahr 1600 für
die christliche Mission erledigt.
Mit der alten Masche, dem kostümierten Etikettenschwindel, eröffnete
der Jesuit Matteo Ricci eine neue Missionsoffensive in China. Verkleidet
als ein vornehmer Mandarin namens Li gaukelte er den Chinesen vor, ein
Gelehrter der Naturwissenschaften zu sein, was die diesbezüglich sehr
interessierten Chinesen sofort anzog. Seinen missionarischen Stützpunkt
in Kanton stattete Ricci im Stil eines naturwissenschaftlichen Kabinetts
aus. Die zahlreich bei ihm verkehrenden chinesischen Gelehrten wurden mit
den Erkenntnissen der europäischen Mathematik, Geographie und Astronomie
konfrontiert. Nur hin und wieder einmal, so ganz beiläufig, ließ
Ricci eine Bemerkung über die "europäische Religion" fallen,
ließ irgendwo in seinem Kabinett ein Muttergottesbildchen herumliegen,
was die Neugier der chinesischen Gäste anregte und beflügelte.
Und so gelang es ihm in zäher Kleinarbeit, einige wenige Chinesen
zum Christentum zu bringen - in erster Linie angeregt durch scheinbare
Übereinstimmungen und Parallelen zwischen alten chinesischen Weisheitslehren
und christlichen Dogmen.
Natürlich war es klar, daß ein dauerhafter Missionserfolg nur
eintreten könnte, wenn man den Herrscher des Reiches der Mitte bekehren
würde.
Ricci ging auch dieses Problem mit einer unfaßbar dünkenden
Dreistigkeit an: Er ließ dem Kaiser von China eine kunstvolle
Uhr zukommen, deren Funktionsweise von einer umfassenden technischen Beratung
abhängig war: Auf diese Weise verschaffte er sich Zutritt zum kaiserlichen
Palast. Und bald war der Sohn des Himmels so erbaut von Riccis naturwissenschaftlichen
Plaudereien, daß dieser sich regelrecht unentbehrlich machen konnte.
Mit europäischen Kinkerlitzchen aus der Welt der Technik folgten dann
Reliquienschreine und Heiligenbilder - und so funktionierte auch hier,
im Zentrum der Macht, der jesuitische Bekehrungsrummel.
Kleinlaut geäußerte Kritik hoher Würdenträger an der
enormen Machtstellung der neuen fremden Priester wurde mit Hinweis auf
die Unfehlbarkeit kaiserlicher Erkenntnis im Keim erstickt. So wurden die
Jesuiten mit einer Kalenderreform beauftragt, lehrten das Gießen
von Kanonenkugeln zur Abwehr tatarischer Invasionen und bauten ganz nebenbei
hunderte von Kirchen.
Der nächste Kaiser Kang-hi, der die Mandschu-Dynastie begründete,
brachte den Patres ein ähnlich großes Vertrauen entgegen. Wieder
erwiesen sie sich als unentbehrlich, indem sie diplomatische Verhandlungen
mit dem Zarenhof für den Kaiser führten und ihn mit Heilmitteln
aller Art versorgten. In der kaiserlichen Familie gab es Taufen am laufenden
Bande und zuguterletzt wurde dem wegen einer Lungenentzündung sterbenden
Kaiser noch ein Glas des besten Meßweins als "Blut Christi" eingeflößt.
Die nächsten beiden Mandschu-Kaiser waren der christlichen Botschaft
weitaus weniger aufgeschlossen. Im Gegenteil ! Nun wurden wieder die Kirchen
niedergerissen und über dreihunderttausend chinesische Christen zur
Abschwörung gezwungen. Den einheimischen Zeremonienmeistern war aufgefallen,
daß die christliche Lebensweise ihre eigenen Gesetze hatte und meist
mit einem totalen Bindungsverlust an die alten Bräuche einherging.
Doch gelang es den tückischen Brüdern der Societas Jesu erneut,
sich in die Gunst der Herrschenden einzuschmeicheln. Einmal waren sie als
diplomatische Unterhändler mit Rußland tatsächlich vollkommen
unabkömmlich. Und schließlich hatten sie entdeckt, daß
der augenblickliche Kaiser Kien-long einen besonderen Spleen hatte: Er
liebte über alles Dekorationsmalerei, Gartenbau und Kunsthandwerk.
Und so schulten sich die Jesuiten intensiv zu Landschaftsgärtnern,
Malern und Kupferstechern um, damit sie die luxusorientierten Bedürfnisse
des Kaisers unverzüglich befriedigen konnten. Auf diese Weise gewannen
sie auch wieder Zutritt zum Palast, konnten dann auch schon hin und wieder
einmal ein Bittgestell zugunsten verfolgter Christen loswerden, wenn ihnen
ein Porträt oder Historiengemälde gut gelungen war.
Mit welchem Raffinement die Jesuiten bei ihrer Christianisierungsarbeit
vorgingen, zeigt allein die Tatsache, daß sie ihren Konvertiten sowohl
die Kreuzigung Christi verheimlichten, als auch den chinesischen Ahnenkult
weiterhin bei Neubekehrten zuließen. Der Kreuzigungstod eines Gottes
wäre nach chinesischer Auffassung etwas Schändliches gewesen
und konnte deshalb unter keinen Umständen Anknüpfungspunkt für
eine Bekehrung sein. Und der Ahnenkult schließlich war so verwurzelt
im chinesischen Volk, daß ein Kampf dagegen gleichbedeutend mit Identitätszerstörung
gewesen wäre.
Als diese Art taktischer Maskierung der fernöstlichen Mission in Europa
bekannt wurde, gingen ultradogmatische Kräfte, wie die Dominikaner,
auf die Barrikaden. Man glaubte allen Ernstes, daß es auch in China
möglich sein würde, das Christentum wie bei den europäischen
Stämmen zur Macht zu bringen. Als schließlich ein päpstlicher
Legat an den Hof des Kaisers Kang-hi kam, um dort ein Verbot des Ahnenkultes
zu erwirken, erhielt er logischerweise eine ärgerliche Abfuhr.
Das 19. Jahrhundert, das den Europäern durch die unbegrenzte Technisierung
und Industrialisierung den umfassendsten Seelenmord bescherte, riß
gleichzeitig auch alle anderen Kontinente in einen gigantischen Vernichtungsstrudel.
In der Tat: Wenn es so etwas wie Karma wirklich gibt, müßten
wir uns vor seinen Folgen für unser Tun noch wesentlich mehr fürchten,
als vor einem Weltuntergang. Dieses Jahrhundert, das als Zeitalter des
Imperialismus in die Annalen der Geschichte einging, wurde noch in den
Zwanziger Jahren als "Jahrhundert der Weltmission" gefeiert (Rel. i. Gesch.
u. Gegenw.,S.1557,Tbg.1927). Der selbe Autor ist aber ehrlich genug, um
schließlich zuzugeben: "Leider hat man auch im 19.Jhdt. noch hier
und da staatliche Gewalt in Anspruch genommen, um das Werk der Christianisierung
zu stützen und zu fördern."
Dieser Versuch ist im Großen und Ganzen mißlungen, dennoch
hat sich an der Haltung der Kirche nicht das Geringste geändert.
Und der Drang nach weltweiter Verbreitung der Technik und der europäischen
Vorstellung von Wirtschaft und Gesellschaft hat mächtige Impulse aus
der Überzeugung erhalten, die wahre Religion zu besitzen, was die
Vernichtung der stammesbezogenen Autonomie noch beschleunigte.
Zur Zeit ist unter anderem das Papsttum die geistige und gesellschaftliche
Weltmacht, die eine vernünftige Lösung der Probleme in Afrika,
Asien und Lateinamerika ständig unterminiert, indem beispielsweise
die Empfängnisverhütung zur natürlichen Familienplanung
verhindert wird.
Während der Katholizismus dergestalt die Menschen an der Wahrnehmung
von Naturgesetzen hindert, tut es der protestantische Fundamentalismus
der im IWF und der Weltbank vertretenen Funktionäre auf seine Weise:
In biblisch- protestantischer Zwanghaftigkeit zwingt man die außereuropäischen
Länder dazu, ihren eigenen Bedürfnissen westliche Wirtschaftsstrukturen
überzustülpen. Der Ausgangspunkt dieser ganzen Denkweise ist
das Nützlichkeitsstreben und die geforderte Selbstdisziplinierung
im Rahmen des protestantischen Arbeitsethos.
Eine Bewältigung der hier nur grob skizzierten Probleme ist nicht
in Sicht - vielmehr scheint es, als wenn nur eine apokalyptische Katastrophe
den Ausblick auf eine neue Welt eröffnen würde. Ist das Christentum
damit Verursacher einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung ?
Es
ist sicher wesentlich, darauf hinzuweisen, daß die Zwangschristianisierung
nicht nur ein Problem der Konfrontation eines fremden exotischen Klerus
mit einem heimat- und stammeskulturgebundenen Volk gewesen ist.
Bei
all dem dürfen wir nicht vergessen, welche radikalen Fehlentwicklungen
z.B. die germanischen Stämme in ihrer gesellschaftlichen Entwicklung
seit Beginn der "Völkerwanderung" durchgemacht hatten.
Schließlich
war es ursprünglich so gewesen, daß über alle wichtigen
politischen Entscheidungen, das heißt in Bezug auf alle Dinge, die
die Gemeinschaft betrafen, gemeinsam in der Thing-Versammlung beraten wurde.
Es
wurden Mehrheitsentscheidungen getroffen und es gab zuvor über das
Für und Wider einer Entscheidung freie Aussprachen zur Klärung
der Lösungsmöglichkeiten. Sicher war dieses Verfahren für
eine friedlich lebende, seßhafte Bauernbevölkerung ohne Nöte
praktizierbar.
Schwieriger
wurde es in Zeiten, in denen einzelne Stammesangehörige wegen Überbevölkerung
und dementsprechender Verknappung der Nahrungsgrundlage das Land verlassen
mußten. Ebenso schwierig war eine zeitaufwendige Diskussion über
anstehendes Probleme auch in Zeiten äußerer Bedrohung, in denen
man zur Waffe greifen mußte.
Die
Lösung war einfach: Wenn schnelle Entscheidungen vonnöten waren,
wurde die Entscheidungsbefugnis einem Einzelnen oder einer kleinen Gruppe
von Männern oder Frauen übertragen. So lange die Bedrohung oder
eine Situation militärischen Drucks anhielt, lag bei Ihnen die Befehlsgewalt,
damit eine unverminderte Reaktionsbereitschaft bestand. Zu diesem Zwecke
wurden sie von der Thing-Versammlung gewählt. So entstand für
die Zeit der Züge nach Süden die Einrichtung des Herzogtums.
Aber
es gab auch andere, kultische Aufgaben, die man Königen wahlweise
übertrug, da sie in dieser Eigenschaft eine wichtige symbolische Bedeutung
besaßen. So gab es in Skandinavien ein Königtum, das eine mystisch-
symbolische Beziehung zum Land, d.h. zur Erde und ihrer Fruchtbarkeit besaß.
Stellte sich eine schlechte Ernte ein, so war erkennbar, daß der
König bei seiner Aufgabe versagt hatte und mußte der Erde zum
Opfer gebracht werden. Frazer stellt in seinem "Goldenen Zweig" eine ganze
Reihe von Beispielen eines solchen spirituellen Königtums vor. Auch
hier ist die Wahl des Herrschers nur eine zeitlich befristete, in diesem
Fall sogar gebunden an den Rhythmus des Jahres.
In
dem Augenblick, wo eine belastende Situation von der Ausnahme zur Regel
wurde, konnte das urdemokratische Prinzip der Stämme schnell aufgeweicht
werden. Und so war es denn auch: Die Züge der "Überflüssigen"
nach Südeuropa begegneten dem Widerstand der südeuropäischen
Völker. Der Raum um das Mittelmeer war dicht besiedelt und die ausgewanderten
Stammesteile wurden in nicht vorhersehbare jahrhundertelange Fehden verstrickt.
Was
dabei auf der Strecke blieb: Die selbstbestimmte, individuell erfahrbare
Gesprächsgemeinschaft der Thing- Versammlung. Was sich immer mehr
verfestigte und schließlich zu einer stabilen Einrichtung wurde:
Ein befehlsgewohntes Königtum, das nicht mehr nur Entscheidungen zum
Überleben des Stammes traf, sondern sich zunehmend hofieren und von
Ehrfurcht begeifern ließ. Schließlich wurde das anfänglich
nur wahlweise übertragene Amt festgehalten und wie ein Hof oder eine
gute Waffe an die Erben der Sippe weitergegeben. Die dynastische
Monarchie war geboren und entwickelte sich, erst recht nach dem Verrat
der Stammesreligion an die orientalischen Kleriker zu einer selbstverständlichen
Einrichtung. Und genau das ist sie tausend Jahre lang geblieben, wobei
die Forderung zu einer wirklich demokratischen, d.h. von Volksentscheid
und Volksherrschaft bestimmten Ordnung auf die Dauer nicht zu unterdrücken
war. Nur daß man in den "demokratischen" Staaten des neuzeitlichen
Europa und Amerika bemüht ist, den Volkswillen so lange durch repräsentative
Elemente zu filtern, bis von ihm eigentlich kaum noch etwas übrig
geblieben ist. Es handelt sich gewissermaßen um eine "Homöopathie"
des Demokratischen, was nur einen hoffnungslosen Mangel an Vertrauen seitens
der Herrschenden in die betroffenen Völker offenbart.
Noch
ein anderer Grund war bestimmend für die Verfestigung des mittelalterlichen
Großkönigtums: Da, wo anfangs die Stammesverbände landschaftsgebunden,
d.h. gebunden an bestimmte begrenzte Regionen waren, strebten die Könige
nun nach einer Zusammenfassung dieser kleinen Regionen nach größeren
räumlichen Einheiten. Die Gier nach Wachstum um jeden Preis erweist
sich somit als "Kinderkrankheit" des sogenannten Abendlandes, die im Imperialismus
des 19. Jahrhunderts wie auch im Wirtschaftswachstum unseres Jahrhunderts
unglückselige Neuauflagen erlebte.
Es
liegt auf der Hand, daß wirkliche Volksherrschaft im Sinne einer
Thing-Demokratie nur dort möglich ist, wo die Zahl an Menschen begrenzt
und vor allem überschaubar bleibt. Eine Abstimmung mit einigen hundert
Männern und Frauen per Handaufheben durchzuführen, ist an sich
schon schwierig genug. Bei einigen tausend oder gar zehntausend Menschen
wird sie unmöglich.
An
diesem Zusammenhang können wir die innere Beziehung zwischen Demokratie
und Regionalismus erkennen.
Worin
bestand nun aber wirklich der Grund für die Errichtung von imperialen
Großräumen und deren ständig zunehmender Aufblähung
? Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß die Missionsbischöfe
und Päpste der katholischen Kirche das größte Interesse
daran haben mußten. Lag ihnen doch zutiefst der "Missionsbefehl"
ihres Religionsstifters am Herzen, der gesagt haben soll: "Gehet hin in
alle Welt und prediget das Evangelium aller Kreatur" (Markus 16, Vers 15).
Dieser Drang zur Mission war die geeignete Begründung für alle
Formen von Angliederung, Aneignung und Kolonisation angenzender nichtchristlicher
Kulturen. Mit dem "Geschenk" der christlichen Botschaft konnte man alle
Greueltaten, alle Ausbeutung, alle Erniedrigung der Heiden entschuldigen
- betraf doch dieses "Ungemach" nur die zeitlich-irdische Natur, während
die Alternative Erlösung-Verdammnis von grundsätzlicher spiritueller
Bedeutung war. Aus diesem Grunde beruhen alle Verbrechen der Franken, der
"Großen Kaiser", der Kreuzzügler in Osteuropa wie in Palästina
auf einer Interessenkoalition zwischen den Selbstzweck gewordenen Fürsten
und den christlichen Geistlichen. Und so wurde aus einem begrenzten mittel-westeuropäischen
Königreich der Franken das Deutsche Reich, das die stumpfsinnigen
Priesterfürsten des Mittelalters zum festen Fundament eines gesellschaftlichen
Versklavungssystems und zum Ausgangspunkt imperialistischer "Ausflüge"
in die Randgebiete des nördlichen und östlichen Mitteleuropa
machen konnten. Die deutschen Könige und Kaiser, aber auch polnische
und russische Monarchen hatten stets gute Argumente bei der Hand, um die
Vergrößerung ihrer Territorien zu betreiben: Sie taten damit
etwas für ihr eigenes Seelenheil und kamen dem "Missionsbefehl" nach.
Ganz "nebenbei" vergrößerten sie ihre politische Macht, ihre
Steuereinnahmen, die Zahl ihrer Untertanen, aber eben alles zur höheren
Ehre Gottes.
Die
Geistlichen hingegen, Fürst- und Missionsbischöfe konnten alle
Brutalitäten und Greuel ihrer Missionszüge damit entschuldigen,
daß dies eben eigentlich auf das Konto der Dynastien ginge. Häufig
taten sie, wie z.B. Otto v. Bamberg, so, als ob sie selbst in christlicher
Nächstenliebe die administrative und militärische Rücksichtslosigkeit
der Herrscher abschwächen würden. In Wirklichkeit rieben sie
sich angesichts brennender Heiligtümer und zerschlagener Götterbilder
hohnlächelnd die blutbefleckten Hände.
Eine
andere Frage ist die geschichtliche Reaktion der heidnischen Priester auf
den Christianisierungsterror.
Hier
gab es, entsprechend der sehr unterschiedlichen Organisationsformen der
verschiedenen heidnischen Traditionen auch sehr unterschiedliche Verhaltensweisen.
In der Welt des römischen Heidentums gab
es ein hoch spezialisiertes Priestertum mit besonderen Aufgaben,
wie
die Pontifices (Führendes Priesterkollegium), die Flamines (Opferpriester),
Augures und Haruspices (Orakelpriester) sowie z.B. die Fratres Arvales
(Kulttänzer erdhafter Fruchtbarkeit). Je mehr jedoch der römische
Staat zu einem straffen, imperialen Gebilde erstarrte, wurde auch das Priestertum
in die politischen Intrigen hineinverstrickt und war an die augenblickliche
politische Machtsituation gebunden. So war schließlich der Maßstab
seines Handelns am Ende die Staatsräson und nicht das religiöse
Erleben. Von einer derartigen Kaste, die zudem noch mit allerlei Vergünstigungen
materiell an ihre Ämter gebunden war, konnte man keinen ernsthaften
Widerstand gegen politische Entscheidungen der Herrschenden zugunsten der
neuen Religion erwarten. Ursprünglich hatte das römische Priestertum
wichtige rituelle Aufgaben für eine bäuerlich orientierte Gemeinschaft
übernommen. Je mehr sich jedoch die Herrschaftsverhältnisse brutalisierten
und sich einem sinnlosen Menschenkult zuwandten, desto stärker war
das staatlich gebundene Priesterwesen damit korrumpiert. Noch heute ist
in der Organisationsstruktur und einzelnen päpstlichen Amtsbezeichnungen
("Pontifex Maximus") erkennbar, daß das alte Priestertum in der Priesterkaste
des aufsteigenden Christentums aufgesogen wurde und in umgewandelter Weise
weiterlebte. Ein solch eigenartiger Kompromiß war bei den Kelten
oder Germanen nicht in der gleichen Weise denkbar.
Was
die "Ariosophen" an scheinbaren Belegen für ein solches Hinüberwachsen
der alten Priestertümer in das christliche Mittelalter hinein vorbringen,
ist einfach ungenügend. Sicher ist es auffällig, daß die
Bauhütten, die die romanischen und gotischen Dome hervorbrachten,
autonome Körperschaften ohne Bindung an Kaiser oder Papsttum waren.
Aber es ließ sich auch durch eine Fülle archaischer Symbolik
in den Kirchenbauten nicht verhindern, daß die Kirchen Brutstätten
geistig- seelischer Verneblung des Volkes wurden, in denen gehetzt und
gequält wurde. Was halfen da schon die wundervollsten Binderunen am
Kircheneingang, die Triskelen und kosmischen Mandalas in den Glasfenstern,
die geheimnisvollen Spiralen und Maßverhältnisse der Bodenornamente
? Was half die symbolische Beziehung des gotischen Hallenschiffes zum lichtdurchfluteten
heiligen Hain, wenn in eben den gleichen Kirchen die Flucht vor Trieben
und Instinkten gepredigt wurde ? So vergingen auch diese Bauhütten,
selbst wenn sie jemals eine besondere Aufgabe gehabt haben sollten, bis
sie kurz vor der Totalauflösung im 18. Jahrhundert von politischen
Ideologen und Finanzaristokraten übernommen wurden ("Freimaurerei").
Als
die germanischen Könige und Fürsten das Christentum übernahmen,
gab es für die alten Priester keinen Platz mehr. Da, wo es besonders
kriegerisch zuging, wie bei der Bekehrung der Sachsen, standen die Priester
zum Volk und gingen mit seiner Freiheit unter. Dabei kommt noch hinzu,
daß es ein festes priesterliches Amt bei den in Einzelhöfen
verstreut lebenden germanischen Stämmen nicht in dieser Form gab.
Hausväter und Mütter versahen die priesterlichen Aufgaben für
ihre Sippe. Die Menschen waren selbst vertraut mit den Gottheiten und ihrem
Kultus, obwohl es für besondere Fähigkeiten etwa magischer Art
besondere Menschen gab. Z. B. für das Schauen in die Zukunft die Wala,
für den Schutz eines Heiligtums den Harugari oder Parawari. Aber die
meisten Goden waren zugleich Bauern, Jäger, Krieger oder Handwerker
und mußten sich deshalb nicht aus Gründen finanzieller Abhängigkeit
zu einer Kaste von Schmarotzern entwickeln.
Nur
dort, wo sich während der Völkerwanderungszeit auch bereits starke
Dynastien herausgebildet hatten, entstanden daran angebunden Priesterämter,
die z.B. bestimmte Orakelmethoden zur Erkundung von Kriegserfolgen und
Stammesschicksalen anzuwenden hatten.
Natürlich
ist gerade die relativ lockere Organisation der priesterlichen Funktionen
bei den meisten autochthonen germanischen Stämmen ein wichtiger Grund
für mangelnden Widerstand gegenüber den Missionaren. Wenn ein
Mensch ausschließlich Priester oder Seher gewesen wäre, hätte
er mit der Einführung der neuen Religion seine gesamte Existenz verloren.
War er jedoch in der Hauptsache Bauer, so gab er zwar mit der "Bekehrung"
einen wesentlichen Teil seines bisherigen Lebens auf, war aber zumindest
nicht zum Hungertod verurteilt. Das Nichtvorhandensein einer Priesterschicht,
die sich ausgiebig mit Sinn und Zweck der eigenen Religion beschäftigen
konnte, brachte aber auch massive Nachteile in der geistigen Auseinandersetzung
mit der neuen Religion und in der Verteidigung des Eigenen. Dort, wo der
fremde Missionar ein dutzend Gründe aufführen konnte, die scheinbar
für das Christentum sprachen, fiel dem philosophisch ungeschulten,
lebensnahen Gemüt des germanischen Bauern nichts mehr ein. Es war
eben keine abstrakt argumentierendes, spekulatives "Weltbild", das er zu
vertreten hatte, sondern eine lebendige Anschauung und intensive Beobachtung
der Natur und ihrer Gesetze. Daraus nährte sich der Mythos und dadurch
entstanden in der Seele der Menschen plastisch eindringliche Bilder. Doch
gerade diese relative Naivität machte die Menschen hilflos gegenüber
dem ätzenden Intellektualismus der römischen Kuttenträger.
Etwas
anders war die Situation auf Island, wo sich bereits durch die Ausgangsposition
der Siedler, die ja aus Norwegen kamen, ein klares Bewußtsein des
Verfolgtseins und der Kluft zwischen Heidentum und Christentum entwickelt
hatte. Vielleicht war dies mit ein Hauptgrund für die Entwicklung
eines klar strukturierten, hierarchischen Systems des Godentums, das trotzdem
nicht demokratischer Elemente ermangelte und auch nicht dogmatisierend
auf die Religion einwirkte. Es ging dabei offensichtlich nur darum, ein
System der "Zuständigkeit" aufzubauen, in dem eben festgelegt war,
wer für welches Gebiet der Nordmeerinsel rituelle Funktionen wahrzunehmen
hatte. Und auch hier war das leitende Prinzip die Territorialbezogenheit,
denn meist war in einem Tal oder an einem Berge derjenige "zuständiger"
Gode, der sich dort zuerst angesiedelt hatte oder über den größten
Hof verfügte. Im Grunde ist es also doch eine ziemlich starke Verknüpfung
von Priesteramt und Volk, das wir hier vor uns haben und nicht eine klassenmäßige
Gegenüberstellung, wie sie nach der Missionierung erfolgte.
Trotzdem
war auch Island nicht vor dem Vorherrschaftsstreben der Christen zu bewahren:
Mit der "Judas-Methode" , der finanziellen Bestechung, klappte es auch
hier.
Eine
völlig andere Lage treffen wir bei östlichen Stämmen wie
den Wenden oder den Pruzzen an. Gerade die Pruzzen verfügten über
eine straff organisierte und zum teil sehr stark spezialisierte Priesterkaste,
mit einem Oberpriester und ungefähr zehn verschiedenen Klassen von
Unterpriestern.
Christliche
Chronisten berichten davon, daß die Pruzzen ihren Priestern umfangreiche
Abgaben zu leisten hatten und beispielsweise beim Ritual der Bockheiligung
auch vom Oberpriester wegen ihrer Sünden gezüchtigt, geschlagen
oder an den Haaren gezogen wurden. Ein derart autoritäres Priestertum
wird sich natürlich seiner Herrschaft wohl bewußt gewesen sein.
So werden wir sicher auch den Berichten vertrauen dürfen, die den
heidnischen Priestern eine intensive moralische Unterstützung des
um seine Freiheit gegen den deutschen Orden kämpfenden pruzzischen
Volkes zuschreibt.
In
jedem Fall war die zentralistisch organisierte Kirche mit ihren internationalen
Verbindungen und geradezu unermeßlichen Hilfsquellen den vorhandenen
heidnischen Priesterbünden bei weitem überlegen. Es war eben
der Kampf einer "multinationalen", vernichtungsgierigen Streitmacht gegen
kleine, stammesgebundene Gruppen weiser Männer, die ihrer Tätigkeit
mehr oder weniger gewohnheitsmäßig nachgingen, ohne hochgesteckte
Ziele wie etwa "Menschheitserlösung" oder Inszenierung von "Heilsgeschichte".
Es fehlte ihnen das Feuer des missionarischen Fanatismus, das die christlichen
Gegner beseelte. Die Einheitlichkeit und Geschlossenheit des römischen
Religionskonzerns trug dabei den Sieg davon.
Wir
können anhand der aufgeführten Beispiele erkennen, daß
es keine besondere Organisationsform gibt, die ein künftiges Heidentum
besser vor seinen Gegnern schützen könnte als eine andere. Haben
wir eine komplexe Hierarchie vor uns wie bei den Römern, den keltischen
Druiden oder den Pruzzen, so sind diese auch nicht gegen kulturelle Aufweichung,
militärische Überlegenheit oder politische Korruption geschützt.
Im Gegenteil. Besonders muß uns das römische Beispiel warnen,
da ja die Römer auch einmal eine heidnisch-naturreligiöse Kultur
besaßen. Und gerade hier treffen wir auf die schlimmsten Entartungszustände
im Verhältnis von Religion und Politik. Wenn wir wirklich die Lehren
aus der Geschichte ziehen wollen, ist es klar, für welche organisatorische
Form sich eine heidnische Bewegung der Gegenwart entscheiden sollte: Gründliche
Trennung von allen staatlichen Machtansprüchen aber auch Verzicht
auf hierarchische Über- und Unterordnung innerhalb des Heidentums
selbst. Denn nur ein heidnischer Mensch, der sich aller wichtigen priesterlichen
Aufgaben selbst voll bewußt ist, könnte seine Religion auch
durch neue Verfolgungszeiten hindurch retten. Ein neuer Prozeß
der Hierarchisierung, wie er derzeit von einigen orthodox- germanischen
Gruppen lanciert wird, fördert Größenwahn bei den nun "Führenden"
und verantwortungslose Dumpfheit bei den "Geführten", die dabei am
Ende nur die Angeführten sein können. Die gleiche Konsequenz
ergibt sich auch für den politischen Bereich selbst. Wir haben den
Verlust der alten Religion nicht zuletzt den egozentrischen, kurzsichtigen
"Aristokraten" zu verdanken. Deshalb sollte sich jeder Anhänger eines
neuzeitlichen "Führerkultes" oder gar spiritueller Gottkönige
sorgfältig überlegen, für was er sich da eigentlich einsetzt:
Etwa gar für einen dekadenten Personenkult, dessen Herkunft aus der
Verfallszeit mediterraner und orientalischer Stadtkultur ein ungutes Licht
auf die gesichtslosen Massen der gehorsam Angeführten werfen ? Ein
Hirt und eine Herde ! Das ist nach wie vor die Zauberformel vatikanischer
Stabilität.
Ihren
Einfluß auf die Herrscherfamilien nutzten die römischen Kleriker
massiv zu intensiver geistig-seelischer Umerziehung aus. So berichtet Gregor
v. Tours von einer Vision des Merowingers Guntram von Burgund, dieser habe
darin einen Blick in die Hölle getan. Er habe in dieser Vision gesehen,
wie sein eigener Bruder von drei Bischöfen mit Ketten gefesselt zu
ihm gebracht, anschließend zerstückelt und in einen Kessel mit
siedendem Wasser geworfen wurde (zit. i. HdA, Bd.4, S.239). Es ist doch
offensichtlich , wie hier wohl durch Predigten und Beichtgespräche
Menschen künstlich geistesgestört gemacht wurden, bis diese am
Ende bereit sein würden, alle Wünsche der Kleriker zu erfüllen.
Sicher
wäre es demnach ungerecht, wenn die Kirche sich von dem Vorwurf der
Brutalität ihrer Christianisierungspraktiken reinzuwaschen versuchte,
indem sie diese nur auf die Machtgier zeitgenössischer Fürsten
zurückführte. Es ist vielmehr offensichtlich, daß diese
in dem Augenblick, als sie ständig von "geistlichen Beratern" umgeben
waren, nicht mehr wirklich sie selbst bleiben konnten. So war die exklusive
Gehirnwäsche der fürstlichen Familie die Vorraussetzung bzw.
der erste Schritt für die Bezwingung eines ganzen Volkes oder Stammes.
Dazu
kommt die bevorzugte Stellung der klerikalen Berater nicht nur allein als
Geistliche sondern auch als Botschafter einer fremden, hochdifferenzierten
Kultur, die von den Fürsten als überlegen betrachtet wurde.
Überlegen
in ihrer Fähigkeit, auch in größeren staatlichen Gebilden
die Kontrolle über Menschen durch eine ausgefeilte Pädagogik
und Bürokratie zu gewährleisten, und z.B. auch in der Überladenheit
und vielfältigen Undurchsichtigkeit des Künstlerischen in Schauspiel
und Literatur. Alles Erzeugnisse einer Kultur, die nicht mehr schlichte,
nüchterne Zweckgebundenheit als Grundlage ihres Wirkens betrachtete,
sondern diesen Dingen einen Selbstzweck zubilligte. Diese fremde Welt faszinierte
die germanischen und übrigen europäischen Monarchen und veranlaßte
sie zu neugierigem und aufmerksamem Lauschen auf die Einflüsterungen
der Beichtväter.
Es
bleibt also schließlich dabei, daß die Undurchsichtigkeit höfischen
Treibens unseren Blick für die Notwendigkeit radikaldemokratischer
Formen auch in der heutigen Politik geschärft haben sollte.
Zumindest
eine Forderung aber wäre unsere geringste Erwartung gegenüber
einem zeitgenössischen Staat: Radikale Trennung von Kirche und Staat.
Das bedeutet, keine Zulassung kirchlicher Repräsentanten als politische
Lobbyisten, keine bevorzugten Gelder des Staates für bestimmte Großkirchen
oder Eintreibung des Zehnten für diese (Kirchensteuer), keine
staatliche Unterstützung kirchlicher Bildungsarbeit und Privatschulen,
da diese ja der theologischen Verblödung Heranwachsender dienen, keine
diplomatische Anerkennung einer spätfeudalen, absolutistischen Monarchie
(Der Vatikan ist der letzte politische Überrest des Mittelalters in
Europa !), keine finanzielle Förderung kirchlicher Wohlfahrtsarbeit
durch den Staat, da dieser selbst die Pflicht zur Erbringung solcher Arbeit
hätte und die Hilfsbedürftigen einer indirekten, erzwungenen
Dankbarkeit gegenüber kirchlichem Glaubensgeschwätz aussetzt.
Die
Tatsache, daß selbst diese bescheidenen Forderungen im Deutschland
der Gegenwart noch geradezu exotisch anmuten, beweist auf das Schlagendste
die Dauerhaftigkeit klerikaler Gehirnwäsche. Ist das Mittelalter wirklich
bereits überwunden ?
(Der
nachfolgende Text ist eine Ergänzung vm 20.09.02)
X1.
Nachspiel zu Beginn des 3. Jahrtausends: Der Vatikan entschuldigt sich
Wer
geglaubt hatte, daß die katholische Krche völlig unempfindlich
gegen Kritik von außen ist, durfte am 12.03. im Jahr des Jubels
2000 Zeichen und Wunder erleben. Das erste Mal in ihrer Geschichte gab
der "Heilige Vater" öffentlich zu, daß die Kirche in ihrer 2000tausendjährigen
Geschichte Verfehlungen und Schuld auf sich geladen hat.
In
einer heiligen Messe legte der greise Karol Woytila ein Schuldbekenntnis
ab und sprach eine Vergebungsbitte aus, nachdem eine "Internationale Theologische
Kommission" ein entsprechendes Papier unter der Überschrift "Erinnern
und Versöhnen" erarbeitet hatte. Dieses Papier, von dem es am 09.07.2002
noch eine deutschsprachige Version auf der Homepage des Vatikan gab, war
am 18.07.2002 bereits "verschwunden", das entsprechende Link
führt nunmehr ins Nichts. Die englischeVersion
konnte von einem befreundeten Heiden gesichert werden.
Die
Auswertung des Textes der heiligen Messe und eines Drucks jener deutschsprachigen
Arbeit ergab nicht gerade ein besonders großes Maß an innerer
Bereitschaft, die in diesem Buch dargestellten Verbrechen einzugestehen.
Zunächst einmal beinhaltete das Schuldbekenntnis drei Teile: Es geht
um die Methoden beim "notwendigen Einsatz zum Schutz der Wahrheit", Vergehen
gegen die Einheit der Kirche und um Verbrechen gegen das Judentum.
Abgesehen
davon, daß nicht an einem einzigen Punkt konkret gesagt wird, welche
Art und Praxis von Vergehen gemeint sind, betreffen eigentlich die letzten
beiden Punkte interne Auseinandersetzunmgen innerhalb des monotheistischen
Paradigmas.
Und
selbst beim ersten Punkt, unter dem man bei äußerst gespreizter
Interpretation davon ausgehen kann, daß die Missionierung gemeint
ist, tut der Vatikan so, als wenn die Kirche hier in der Defensive handelte:
"Schutz der Wahrheit" impliziert, daß man selbst der Angegriffene
war, "notwendiger Einsatz" suggeriert, daß die agressive Grundtendenz
des Christentums gegen andere Religionen im Kern unausweichlich ist.
In
Bezug auf die Verbrechen gegen das Judentum vollzieht sich die ganze Diskussion
vor dem Hintergrund der Aussage, daß der jüdische Auswerwähltheitsglaube
zutrifft: Eine "geistliche" Frechheit gegenüber den zahllosen säkularistischen
Juden, die noch heute von der christlichen Mission wie auch von den Fanatikern
innerhalb ihrer eigenen Religion belästigt werden.
Immerhin
wird im Teil V. die "Feindschaft gegenüber den Anhängern anderer
Religionen" kritisiert, und beklagt: "Die Rechte von Stämmen und Völkern
haben sie verletzt, deren Kulturen und religiöse Traditionen verachtet".
Ich
frage mich, ob das nicht eine etwas vornehme Ausdrucksweise für die
Massenvernichtung von Menschen und die Vernichtung von Kultstätten,
Kultgegenständen und literarischen Gütern darstellt ?
An
jedem Punkt dieses Schuldbekenntnisses wird die Berührungsangst der
Kirche mit der Konkretheit der Geschichte deutlich.
Die
Lektüre der entsprechenden "theologischren Facharbeit" (s. oben) zeigt
das noch deutlicher: In diesem über 50 DINA4 Seiten starken Text benötigt
man 40 Seiten, um bezüglich der erwähnten drei Vergehenskomplexe
überhaupt zur Sache zu kommen. Da geht es zunächst darum, auf
umständliche Weise zu begründen, ob schuldig werden aus biblischer
und christlicher Sicht überhaupt denkbar und theologisch begründbar
ist. Dann geht es um die Frage, wie eine Kirche, die von Gott inspiriert
und geschaffen überhaupt schuldig werden konnte, was schließlich
ihren unvollkommenen allzumenschlichen Gliedern angelastet wird. Und dann
wird zuguterletzt in historischer Hyperkritik sogar noch die Frage nach
der historischen Wahrheit berichteter Verbrechen gestellt. Diese ganze
theologische Spitzfindigkeit offenbart eigentlich nur zweierlei:
Einmal
die völlige Losgelöstheit der Autoren gegenüber jeder echten
Emotionalität von Reue und zum andern die schwierige Position einer
wahrscheinlich liberalen Minderheit, die sich gegen überzeugte
Konservative in den eigenen Reihen durchzusetzen gezwungen fühlt.
Um
die ganze Gequirtltheit und Gespreiztheit theologischer Strategen einmal
zu verdeutlichen, hier der Textauzug, der sich mit unserem Thema befasst:
Zu diesem Gegenzeugnis der Spaltungen unter den Christen sind verschiedene Vorkommnisse im vergangenen Jahrtausend hinzuzufügen, bei denen zweifelhafte Mittel angewandt worden sind, um gerechte Ziele zu erreichen. Mit diesen rechten Zielen sind gemeint die Verkündigung des Evangeliums und die Verteidigung der Einheit des Glaubens. In Tertio Millennio Adveniente umschreibt der Papst das Problem: Ein anderes schmerzliches Kapitel, auf das die Kinder der Kirche mit reuebereitem Herzen zurückkommen müssen, stellt die besonders in manchen Jahrhunderten an den Tag gelegte Nachgiebigkeit angesichts von Methoden der Intoleranz oder sogar der Gewalt im Dienst an der Wahrheit dar."(78)
Es geht also um Formen der Evangelisierung, die ungeeignet sind zur Verkündigung der geoffenbarten Wahrheit. Dazu sind auch Methoden zu rechnen, die das Evangelium ohne Gespür für die kulturellen Werte der Völker propagiert und dabei die innere Hinordnung dieser Werte auf das Evangelium übersehen haben. Zu bedauern ist auch mangelnder Respekt vor dem Gewissen der Personen, denen man den Glauben vorgelegt hat. Verwerflich war jede Form der Gewaltausübung im Kampf gegen Irrtümer.
Eine ebenso große Aufmerksamkeit erfordern die möglichen Unterlassungen der Anklage von Ungerechtigkeit und Gewalt, derer sich die Glieder der Kirche in verschiedenen historischen Situationen schuldig gemacht haben können. "Da ist der Mangel an Wahrnehmungsfähigkeit vieler Christen angesichts fundamentaler Verletzungen der Menschenrechte. Die Bitte um Vergebung gilt auch für das Schweigen aus Feigheit oder falscher Lagebeurteilung und für das, was unentschlossen und in wenig geeigneter Weise getan und gesagt wurde."(79)
Wie in allen Fällen geht es auch hier darum, die historische Wahrheit durch eine historisch-kritische Untersuchung herauszufinden.
Wenn
die Fakten gesichert sind, ist die geistliche und moralische Auswertung
möglich. Dann kann man ihre objektive Bedeutung erhellen. Nur mit
Hilfe historischer Forschung kann Mythenbildung verhindert werden. Nur
ein von historisch-kritischem Bewusstsein geprägtes geschichtliches
Gedächtnis ist fähig, im Lichte des Glaubens die Früchte
der Umkehr und der Erneuerung zu tragen: "Aus jenen schmerzlichen Zügen
der Vergangenheit ergibt sich eine Lektion für die Zukunft, die jeden
Christen veranlassen muss, sich ganz fest an das vom Konzil geltend gemachte
goldene Prinzip zu halten: <Die Wahrheit erhebt nicht anders Anspruch
als kraft der Wahrheit selbst, die sanft und zugleich stark den Geist durchdringt>."(80)
Quelle:
http://www.vatican.va/roman-Curia/congregations/cfaith/cti-documents/rc-con-cfaith-d(...
09.07.02
Ich
tendiere zu der Interpretation, daß die Kirche hier rein opportunistisch
handelt, um letztlich ihre Reputation in den teilweise sehr auf ihr kulturelles
Erbe bedachten Nationen Asiens und der südlichen Hemisphäre zu
verbessern. Und selbst das geschieht eigentlich eher halbherzig.
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